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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Autoren: Julie Powell
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Gebete sein - so kindlich schlicht, kühn kompliziert, zaubrisch und trostreich. Lebensnotwendiges verbunden mit Erwartung und Bedürfnis. Das Lesen von Mastering the Art of French Cooking war wie das Lesen pornografischer Bibelverse.
    Und so lag es nahe, dass ich Moms Exemplar in meiner Tasche versteckt mitnahm, als ich im Mai nach New York zurückflog.
     
    Bei Potage Parmentier lernt man, dass »schlicht« nicht das Gleiche ist wie »einfach«. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass es da einen Unterschied gibt, bis zu dem Abend nach meinem Termin beim Gynäkologen, drei Monate, nachdem ich meiner Mutter ihr vierzig Jahre altes Kochbuch gemopst hatte, als Eric und ich auf dem Sofa saßen und die ersten Löffel von Julia Childs Kartoffelsuppe schlürften.
    Natürlich hatte ich schon einfachere Mahlzeiten zubereitet. Ein in Zellophan gehülltes großes Hüftsteak auswickeln und noch mal kurz unter den Grill werfen, fällt mir da sofort ein. Pizza bestellen und sich mit Wodka-Gimlets betrinken, während man auf die Pizza wartet, ist auch eine beliebte Variante. In Sachen Einfachheit kann Potage Parmentier solchen Mahlzeiten nicht das Wasser reichen.
    Erst schält man ein paar Kartoffeln und schneidet sie in Scheiben. Dann putzt und zerkleinert man den Lauch und wäscht ihn ein paar Mal unter fließendem Wasser, damit der Sand rausgeht - Lauchstangen sind ziemliche Dreckskerle. Diese beiden Zutaten schüttet man in einen Topf mit gesalzenem Wasser. Etwa 45 Minuten kochen lassen, dann »das Gemüse in der Suppe mit einer Gabel zerdrücken« oder durchpassieren. Ich habe kein Passiersieb, und ich hatte nicht vor, das Gemüse mit einer Gabel zu zerdrücken. Aber ich besaß eine Kartoffelpresse.
    Genau genommen war es Erics Kartoffelpresse. Vor unserer Hochzeit, Jahre bevor Atkins zuschlug, war Kartoffelbrei Erics Spezialität. Bevor wir in Brooklyn lernten, wie kostbar Stauraum ist, war es eine Zeit lang Brauch bei uns gewesen, dass ich ihm geheimnisvolle Küchengeräte schenkte. Kein besonders guter Witz angesichts der Tatsache, dass er, abgesehen von dem Kartoffelbrei, eigentlich gar nicht kochte. Die Kartoffelpresse ist das letzte Überbleibsel aus dieser Zeit. Er hatte sie zu Weihnachten bekommen, als wir in einem schlauchartigen Railroad-Apartment auf der Elften Straße zwischen Siebter und Achter Avenue wohnten, bevor uns die Mieten endgültig aus Park Slope vertrieben. Ich hatte für uns beide Filzsocken genäht - den seinen rot mit weißem Rand, den meinen weiß mit rotem Rand, nach einem Schnitt im Martha-Stewart-Living- Weihnachtsheft. Wir haben sie immer noch, obwohl ich nicht nähen kann und sie total krumm und schief sind, die Nähte verrutscht, die Zierstulpen krumpelig. Außerdem sind sie für Geschenke wie Kartoffelpressen viel zu klein. Irgendwie hatte ich die Presse damals trotzdem reingestopft. Als der Socken im Schlafzimmer am Kaminsims hing, sah es aus, als hätte der Weihnachtsmann Eric eine Luger gebracht. Ich war nie besonders gut im Sockenfüllen.
    Wenn der Lauch und die Kartoffeln etwa eine Stunde gekocht haben, zerdrückt man sie mit einer Gabel oder einer Kartoffelpresse oder treibt sie durch ein Passiersieb. Alle drei Methoden sind viel mühsamer als das Zerkleinern in der Cuisinart-Küchenmaschine - eines der Platz fressenden Ungetüme, die wir zur Hochzeit eingeheimst hatten -, aber Julia Child meint, in einem Mixer werde Suppe »unfranzösisch und langweilig«. Nun finde ich Ratschläge mit Begriffen wie »unfranzösisch« fragwürdig, aber wenn man Potage Parmentier kocht, versteht man, worauf es ihr ankommt. Wenn man die Kartoffelpresse benützt, bleiben kleine Stückchen in der Suppe, grüne, weiße und gelbe Stückchen, sie wird nicht ganz sämig. Anschließend rührt man einfach ein paar ordentliche Stücke Butter hinein - fertig. Julia Child rät, noch Petersilie darüber zu streuen, aber das ist nicht nötig. Die Suppe sieht auch so sehr schön aus und riecht herrlich - eigentlich komisch, wenn man bedenkt, dass nichts drin ist als Lauch, Kartoffeln, Butter, Wasser, Pfeffer und Salz.
    Während man diese Suppe zubereitet, lässt sich wunderbar über Kartoffeln nachdenken. Eine Kartoffel zu schälen, das ist etwas ganz Besonderes. Natürlich macht es nicht gerade Spaß. Aber es hat was. Die Schale abziehen, den Schmutz abwaschen, die Kartoffel in Würfel schneiden und diese Würfel dann in kaltes Wasser legen, denn an der Luft verfärben sie sich bräunlich - da weiß man
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