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Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Titel: Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)
Autoren: Thomas Bleskin
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dass er dem inzwischen fast 50-Jährigen
einen Vertrag über drei Alben anbietet. Nach 16 Jahren ohne nennenswerten
Erfolg sieht Joachim Licht am Ende des Tunnels. Wie hell es dann aber
tatsächlich strahlt, übertrifft seine kühnsten Erwartungen: Als «Die Flut» im
Januar 1998 noch vor dem Album veröffentlicht wird, entert die Single sofort
die Media Control Charts, klettert über den Sommer bis auf Platz zwei und hält
sich ganze 36 Wochen in der Hitliste, 19 davon in den Top Ten. 800 000
verkaufte Maxis später ist Joachim Witt auf dem bisherigen Höhepunkt seiner
Laufbahn. «Die Flut» stellt selbst den «Goldenen  Reiter» in den Schatten.

Dem dramatischen Tief der letzten Jahre folgt nach «Bayreuth eins» eine Zeit
des absoluten Hochgefühls. Bedenken, sein massiver Erfolg könne seine
Einzigartigkeit als Künstler infrage stellen, hat Joachim schon lange nicht
mehr, im Gegenteil: Heute kann er die breite Akzeptanz in vollen Zügen
genießen; die Nähe zum Publikum gibt ihm seine Überzeugung zurück, kein One Hit
Wonder der Neuen Deutschen Welle zu sein. Etwa eine Stunde vor seinem ersten
Konzert mit dem Material von «Bayreuth eins», als er mit der Band gegenüber vom
 Berliner «Pfefferberg» noch eine Pizza isst, sieht er das
 Unglaubliche: Menschenmassen drängeln sich seinetwegen vor der Konzerthalle,
geben Höchstgebote für eine der ausverkauften Eintrittskarten. Ihm kommen
Erinnerungen an das abgebrochene Open Air Ende der Achtziger - und die Tränen.

Gleich zwei Tourneen absolviert Witt mit «Bayreuth eins». Seine alten Songs
wirft er dafür weitgehend über Bord: Nur «Strenges Mädchen», der
«Herbergsvater» und natürlich «Goldener Reiter» werden ins neue Programm
aufgenommen. Der Grund ist offensichtlich - Witts Wandlung ist so
kompromisslos, dass so gut wie alle anderen Titel das Bild zerstören würden.
Joachim ist das nur recht. Hätte er Songs wie «der Tankwart heißt Lou» oder
«Trotzdem schön» auf der Liste, würden ihn diese Lieder unnötig an die lange,
harte Durststrecke von 1982 bis 98 erinnern. Warum sollte er sich das antun?
Höhepunkte der Konzertreisen sind die Auftritte in der Berliner Philharmonie
und im Leipziger Gewandhaus - durch das klassische Flair fühlt sich Joachim in
seine Kindheit zurückversetzt, als er vor seinen Großeltern den Dirigenten
gemimt hatte. Jetzt, nach fast einem halben Jahrhundert, schließt sich der
Kreis.

In zahllosen Interviews muss sich Witt mit dem Vorwurf  auseinandersetzen,
er überschreite mit der «Bayreuth»-Ästhetik eine Grenze, die gerade ein
deutscher Künstler nicht durchbrechen sollte. Joachim hält dem entgegen, dass
Kunst prinzipiell alles dürfe - wenn sich ein Künstler Vorschriften machen und
alles zerreden lasse, könne am Ende keine wirkliche Kunst zustande kommen.
Witt, der ewig Linke, will nicht nur den gebieterischen Nimbus eines Richard
Wagner für seine eigene Kunst nutzen, er will Wagners Werk zugleich aus der
rechten Ecke holen, weil die Musik, die er liebt, für sich stehen soll. Er will
Kunst nicht von Ideologien instrumentalisiert sehen - und schon gar nicht von
Nazis und Neonazis.

Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung von «Bayreuth eins» beginnt Witt
mit der Arbeit am Nachfolger. Noch hat er keinen richtigen roten Faden außer
dem Titel «Bayreuth zwei», aber durch die Vermittlung von Gert Hof, dem
Konzeptionalisten und Lichtdesigner von Rammstein, nimmt Witt Kontakt zu den
Musikern der Ostrockband Silly auf. Hof hatte sich darum bemüht, für Witt die
Bühnenshow zu machen, und ganz beiläufig war Joachim auf seine Begeisterung für
den Song «Bataillon d'amour» zu sprechen gekommen. Da Hof die Band persönlich
kennt, dauert es nicht lange, bis sich Witt mit Richie Barton, Uwe Hassbecker
und Jäcki Recnizek im Studio trifft. Da die Musiker zum Jahrtausendwechsel
durch den Tod von Sängerin Tamara Danz im Jahr 1996 noch immer keine neue
Identität für Silly gefunden haben, entschließt sich die Band, die Rolle von
Witts Liveband anzunehmen. Und die drei sagen auch Ja, als Joachim fragt, ob er
für «Bayreuth zwei» ihren größten Hit covern darf.

Bevor das neue Album Gestalt annimmt, bekommt Witt eine spannende Anfrage aus
Weimar, der europäischen Kulturhauptstadt 1999. Zum 250. Geburtstag von Johann
Wolfgang von Goethe und dem 100. Todestag Friedrich Nietzsches plant die Stadt
einen Sampler, auf dem unterschiedlichste Künstler Texte der beiden vertonen
sollen. Witt entscheidet sich
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