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Jenseits des Meeres

Titel: Jenseits des Meeres
Autoren: Ruth Langan
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Sonne ging bereits unter, als sie zum Tweed kamen. Kieran lenkte sein Pferd vorsichtig zwischen die Bäume, die nahe am Ufer des Flusses wuchsen. Unvermittelt zügelte er den Hengst und glitt aus dem Sattel.
    Bei der Bewegung wachte Megan auf.
    Dies kann nicht der Himmel sein, dachte sie. Einen Moment wurde sie von Entsetzen gepackt. Hatte sie denn ein so sündiges Leben geführt, dass sie jetzt für alle Zeiten in der Hölle dafür büßen musste? Doch nein - jemand war da, der ihr etwas bedeutete und der sie beschützte. Doch wer war das?
    Sie mühte sich zwar sehr, vermochte sich jedoch das Bild dieses so wichtigen Menschen nicht vor Augen zu führen. Was sie sah, war nur eine entsetzliche Schwärze, die sie einzuhüllen drohte.
    Mit größter Anstrengung gelang es ihr endlich, die Lider zu heben.
    Der Glanz der untergehenden Sonne, die sich im Wasser spiegelte, schmerzte sie wie ein Dolchstoß. Rasch schloss sie die Augen wieder, biss die Zähne zusammen und öffnete die Lider erneut.
    Ein Fremder trug sie auf seinen Armen! Als er sich bückte und sie ins Gras gleiten ließ, erhaschte sie einen Blick auf schwarzes Haar und ein Gesicht mit einem ebenso schwarzen Bart. Die gleichfalls dunklen Augen schauten sie einen Moment lang durchdringend an. In Megan blitzte eine Erinnerung auf. Hatte sie diesen Mann nicht mit einem Säbel in der Hand neben sich kämpfen sehen? Als der Fremde fortging, verblasste auch dieses Bild.
    Megans Augen gewöhnten sich an das Zwielicht des Waldes. Sie bemerkte etwas, das an ein Lumpenbündel erinnerte. Es lag unter dem nächsten Baum. Der Fremde kniete sich nieder.
    „Colin.“ Kieran berührte die reglose Gestalt und war erleichtert, als sein Bruder leise stöhnte. „Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht. Und außerdem Pferde sowie Waffen“, fügte er leise hinzu. „Ich werde jetzt ein Feuer machen, und dann können wir essen. Das brauchen wir dringend, um wieder zu Kräften zu kommen.“
    Kieran sammelte Zweige sowie trockenes Gras, und bald flackerte ein Feuer. Aus den Jagdtaschen, die von den Sätteln hingen, holte er ein paar fette Tauben und steckte sie auf einen provisorischen Spieß. Während sie brieten, holte er Wasser aus dem Fluss, kniete sich wieder neben seinen Bruder und wusch dessen fiebernden Körper.
    Megan betrachtete die beiden und lauschte ihnen. Sie hatte keine Ahnung, um wen es sich bei diesen Männern handelte, doch es war klar zu erkennen, dass derjenige namens Colin arg ausgepeitscht worden war.
    Hatte sie das Gleiche erlitten? Und tat ihr deshalb alles so weh?
    Sie wollte sich bewegen, stellte indes jedoch fest, dass ihr Körper selbst den einfachsten Befehlen nicht gehorchte. Als sie sich aufsetzen wollte, entrang sich ein Stöhnen ihren Lippen.
    Sofort eilte Kieran zu ihr.
    „Hast du Schmerzen, Mädchen?“
    Sie bemühte sich, den Mann anzusehen, der hoch vor ihr stand, doch das strengte sie zu sehr an. Ihr und sein Blick trafen sich kurz.
    „Ihr werdet wieder gesund. Ihr habt einen Schlag auf den Kopf bekommen und seid an der Schulter verletzt worden. Versucht zu schlafen.“
    Megan nickte. Zum Sprechen war sie zu schwach, doch die Fragen, welche sie quälten, ließen sie nicht zur Ruhe kommen. So lag sie also mit offenen Augen da und sah zu, wie sich der Fremde bewegte und das Essen zubereitete.
    Jetzt hob Kieran Colins Kopf in den Schoß.
    „Ich kann nicht essen“, behauptete dieser.
    „Du musst!“
    „Wer ist die Frau?“
    Während Kieran das Geflügel zerteilte und seinen Bruder damit fütterte, erklärte er: „Sie und ihr Begleiter waren hinter demselben Hirschen her, den auch ich entdeckt hatte. Bedauerlicherweise wurde uns das Jagdglück durch eine Horde englischer Soldaten verwehrt.“
    „Engländer?“ Colin schob die Hand seines Bruders fort und blickte ihn fragend an.
    „So ist es. Zum Glück konnten die Lady und ihr Begleiter mit Säbel und Dolch umgehen.“
    Colin blickte ihn so erstaunt an, dass Kieran leise lachen musste. „Ich scherze nicht. Sie focht, als wäre sie auf einem Schlachtfeld zur Welt gekommen.“
    Megan ballte die Hand zur Faust und versuchte, sich vorzustellen, wie sie einen Säbel hielt. War es möglich, dass der Fremde die Wahrheit sprach? Sie erinnerte sich nicht.
    „Was wurde aus den Engländern?“
    „Einige schlugen wir, die anderen flohen. Doch damit sind wir sie noch nicht los. Man wird uns so lange suchen, bis man uns gefunden hat.“
    „Heilige Jungfrau - wir müssen von hier fort! “
    Colin
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