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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Autoren: Julie Powell
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genau, was man tut und warum. Kartoffeln sind Kartoffeln, schon seit ewigen Zeiten, und die Menschen haben sie immer auf diese Weise verarbeitet, wenn sie so eine Suppe machen wollten. Es liegt etwas Eindeutiges in der Tätigkeit des Kartoffelschälens, man beschränkt sich auf die einzig richtige, zuverlässige Vorgehensweise. Und selbst wenn man sie später durch eine bei Crate & Barrel gekaufte Küchenmaschine jagt, bleibt immer das Schälen am Anfang.
    Mein Leben zwischen zwanzig und dreißig hätte eigentlich folgendermaßen aussehen sollen: Entweder a) Ich plage mich neunzig Stunden pro Woche mit einem hochbezahlten, ethisch fragwürdigen Job ab, trinke unmäßig viel und habe aufregenden Sex mit einer stattlichen Anzahl von Männern zwischen zwanzig und dreißig. Oder b) Ich wache jeden Morgen gegen Mittag in meinem Loft in Williamsburg auf, arbeite dann als Malerin/Dichterin /Strickerin/Performancekünstlerin, wobei ich die Auswirkungen von Modedrogen, verhängnisvoll hippen Clubs und aufregendem Sex mit einer stattlichen Anzahl von Männern zwischen zwanzig und dreißig (sowie Frauen, wenn ich ihrer habhaft werde) leicht abschüttle. Oder c) Ich studiere, schwitze Blut und Wasser über einer obskuren Doktorarbeit und unterbreche meine intellektuelle Plackerei nur für etwas Pot und aufregenden Sex mit einer stattlichen Anzahl von Professoren und Studenten. Das waren die Lebensentwürfe für Leute wie mich.
    Aber ich tat nichts dergleichen. Stattdessen heiratete ich. Das war eigentlich nicht geplant. Es passierte einfach.
    Eric und ich hatten uns schon in der Schule ineinander verliebt. Warten Sie, es kommt noch schlimmer. Wir spielten in der Schule zusammen Theater. Unsere Liebesgeschichte stammte geradewegs aus einem der schrecklichen Filme von John Hughes, vielleicht Some Kind of Wonderful - jede Menge Missverständnisse, eifersüchtige Freunde und angsterfüllte Bühnenküsse. Mit anderen Worten, jene ach so typische Gymnasialromanze, die unsere Generation gefälligst hinter sich lassen und später verheimlichen soll. Aber bei uns war das nicht so. Irgendwie kamen wir nie in die Trennungsphase. Als wir mit vierundzwanzig immer noch miteinander schliefen und die Klodeckel- und Zahnpastafrage zufriedenstellend geklärt hatten, heirateten wir.
    Bitte verstehen Sie mich recht, ich liebe meinen Mann wie ein Schwein den Schlamm. Vielleicht sogar noch mehr. Aber in den Kreisen, in denen ich verkehre, rangiert eine fünfjährige Ehe, wenn man noch nicht einmal dreißig ist, ziemlich hoch auf der Liste der sozial schädigenden Merkmale, gleich nach NASCAR-Rennen-Anschauen und Shania-Twain-CDs-Anhören. Ich bin gewöhnt an Fragen wie: »Hast du noch nie mit einem anderen Mann geschlafen?« Oder, noch kränkender: »Bist du die einzige Frau, mit der er jemals Sex gehabt hat?«
    Ich will nur sagen, dass ich mich manchmal ein bisschen abwehrend verhalte. Selbst bei Isabel, die ich seit dem Kindergarten kenne, bei Sally, meiner Zimmergefährtin aus dem ersten Collegejahr, und bei Gwen, die jedes Wochenende zu uns zum Essen kommt und Eric anbetet . Keiner von den dreien würde ich beichten, was ich manchmal denke: »Eric kann ein bisschen penetrant sein.« Ich könnte das eilends unterdrückte Entsetzen und die selbstgefälligen »Hab-ich’s-dir-nicht-gesagt«-Gesichter nicht verknusen, ich weiß, meine Freundinnen dächten dann an etwas zwischen »The Stepford Wives« und einem Werbespot gegen Gewalt in der Familie, gespielt von Jennifer Lopez. Aber ich meine damit nicht irgendwelche Nahkämpfe oder dass er sich auf Dinnerpartys aufspielt. Ich meine nur, dass er drängelt . Er belässt es nicht dabei, mir zu sagen, ich sei die prächtigste und begabteste Frau auf Erden und er würde ohne mich sterben, während er mir einen trockenen Wodka-Gimlet mixt. Nein, er muss mich auch noch dauernd aufbauen. Er muss Vorschläge machen. Das kann nervtötend sein.
     
    Ich kochte also diese Suppe, diese Potage Parmentier , nach einem Rezept in einem vierzig Jahre alten Kochbuch, das ich im letzten Frühjahr meiner Mutter stibitzt hatte. Und sie war gut, unfassbar gut. Wir saßen beim Essen auf der Couch, die Suppenschalen auf dem Knie, und unterbrachen unser Schweigen nur ab und zu durch prustendes Gelächter, denn wir schauten uns im Fernsehen an, wie eine freche blonde Studentin Vampire lahm legte. Im Handumdrehen hatten wir unsere dritte Portion verdrückt. (Wie sich herausstellt, passen wir unter anderem deshalb so gut
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