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Jericho

Jericho

Titel: Jericho
Autoren: Jason Dark
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werde gehen und die Schläfer wecken. Wir zerstören damit die Traumwelt und haben ihn oder holen ihn zurück…«
    Suko ließ mich auf den Ausgang zugehen. Ich hörte nur meine eigenen Schritte, er blieb zurück. Was mir auch ungewöhnlich vorkam, denn normalerweise machten wir alles zusammen oder stimmten uns zumindest aufeinander ab.
    Erst dicht vor der Tür sprach er mich wieder an. »John, hör mal zu.«
    Ich drehte mich um. »Was ist denn noch?«
    »Dein Kreuz will mir nicht aus dem Kopf. Du hast gesagt, daß es Jericho vertrieben hat. Da gebe ich dir sogar recht. Aber könnte es nicht auch für eine Rückkehr sorgen?«
    Ich ging jetzt vor. »Das mußt du mir erklären.«
    »Gerne. Was hältst du davon, wenn wir hier stehenbleiben und du deinen Talisman aktivierst? Wenn du die Formel rufst, John, kann möglicherweise etwas völlig anderes eintreten. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ja, ja, sehr gut sogar.«
    »Und? Was sagt dir dein Gefühl?«
    Ich lachte leise. »Daß du ein verdammter Hundesohn bist, Alter. Aber ich glaube, du hast recht.«
    »Es käme tatsächlich auf einen Versuch an.«
    »Was hindert dich?« Suko breitete die Arme aus. »Dieses Haus ist ein Hort der schwarzen Magie. Hier herrschen Kräfte, die du nicht fassen und nur bekämpfen kannst…«
    »Ja, ja. Ist schon gut.« Ich schaute auf das Kreuz. Es lag auf dem flachen Handteller. Sein Silber glänzte nicht mehr so hell. Es hatte bereits die Farbe des hier vorherrschenden Lichts angenommen und einen grauen Schimmer bekommen.
    Wenn ich die Formel sprach, befreite ich die Kraft, die der Prophet Hesekiel in diesem Kreuz hinterlassen hatte. Er war ein großer Seher gewesen, ein anderer Prophet als Jericho, obwohl der sich ebenfalls mit einem alttestamentarischen Namen schmückte.
    Ich vertraute auf Hesekiel! Suko stand neben mir. Er nickte. Zu sprechen wagte er jetzt nicht mehr, denn auch ihn hielt die Spannung umklammert. Ich kam mir vor wie ein Schüler vor einer wichtigen Klausurarbeit. Sehr oft hatte ich mich auf die Kraft des Kreuzes verlassen, doch es war immer etwas Besonderes.
    »John, bitte…«
    »Natürlich.« Ich gab Sukos akustischem und meinem inneren Drangen nach, konzentrierte mich auf das Kreuz und sprach die Formel, die alles entscheiden sollte, laut und deutlich aus.
    »Terra pestem teneto - Salus hic maneto!«
    Und das Kreuz tat seine Pflicht!
    ***
    Es war wie ein Sturm, ein gewaltiger Orkan aus Weißer Magie und hellem Licht.
    Ich stand noch mehr im Zentrum dieses Lichts als mein Freund Suko, und wir beide wirkten wie blasse Schattengestalten in der Umgebung. Wir rechneten damit, daß die Kraft des Kreuzes das Haus zum Einsturz bringen und Jericho zurückholen würde, aber etwas ganz anderes geschah, das mich an ein kleines Wunder erinnerte. Das Strahlen blieb. Es durchdrang die Wände an vier Seiten. Es breitete sich auch als heller Glanz außerhalb aus, doch die Zentrale befand sich bei uns.
    Wir standen in der Mitte. Von uns aus stießen vier sehr breite Strahlen wie leuchtende Landebahnen in die verschiedenen Richtungen hinweg, endeten irgendwo zwischen Himmel und Erde.
    Genau dort, wo sie ausliefen, entstanden an vier verschiedenen Punkten schwache Bewegungen.
    Helle, geisterhafte Schatten erschienen, zuerst nicht genau erkennbar, aber ich glaubte fest daran, Geisterwesen vor mir zu sehen. Die Gestalten waren weder Mann noch Frau, man mußte sie wirklich als geisterhaft ansehen oder als überirdisch schön bezeichnen.
    Wesen, von denen die Menschen immer wieder in langen Jahrhunderten geträumt hatten und oft voll heiliger Furcht von irgendwelchen Begegnungen mit ihnen berichteten.
    Es waren Engel.
    Vier Engel, die Erzengel!
    Auf einmal war mir alles klar. Blitzartig schössen mir die Gedanken durch den Kopf.
    Die Erzengel hatten ihre Zeichen an den Rändern meines Kreuzes hinterlassen.
    Gabriel, Michael, Raphael und Uriel!
    Früher hatte ich sie des öfteren gesehen. Lichtdurchflutete Gestalten, bei deren Anblick Zorn, Wut und Rache verschwand und dafür eine wunderbare Ruhe von der Seele des Menschen Besitz ergriff. Mir ging es ebenso.
    Ich wußte plötzlich, daß die Gefahr für uns nicht mehr gegeben war. Die Engel blieben zwar an ihren Plätzen, sie bewegten sich trotzdem weiter. Suko und ich standen da wie kleine Kinder, die den Christbaum anstarrten.
    Was hier vor unseren Augen ablief, war eigentlich unfaßbar. Das Reich der Mystik hatte sich uns geöffnet und ließ uns mit eigenen Augen schauen - und
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