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Jenseits der Finsterbach-Brücke

Jenseits der Finsterbach-Brücke

Titel: Jenseits der Finsterbach-Brücke
Autoren: Antonia Michaelis
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fragteich. »Nur der Weiße Ritter weiß, dass Flint nicht tot sein kann. Jetzt läuft er herum und ist halb verrückt vor Verwirrung und Angst. Und eines Tages wird er sich verraten und dann kann man ihn ins Gefängnis werfen, wo Onnar gerade sitzt, nur dass er für immer dort bleiben wird. Doch der Weiße Ritter ist nicht der Einzige, der ins Gefängnis gehört. Dorthin gehören auch Pöhlke und diejenigen, die denken, sie hätten die Fabrik und das Bergwerk geerbt. Sie haben den Weißen Ritter beauftragt, damit sie all das erben.«
    »Ja«, sagte Almut. »Ich habe gehört, wie Flint mit Johann über dieses Bergwerk sprach. Darüber, dass er es nicht braucht. Er hat nämlich genug Geld. Er schiebt dauernd diese Unsummen über den Computer hin und her und irgendwie vermehrt sich das Geld dabei. Aber, Lasse, in einer Sache täuschst du dich: Er will nicht herausfinden, wer es war. Es ist ihm ganz egal. Er will nichts mehr mit allem zu tun haben. Ich sterbe, hat er zu Johann gesagt, jawohl, jetzt sterbe ich und dann gibt es ein für alle Mal keine Verbindung mehr zur Schwarzen Stadt. Ich hätte das Bergwerk schon vor Jahren verkaufen sollen. Johann hat nur geknurrt und gesagt, Flint hätte sich sowieso nie um das Bergwerk gekümmert.«
    »Hat er gewusst, dass es so viele Unfälle gab?«, fragte Mama leise. »Und dass die Löhne seit Ewigkeiten nicht erhöht wurden? Hat er das alles gewusst?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Almut. »Zu Johann hat er gesagt, er hätte sich sehr wohl gekümmert. Und dann haben sie sich richtig gestritten. Schließlich, meinte Flint, wärendie Löhne in seinem verdammten Bergwerk höher als in irgendeinem anderen Bergwerk. Er hätte sie jedes Jahr gesteigert und er würde dauernd von seinen Leuten hören, wie glücklich alle Arbeiter wären. Doch Johann hat bloß herumgeknurrt.«
    »Johann hat recht«, murmelte Mama. »F… Herr Hagen hat nie irgendetwas kontrolliert. Er wollte seinen Fuß wohl nicht in die Stadt setzen. Er hat die Löhne vielleicht gesteigert, aber kein Cent von dem Geld ist dort angekommen, wo es hinsollte. Die hohen Herren haben sich daran goldene Zähne verdient.«
    »Die Chefs und Unterchefs und Pöhlke … sie haben es einfach behalten?«, rief ich entrüstet und sprang auf. »Aber das müssen wir Flint doch sagen! Er muss herkommen und alles richtigstellen! Er muss die beiden Pöhlkes rauswerfen!«
    »Und er ist der Einzige, der Onnar noch helfen kann«, murmelte Joern.
    Ich holte tief Luft und blickte in die Runde. »Ich gehe zurück«, verkündete ich. »Gleich morgen früh, wenn es hell wird, gehe ich zurück über die Todesschlucht, über die Finsterbachbrücke, durch den Norderwald. Und ich hole Flint her.«
    »Stell dir das mal nicht zu leicht vor«, sagte Almut. »Der alte Starrkopf lässt sich nicht einfach so zu etwas überreden.«
    »Lasse ist sein Sohn«, sagte Joern. »Auf ihn wird er hören.«
    »Flint ist …«, begann ich und wollte sagen: … nicht mein Vater. Doch stattdessen fragte ich: »Woher kommt es, dass die Urne so aussieht wie Frentjes Blumenvase?«
    »Das kommt daher«, antwortete Almut, »dass es Frentjes Vase ist . Flint hat sie im Werkzeugschuppen ein bisschen umgestaltet.«
    In dieser Nacht schlief Almut auf Onnars leerer Matratze im Wohnzimmer. Ich selbst lag wieder einmal lange wach und betrachtete Joerns schlafende Gestalt im Licht der niemals dunklen Nacht, das durch das winzige Fenster drang. Diesmal konnte ich nicht schlafen, weil ich so glücklich war. Jede einzelne Faser meines Körpers war glücklich.
    Flint lebte! Es war ganz egal, ob er mein Vater war. Hauptsache, er lebte.
    Und morgen, morgen schon würde sich alles ändern. Die ganze Welt. Für immer.

Der Ruf der Todesschlucht
    A ls ich Mama am nächsten Morgen zum Abschied umarmte, wischte sie sich mit ihrem Taschentuch über die Augen.
    »Du brauchst doch nicht zu weinen!«, flüsterte ich. »Ich komme doch wieder! Schon heute. Rechtzeitig zur Verhandlung um eins sind wir zurück, Flint und ich.«
    »Ja«, sagte Mama. »Nein. Es ist alles ein bisschen viel. Zuerst stirbt jemand und dann doch nicht. Als Nächstes entlassen sie alle Arbeiter und am Ende soll plötzlich alles gut werden. Ich weiß ja nicht, Lasse …«
    Ich drückte sie noch einmal ganz fest, bevor wir Ostwind und Nordwind aus dem Hinterhof holten. Dann ritten wir aus der Schwarzen Stadt hinaus, Almut, Joern und ich. Über die Felder, zwischen den kränklichen Fichten hindurch zur Todesschlucht. Außen
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