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Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Titel: Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)
Autoren: Thomas Bleskin
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blauäugig -
den Weg in die Selbständigkeit. Die Firma Edel bittet und bettelt, Joachim möge
bei ihr unterschreiben, aber er sagt nein, auch zu Angeboten anderer Labels.
Mit eigenem Team und einem Vertriebsdeal mit dem Mittelständler SPV geht er ein
Projekt an, das ihn noch weiter weg von «Bayreuth» bringen soll als
«Eisenherz»: Das Album «Pop». Witt produziert die Platte quasi im Alleingang -
mit Ausnahme einiger Stücke, die er zusammen mit dem deutschen Remixerteam Warp
Acht zusammenschraubt. Wie inzwischen gewohnt, enthält «Pop» wieder etliche von
Joachims Allzeitfavoriten - allen voran «Immer noch», aber auch «Fluch der
Liebe», «Erst wenn das Herz nicht mehr aus Stein ist» und «Ich will mehr»
zeigen, dass Witt nach mehr als 40 Jahren im Musikgeschäft seinen ureigenen
Stil gefunden hat, den ihm niemand mehr nehmen kann. Mit «Pop» findet Joachim
Witt künstlerisch zu sich selbst. Wie schon bei «Eisenherz» deckt er die ganze
Palette seiner musikalischen Vorlieben ab, vom EBM-lastigen «Krieger des
Lichts» bis zur liebevollen Coverversion des Schlagers «Mein Freund der Baum».
Einzig der Sound des Albums leidet etwas; Monate nach dem Erscheinen bemerkt
Witt, dass er mit der Abmischung doch nicht so zufrieden ist. Aber was «Pop» an
Breitwandklang vermissen lässt, wiegt die Qualität der Titel mehr als auf.

Trotz allem wird «Pop» ein finanzielles Fiasko. Diesmal muss Joachim die
Verkaufszahlen wieder verfolgen, denn daran hängt sein eigenes Kapital. Doch
«Pop» entwickelt sich zum klassischen Flop. 30000 Einheiten werden zwar
verkauft, das Album erreicht schließlich Platz 39 - aber die Einnahmen reichen
am Ende nicht einmal, um die Kosten der Produktion wieder reinzuholen. Für
plus/minus null hätte Witt mindestens 45 000 Platten absetzen müssen. Trotz des
ökonomischen Desasters: Joachim sieht, dass er jetzt auf eine treue Fangemeinde
bauen kann. In völliger Eigenverantwortung, ohne große Werbung und ohne
nennenswerte Medienpräsenz 30 000 Tonträger  loszuwerden, ist im Jahr 2004
selbst für einen etablierten Künstler eine Meisterleistung. Das gibt Witt
künstlerisches Selbstbewusstsein und den Ansporn, seine «Werkreihe Bayreuth»
mit dem dritten Teil abzuschießen - ohne Vorgaben eines Majors, völlig
independent.

Für ein solches Projekt braucht Witt nach dem Minusgeschäft mit «Pop»
allerdings einen Investor. Der Hamburger Medienunternehmer Frank Otto, der
neben diversen Privatradios auch den Musiksender VIVA mit gegründet hatte,
glaubt an Joachims Kunst und klinkt sich in die Produktion von «Bayreuth 3»
ein. Mit Ottos Kapital gründet Harry Gutowski das Label Primadonna - und
versucht, dem unabhängigen Weg seines Freundes Joachim weiter eine Chance zu
geben. Um nicht noch einmal wie bei «Pop» im Nachhinein die Klangfarbe eines seiner
Alben bemängeln zu müssen, wendet sich Witt an Uwe Hassbecker: Zusammen mit dem
Silly-Gitarristen und dessen Bandkollegen will Joachim «Bayreuth 3» in den
Danzstudios Berlin-Münchehofe zum krönenden Abschluss der Trilogie machen. Und
es gelingt ihm.

«Bayreuth 3», erschienen im Januar 2006, ist von Witts Alben der zweiten
Generation - also seit «Bayreuth eins» - die konsequenteste. Der Titel der
Werkreihe hatte von Anfang an für großes Pathos gestanden, für feierliche
Erhabenheit, Sentimentalität und Leidenschaft, und Humor hatte auf einer
«Bayreuth»-Platte ohnehin noch nie etwas zu suchen. Aber Teil drei bewegt sich
fast nur noch am finsteren Abgrund der menschlichen Seele. Nicht ohne Grund
beginnt Witt sein neues Album mit einem handfesten Wagnerverschnitt: Das
monumentale Albumintro «Dämmerung» bereitet das Publikum auf eine inhaltliche
Tour de Force vor, die die beiden ersten Teile beinahe fröhlich erscheinen
lassen. Auch geht es nicht mehr um den persönlich erfahrenen Schmerz, der
einmal zu «Bayreuth» geführt hatte. Teil drei schlägt überwiegend politische
Töne an, hinterfragt bestehende  gesellschaftliche Strukturen, geißelt
religiösen Fanatismus und würdigt - zumindest auf der Special Edition - mit den
Song «Der Turm» den Widerstand der Edelweißpiraten gegen den
Nationalsozialismus. Bei diesem Track kreuzen sich zum ersten Mal auch die
musikalischen Wege von Joachim und der inzwischen zur erfolgreichen
Songwriterin avancierten Michelle Leonard, die er seit ihren gemeinsamen
NDW-Touren bei ihrer Karriere unterstützt hatte - sie zeichnet für die
ambitionierten Lyrics verantwortlich. Auch
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