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Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Titel: Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)
Autoren: Thomas Bleskin
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für «Jetzt und ehedem» von Nitzsche, und der Song
passt so gut in sein «Bayreuth»-Konzept, dass er ihn für sein kommendes Album
schon fest einplant. Später wird sich herausstellen, dass «Jetzt und ehedem»
der mit Abstand kraftvollste Track der kommenden CD ist. Neben «Batallion
d'amour» und «Über den Ozean», einem Song, den er zusammen mit Harry Gutowski
schon zu Zeiten von Duesenberg geschrieben hatte, ist Witt mit dem Album schon
bei seiner Entstehung nicht so zufrieden wie mit «Bayreuth eins». Ihm wird
langsam klar, dass sich hier seine eigene Geschichte wiederholt: Erst der
absolute Tiefpunkt, dann der kommerzielle Durchbruch, dann der langsame
Abstieg.

Ähnlich wie «Edelweiß» als Nachfolger von «Silberblick» entwickelt sich auch das
zweite «Bayreuth»-Album. Die Verkaufszahlen sind in Ordnung, wenn auch bei
weitem nicht so bravourös wie beim Vorgänger. Aber immerhin kommt es im
Dezember 2000 auf einen respektablen Platz 13 der Albumcharts. «Batallion
d'amour» schwächelt wie seinerzeit der «Herbergsvater» und verzeichnet mit
Platz 26 seinen höchsten Rang in den Singlecharts. Und die Parallelen enden
damit noch nicht.
    Sony ist mit der Verkaufsentwicklung von «Bayreuth zwei»
zwar nicht unzufrieden, malt sich aber aus, mit «Bayreuth 3» den Erfolg des
ersten Teils wiederholen zu können. Doch dazu wird es nicht kommen. Witt
produziert nicht am Fließband, und wenn er es doch tut, kommen halbgare
Produkte wie der zweite Teil seiner Werkreihe zustande. Bei Sony hatte er für
drei Alben unterschrieben, und diesen Vertrag wird er auch erfüllen -
allerdings meilenweit von «Bayreuth» entfernt. Für die Arbeiten an seinem
zehnten Studioalbum wählt er die Überschrift «Eisenherz» nach dem gleichnamigen
Titel, den der Songwriter Steve van Velvet für ihn komponiert hatte. Außerdem
ist Eisenherz seit dem Album «Mit Rucksack und Harpune» der Name seiner
Verlagsedition. «Eisenherz» ist für ihn wie ein Befreiungsschlag aus   dem
Kapitel «Bayreuth», dass er zwar noch nicht zu Ende erzählt hat, mit dem Druck
von Sony aber auch noch nicht beenden will und kann. Die alten Muster greifen
wieder; Joachim will die Strukturen aufbrechen, um als Künstler wieder frei
atmen zu können. Als Zugeständnis erlaubt er Sony, das Cover mit dem Stempel
«Werkreihe Bayreuth» zu versehen, aber Witt sieht «Eisenherz» höchstens als
«Bayreuth 2,5» - zu weit ist er von der inhaltlichen Stringenz der anderen
beiden Platten entfernt, unabhängig von ihrer jeweiligen Qualität. Natürlich
hätte der Mediengigant lieber ein «Bayreuth 3» gesehen, aber Joachim sagt Nein.
Und er behält Recht.

Das Endprodukt kann sich sehen lassen: «Eisenherz» ist vom Titeltrack und «Wie
oft muss ich noch sterben» aus der Feder von Steve van Velvet über das
yuppieverachtende «Supergestört und superversaut» bis zum für viele zunächst
verwirrenden «Ich bin schwul» zur Musik von Harry Gutowski vielleicht Joachims
umfassendstes Album. Fast jede Ansprechhaltung seiner bisherigen Werke hat auf
«Eisenherz» Platz - mit Ausnahme von «Moonlight Nights». Sony hatte versucht, ihn
in eine eindeutigere Richtung zu drängen, aber Witts Eigensinn wird von den
Fans honoriert: Das Album, veröffentlicht im Mai 2002, kämpft sich bis auf den
siebten Platz der Albumcharts vor. In absoluten Zahlen ist das trotz der hohen
Notierung zwar kein Vergleich mit «Silberblick», «Bayreuth eins» und «Bayreuth
zwei», aber wenigstens kann Witt in den Spiegel schauen und sich sicher sein,
wie seinerzeit bei «Märchenblau» seine Kreativität keinerlei Fremdvorgaben
unterworfen zu haben. Den Vertrag mit Sony verlängert er nicht.

Die Entscheidung, sich 2003 von Sony zu trennen, ist keine einfache für
Joachim. Er zieht sich damit den Boden unter den Füßen weg, verzichtet auf
einen Plattenvertrag, der ihm einen gehobenen Lebensunterhalt gesichert hätte,
egal, wie ein weiteres Album gelaufen wäre. Wenn sich der Branchenriese mit
inzwischen neuem Management aber anmaßt, die Songauswahl des nächsten Albums
bestimmen zu wollen, so dass Witts nächstes Werk eine Art Auftragsarbeit für
Sony geworden wäre, dann wählt Joachim den Bruch - so schwer ihm dieser Schritt
auch fällt. Aber: Hat Sony kein Vertrauen in ihn und seine künstlerischen
Fähigkeiten, hat er auch keines mehr in den Konzern. Erst neun Jahre später
werden Witt und Sony wieder zueinanderfinden.

Der inzwischen 53-Jährige geht - in kommerzieller Hinsicht etwas
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