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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe
Autoren: Marie Cordonnier
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Dachvorsprung, der sich von hölzernen Säulen getragen halb um den Hof zog, folgte Jorina der Gruppe um den Söldnerführer verstohlen. Niemand achtete auf die Magd mit dem Wasserkrug, alle Augen waren auf den Mann mit dem kostbaren Umhang gerichtet. Sie erkannte, dass er manche der Verwundeten als seine eigenen Männer identifizierte und Befehl gab, sie auf den Karren zu legen, der draußen zu diesem Zweck wartete.
    Sie erstarrte, als Cocherel vor der Gestalt in der abgelegenen Ecke stehen blieb und sie mit unleugbarer Verblüffung betrachtete. Jener Mann sollte ein Söldner sein? Unmöglich! Alles in Jorina sträubte sich, dies zu glauben. Vorsichtig schob sie sich unter den eingebrochenen Dachsparren des Stalles bis zu jenem Mauerteil, hinter dem der Verwundete lag. Geduckt hinter Trümmern kauernd, vernahm sie die Worte des Herzogs von St. Cado.
    »Ich bin sehr zufrieden, Edwy«, hörte sie eine rauhe emotionslose Stimme, die sie dem Söldnerführer zuordnete, ohne hinsehen zu müssen.
    »Er wird es nicht überleben ...«, antwortete der Bärtige mit der Brustschmarre, der vorhin nach ihren Röcken gegrabscht hatte.
    »Eigentlich ein Jammer!« Der andere schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Es wäre mir lieb gewesen, wenn er noch erfahren hätte, dass sein Name landauf, landab der eines Verräters geworden ist. Eines Mörders, der das Ende eines Mannes verschuldet hat, den alle tief betrauern!«
    »Ihr hattet Nadiers Tod verlangt!« verteidigte sich der andere, und Jorina hatte Mühe, einen Aufschrei des Schreckens zu unterdrücken.
    »Schon gut, Edwy. Ist er noch einmal zu Bewusstsein gekommen?«
    »Luc hat ihm einen gewaltigen Schlag mit der Streitaxt verpasst, ehe er ihm die Standarte abnahm«, berichtete Edwy mit hörbarem Stolz. »Danach haben wir seine Rüstung und sein Pferd an uns gebracht und mit einem Pfeil dafür gesorgt, dass er aus dem Spiel bleibt. Keinen Mucks hat er mehr gemacht, und wir nahmen natürlich an, dass ihm die Plünderer den Rest geben. Es war eine unangenehme Überraschung, ihn hier zu finden. Aber ich vermute, es ist nicht nötig, ihn zu ...«
    Er sprach nicht weiter, doch Jorina vermutete, dass der Bärtige mit einer Geste veranschaulichte, was er meinte. Die Antwort des Herzogs passte dazu.
    »Nein, du unternimmst erst einmal nichts. Wenn Raoul de Nadier tatsächlich wieder auf die Beine kommt, wird es mir ein besonderes Vergnügen sein, ihm dabei zuzusehen, wie die ihm zur Last gelegten Verbrechen ihn ruinieren. Er soll erkennen, dass es ein Fehler war, den Herzog von St. Cado zu brüskieren!«
    Jorina erbebte unter der Wucht des kalten Zornes, der diesen Mann wie ein unsichtbarer Schatten umgab. Sein Name stand in der ganzen Bretagne für Terror und Gewalt. Niemand wusste, wann er die alte Festung von Cado besetzt und sich selbst zum Herzog ernannt hatte, und nicht einmal Jean de Montfort war stark genug, um dieses Räubernest auszulöschen. Er hatte den Söldner zu seinem Verbündeten gemacht, doch vermutlich wusste er ebenso wie der einfachste Fischer im Land, dass man eher einer Viper als Paskal Cocherel, dem Herzog von St. Cado, trauen konnte.
    »Nehmt mich mit Euch, Seigneur«, hörte sie den verwundeten Söldner flehen.
    »Nein!« lehnte sein Herr barsch ab. »Du bist selbst schuld. Hättest du meinen ersten Befehl korrekt befolgt, wäre der Kerl jetzt tot, und du müsstest nicht an seiner Seite bleiben ...«
    »Aber der Feldscher, der uns behandelt, ist ein grober Hund. Er droht mir den Brustkorb auszubrennen. Auf St. Cado würde ich ...«
    »Du tust, was ich befehle!«
    Jorina biss sich so heftig in die Unterlippe, dass sie Blut schmeckte. Wie sollte sie es fertigbringen, den Fremden zu retten, wenn er von diesem Kerl bedroht und bewacht wurde?
    »Der Teufel soll dich holen, Wolf!« hörte sie nun Edwys unterdrücktes Murmeln. Offensichtlich hatte sich sein Anführer abgewandt. »Ich sollte dem Kerl am besten gleich die Gurgel durchschneiden. Verdammt, ich muss mir ein Messer besorgen ...«
    Jorina rappelte sich hoch und huschte aus dem Stall. Wie üblich ließ sie sich ihr Handeln von ihrem Herzen diktieren, ohne über die Folgen nachzudenken. Dort lag ein Mensch, der ihre Hilfe brauchte, und genau die würde sie ihm geben.
    Mit einem Geschick, von dem sie nicht geahnt hatte, dass sie es besaß, schlängelte sie sich durch die Verwundeten und tauchte mit ihrem Wasserkrug an der Mauer auf, als eben der letzte Söldner zum Karren getragen wurde. Der Herzog war bereits
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