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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Autoren: Julie Powell
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nahm mir eines der Bücher - Mastering the Art of French Cooking , Band 1 , die alte Ausgabe von 1967, ein Buch, das mit der Küche meiner Mutter schon früher Bekanntschaft gemacht hatte als ich. Ich setzte mich wieder an den Tisch, an dem ich in meiner Kindheit tausend Mal nachmittags gegessen hatte, und begann es durchzublättern, einfach so.
    Als Kind habe ich mir Mastering the Art of French Cooking oft angesehen. Zum Teil, weil ich auf alles versessen war, was sich zwischen zwei Buchdeckeln verbarg, doch es gab noch einen anderen Grund. Dieses Buch hat die Gabe, seinen Betrachter zu schockieren. Mastering the Art of French Cooking ist immer noch in der Lage, an tiefe, ja obskure Bereiche voll Unbehagen zu rühren. Bitten Sie eine bleiche, gepiercte, kajaläugige, stolz-schräge Hipsterbraut, nur mit Hilfe der Illustrationen auf Seite 571 bis 575 eine Paté de Canard en Crout zu kochen. Ich verspreche Ihnen: Schneller als man »Fast Food« sagen kann, flieht sie zurück nach Williamsburg, wo niemand sie zwingt, eine ganze Ente zu entbeinen.
    Aber warum? Was hat dieses Buch an sich? Mein Gott, es ist doch nur ein altes Kochbuch. Und trotzdem steigt den Vegetariern, Atkinsjüngern und South-Beach-Flanierern aus diesen Buchdeckeln ein ketzerischer Geruch unangenehm in die Nase. Selbsternannte Gourmets schenken ihm ein zärtlich-herablassendes Lächeln und kehren dann zu ihren Chez-Panisse-Kochbüchern zurück. Von Rechts wegen müsste auch ich so empfinden, denn ich bin jene typische Synthese aus städtischer Verrücktheit und vorstädtischer Selbstgerechtigkeit: eine New Yorker Schauspielerin.
    Na ja - eigentlich kann ich mich nicht als solche bezeichnen, da ich niemals irgendwo aufgetreten bin. Offen gestanden habe ich es nicht einmal versucht. Aber wenn ich keine New Yorker Schauspielerin bin, was bin ich dann? Ich bin eine Person, die jeden Morgen eine weite Strecke mit der U-Bahn zurücklegt, um ins Büro nach Lower Manhattan zu kommen, die den ganzen Tag Anrufe entgegennimmt und Fotokopien macht, und wenn sie abends heimkommt, ist sie so fix und fertig mit der Welt, dass sie sich nur noch aufs Sofa setzen und leeren Blicks Reality-Shows anschauen kann, bis sie wegnickt.
    O Gott. Es stimmte also. Ich war Sekretärin.
    Als ich nach einer halben Stunde zum ersten Mal wieder von Mastering the Art of French Cooking hochblickte, erkannte ich, dass ich mich tief im Innern damit abgefunden hatte, auf Monate, vielleicht Jahre hinaus als Sekretärin zu arbeiten.
    Das war die schlechte Nachricht. Die gute war, dass mich das Summen in meinem Kopf und das mulmige, aber irgendwie auch anregende Zwicken in meinem Bauch daran erinnerte, dass ich am Ende vielleicht doch noch etwas anderes war.
    Kennen Sie Mastering the Art of French Cooking ? Bestimmt haben Sie davon gehört - es ist schließlich ein kultureller Meilenstein. Aber kennen Sie das Buch selbst? Versuchen Sie, sich eine alte, gebundene Ausgabe zu beschaffen, sie sind gar nicht so selten. Eine Zeit lang hatte jede amerikanische Hausfrau, die Wasser zum Kochen bringen konnte, ein Exemplar davon - so habe ich jedenfalls gehört.
    Es ist nicht verschwenderisch illustriert. Es gibt keine Hochglanz-Weichzeichnerfotos der makellos frisierten Autorin, die ihre Zähne in eine saftige Erdbeere vergräbt oder mit starrem Lächeln vor einer perfekten Pastete steht, das Tranchiermesser in der Hand wie eine eiskalte blonde Küchendomina. Die Gerichte sind hoffnungslos veraltet, die Kochzeiten unendlich lang, Butter und Sahne werden jenseits der Grenzen des Erlaubten eingesetzt, und es gibt keinen einzigen Hinweis auf Pancetta, Meersalz oder Wasabi. Dieses Buch steht seit Jahrzehnten nicht mehr auf der Grundausstattungsliste unternehmungslustiger Schlemmer. Doch als ich es an diesem Morgen in der Hand hielt, den Deckel mit den tomatenroten Fleur de Lys aufschlug und die vergilbten Seiten durchblätterte, hatte ich das Gefühl, endlich auf etwas Wichtiges gestoßen zu sein. Warum? Ich beugte mich wieder über die Seiten dieses Buches und suchte nach dem Grund für dieses seltsame Gefühl. Es waren gar nicht unbedingt die Gerichte. Aus der Nähe besehen, wurden die Gerichte fast nebensächlich. Nein, hier verbarg sich etwas Tieferes, ein Code innerhalb der Wörter, vielleicht ein Geheimnis, das ins Papier selbst eingebettet war.
    Ich habe nie im Glauben Trost gesucht, dazu fehlt mir die Veranlagung. Aber beim Lesen von Mastering the Art of French Cooking dachte ich, so müssen
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