Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bloodcast 01 - Cast & Crew

Bloodcast 01 - Cast & Crew

Titel: Bloodcast 01 - Cast & Crew
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Prolog
    »Was haben wir nur getan?« Der Wind trug die Stimme als leises Flüstern heran, kaum hörbar und zerbrechlich. »Wie konnte es nur so weit kommen?«
    »Wir wollten nicht, dass es so kommt«, erwiderte die andere junge Frau. »Keine von uns.«
    »Trotzdem sind wir hier. Wir sind schuld an dem, was geschehen ist, wir alle!« Jetzt ließ Verzweiflung die Stimme noch zerbrechlicher wirken.
    »Das ist nicht wahr! Wir können nichts dafür, und das weißt du.«
    »Wir hätten es verhindern können! Wir hätten es kommen sehen müssen …«
    »Das konnten wir nicht, keine von uns. Du nicht und auch niemand sonst. Wir alle waren zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Es ist … außer Kontrolle geraten. Aber das bedeutet doch nicht …«
    Die andere schüttelte den Kopf. Ihre Augen schwammen in Tränen. Das grelle Licht der Straßenbeleuchtung, das von unten heraufdrang, spiegelte sich darin. »Ich kann nicht mehr«, hauchte die junge Frau. »Ich kann so nicht leben. Ich halte es nicht mehr aus, verstehst du?«
    »Das verstehe ich. Wir alle sind erschöpft, und wir alle wollen nach Hause.«
    »Nach Hause«, wiederholte die andere, als wäre dies ihr Stichwort, und wandte sich um.
    »Nein! Tritt von der Kante zurück, ich bitte dich!«
    »Wozu?«
    »Weil es nichts ändert, wenn du weitergehst.«
    »Für mich schon. Es wird alles ändern.«
    »Aber nicht für die anderen … nicht für uns!«
    Wieder ein Blick zurück. Die Augen liefen ihr über; Tränen rannen die bleichen Wangen herab.
    »Du darfst uns nicht verlassen, hörst du? Wir brauchen dich. Ich brauche dich!«
    Trotz der Tränen ein Lächeln.
    Matt und kraftlos.
    »Du brauchst mich nicht«, sagte die andere leise. »Du hast mich nie gebraucht.«
    Die Worte waren kaum verklungen, da wandte sie sich ab. Ohne Zögern machte sie einen Schritt nach vorn, in die bodenlose Tiefe.
*
    Berlin Mitte
Sechs Monate zuvor
    Die Unruhe war beinahe körperlich spürbar.
    Wie ein schlecht gewähltes, aufdringliches Parfüm schwängerte sie die schwüle Luft. Der Saal, eigentlich ein Lagerhaus, wo bis zum Vorabend noch Hunderte Schaufensterpuppen in Reih und Glied gestanden hatten, war voller Menschen. Anstelle des Containers mit überzähligen Händen, Füßen und Köpfen stand jetzt das Buffet. Es lockte mit asiatischem Fingerfood, von den Spießchen, die würzigen Curryduft verströmten, über die Bällchen aus Klebreis bis hin zu dem in Gläsern angerichteten Gemüse. Dem Buffet gegenüber befand sich die Bar, ein glitzernder Schrein endlos aneinandergereihter und mit bunten Flüssigkeiten gefüllter Flaschen. Ein gut aussehender junger Mann mit Fliege und wirrem Haar mixte Cocktails daraus, die Namen wie Moonlight Kiss und Red Riding Hood trugen. Die Schaufensterpuppen, denen die Halle sonst gehörte, waren nichts als Beiwerk im Hintergrund: ein Heer anspruchsloser, weil stummer und sich niemals beschwerender Statisten.
    In der Mitte der Halle war ein Catwalk errichtet worden, der von einem Ende bis zum anderen reichte. Zu beiden Seiten des Laufstegs drängten sich die jungen Frauen, derentwegen diese Veranstaltung abgehalten wurde. Ihre Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen klebten an ihnen wie wachsame Bodyguards.
    Kayne & Sparks war bekannt dafür, nicht nur Models mit Idealmaßen für Shows auszuwählen. Wie die Kleidung, die das Label entwarf und in seinen Filialen auf der ganzen Welt vertrieb, sollten auch jene, die sie präsentierten, nicht einfach von der Stange kommen. KayS stellte außergewöhnliche Mode für außergewöhnliche Menschen her - unprätentiös, mit einem gewissen Vintage-Touch, düster. Entsprechend sollte auch das neue Face of KayS sein.
    Außergewöhnlich.
    Mit Ecken und Kanten.
    Sogar mit Narben.
    So hatten sie sich also eingefunden: insgesamt über tausend Bewerberinnen aus ganz Deutschland, junge Frauen im Alter zwischen siebzehn und fünfundzwanzig, die so unterschiedlich waren, wie sie es nur sein konnten.
    Die größte Fraktion stellten jene dar, die um die Einzigartigkeit der Chance wussten, denen klar war, was ein Vertrag mit Kayne & Sparks für eine Karriere bedeuten konnte. Entsprechend hatten sie sich gestylt, waren in enge Kleider geschlüpft, die ihre schlanken Körper zur Geltung brachten. Andere schienen sich der Tragweite des Augenblicks kaum oder gar nicht bewusst zu sein. Abenteuerlust oder Neugier trieb sie an - oder vielleicht auch Langeweile. Dann gab es jene, die treue Anhänger des Labels waren. Sie hatten sich in dessen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher