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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught
Autoren: Legenden der Liebe
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verstockte,
kaltherzige, hassenswerte und hochmütige Squire Faraday in Wirklichkeit Mamas
Vater war! Sie hatte sich immer gefragt, warum Papa ihre Mutter aus ihrem
geliebten Heimatort weggeholt und bis nach Amerika gebracht hatte, zusammen
mit Mutters älterer Schwester, die sich dann in Richmond niedergelassen und
geweigert hatte, sich auch nur einen Fußbreit weiterzubewegen. Es war ihr immer
ein bißchen seltsam vorgekommen, daß ihre Mutter neben ihren Kleidern und einem
bißchen Geld nur ein Pferd namens »Ziellinie« besessen hatte – ein Pferd, das
Mama so sehr liebte, daß sie sogar seine Überfahrt gezahlt hatte. Allerdings
mußte sie es bald nach ihrer Ankunft in Amerika dann verkaufen.
    Wenn ihre Eltern, selten genug, über
ihr Weggehen aus England gesprochen hatten, hatten sie immer ein wenig hitzig
und auch irgendwie unglücklich geklungen, aber Sheridan konnte die Gründe
dafür nie verstehen. Leider war ihr Vater durchaus nicht bereit, ihren
Wissensdrang in diesem Punkt zu befriedigen, und deshalb blieb ihr nichts
anderes übrig, als ihre Neugier zu zügeln und zu warten, bis sie das Haus in
Sherwyn's Glen gebaut hätten, um es selbst herauszufinden. Wenn sie erst
einmal dort war, nahm sie sich vor, würde sie verdeckte Ermittlungen anstellen.
Soviel sie wußte, wollte ihr Vater sein Vorhaben durch Karten- und Glücksspiel
verwirklichen, und sooft sich ihm die Möglichkeit zu einem guten Spiel bot,
steckte er jeden Cent hinein, den sie erübrigen konnten. Die Tatsache, daß er
bei Glücksspielen keine besonders glückliche Hand hatte, war ihnen beiden
bewußt, aber dennoch glaubte er fest daran, daß sich das eines Tages ändern würde.
»Alles, was ich brauche, mein Liebling«, pflegte er grinsend zu sagen, »ist
eine hübsche lange Glückssträhne am richtigen Tisch. Ich hatte früher schon ein
paar davon, und meine Zeit kommt wieder. Das spüre ich.«
    Da er sie nie anlog, glaubte Sherry
ihm. Und so fuhren sie zusammen durch das Land, unterhielten sich über so
profane Themen wie die Lebensgewohnheiten der Ameisen oder über so großartige
Dinge wie die Erschaffung des Universums. Manchen Leuten kam ihr
Vagabundenleben sicher seltsam vor. Seltsam und erschreckend hatte es auch
Sherry zuerst gefunden, es dann aber bald lieben gelernt.
    Bevor sie ihre Farm verlassen
hatten, hatte sie wahrhaftig geglaubt, die ganze weite Welt sähe genauso aus
wie ihr kleines Stück Wiese und außerhalb dieser Grenzen gäbe es kaum noch
jemand anderen. Jetzt gab es hinter jeder Wegbiegung etwas Neues zu sehen und
die ständige Vorfreude auf die Begegnung mit interessanten Menschen, die in
die gleiche Richtung fuhren – Reisende, die aus so entfernten und exotischen
Orten wie Mississippi, Ohio oder sogar Mexico kamen oder dorthin wollten!
    Sie erzählten ihr wundersame
Geschichten von entlegenen Orten, erstaunlichen Gebräuchen und seltsamen
Lebensweisen. Und weil sie jeden so behandelte, wie ihr Papa es tat –
freundlich, höflich und interessiert –, beschlossen viele von ihnen, sich dem
Wagen der Bromleighs für ein paar Tage oder sogar Wochen anzuschließen. Und
noch mehr lernte Sheridan unterwegs: Ezekiel und Mary, ein schwarzes Ehepaar
mit einer Haut wie sanft schimmernde Kohle, krausem dunklem Haar und
zurückhaltendem Lächeln erzählten ihr über ein Land namens Afrika, wo sie
andere Namen gehabt hatten. Sie brachten ihr einen fremdartigen, rhythmischen
Gesang bei, kein richtiges Lied, das sie dennoch aufheiterte und antrieb.
    Ein Jahr, nachdem Mary und Ezekiel
wieder ihrer Wege gegangen waren, tauchte an einem grauen Wintertag hinter
einer Wegbiegung ein weißhaariger Indianer mit wettergegerbter, faltiger Haut
wie getrocknetes Leder auf. Er saß auf einem wunderschönen gescheckten Pferd,
das so jung und temperamentvoll war wie sein Reiter alt und müde. Sheri dans
Vater drängte ihn so lange, bis er schließlich sein Pferd hinten am Wagen
anband und hinaufkletterte. Auf Sheridans Frage hin erwiderte er, sein Name sei
Schlafender Hund. Als sie an diesem Abend am Lagerfeuer saßen, bat sie ihn, zu
singen, und er trug ein indianisches Lied vor, das nur aus gutturalen Tönen
bestand. Dazu klopfte er rhythmisch mit seinen Händen auf die Knie. Es klang so
seltsam und unmelodisch, daß Sheridan ein Lächeln unterdrücken mußte, um seine
Gefühle nicht zu verletzen, doch schien er ihre verwirrte Erheiterung bereits
gespürt zu haben. Er brach abrupt ab und schaute sie mit zusammengekniffenen
Augen an.
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