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Jenny ist meistens schön friedlich

Jenny ist meistens schön friedlich

Titel: Jenny ist meistens schön friedlich
Autoren: Kirsten Boie
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Stimme. »Asche zu Asche«, sagt sie und geht langsam in die Knie. »Staub zu Staub«, und dabei setzt sie den Kasten in das Loch. Er passt haargenau. Dann legt sie den Blumenstrauß obendrauf, und Frau Hofer kommt auch an das Grab und tut ihre Aster dazu.
    »Nun müssen wir aber noch singen«, sagt Nikos Mutter. »Welches Lied kennt ihr denn ganz?«
    Jenny überlegt einen Augenblick. »›Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann‹«, sagt sie. Und das singen sie dann alle zusammen, und sogar Frau Hofer kennt den Text.
    »Was für eine schöne Beerdigung«, sagt Frau Hofer, als sie sich ihre Schürze wieder umbindet. Jenny denkt, dass sie vergessen haben, die Kerzen anzuzünden, aber es war auch so feierlich genug.
    Als sie wieder im Fahrstuhl stehen, zupft Niko sie am Ärmel.
    »Glaubst du, er ist jetzt im Himmel?«, flüstert er.
    »Logisch!«, sagt Jenny und nickt.

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Schlechte Wörter

    Manche Wörter darf Jenny nicht sagen. Niko auch nicht.
    »Arsch ist nicht schön«, sagt Jenny träumerisch. Sie sitzt mit Niko vor der Tür auf dem Fahrradständer und schlenkert mit den Beinen.
    »Nee«, sagt Niko. »Das sagt man nicht.«
    Jenny nickt. »Mein Papa sagt, Arsch soll man nicht sagen, Arsch ist ein schlechtes Wort, darum sage ich nie Arsch«, sagt Jenny zufrieden. »Arsch sage ich nicht, Arsch nicht.«
    »Nee, ich auch nicht«, sagt Niko.
    »Und Scheiße«, sagt Jenny. »Scheiße soll man auch nicht sagen, Scheiße ist ein Schimpfwort. Scheiße ist auch nicht schön.«
    »Meine Mama sagt manchmal Scheiße«, sagt Niko.
    »Weil sie erwachsen ist«, sagt Jenny. »Erwachsene dürfen Scheiße sagen. Erwachsene dürfen auch Bier trinken. Kinder nicht. Erst wenn sie erwachsen sind, dürfen die Kinder das.«
    »Auch Scheiße sagen?«, fragt Niko.
    »Und Arsch«, sagt Jenny. Der Fahrradständer wackelt richtig, so doll schaukelt sie. »Wenn man erwachsen ist, dann erst.«
    »Jetzt nicht«, sagt Niko.
    »Jetzt nur zur Probe«, sagt Jenny. »Nicht richtig, nur zur Probe, nicht in echt.«
    Niko steigt vom Fahrradständer und kratzt sich am Bein. »Und wie geht das?«, fragt er.
    Aber Jenny zeigt es ihm schon. Auf der Straße kommt ganz langsam ein junger Mann auf einem Fahrrad angefahren.
    »Arsch!«, schreit Jenny. »Hallo, A-harsch! Hallo!«
    Der junge Mann lacht und winkt. »Hallo, hallo, hallo!«, ruft er. Dann ist er schon verschwunden.
    Niko guckt zweifelnd. »Und das ist zur Probe?«, fragt er.
    Jenny nickt. »
Nur
zur Probe«, sagt sie.
    Jetzt kommt ein Mädchen vorbei. Es hat sich das Gesicht bunt geschminkt und die Haare ganz hoch gekämmt.
    »Hallo, A-harsch!«, ruft Jenny. »Hallo, A-harsch!«
    Das Mädchen dreht sich um und zeigt Jenny einen Vogel. Dann geht es weiter.

    Niko seufzt. »Jetzt ich«, sagt er. Jenny nickt, und Niko steigt wieder zu ihr nach oben.
    Als Nächstes kommt eine dicke Frau mit einem Hund.
    »Hallo«, ruft Niko.
    Die Frau bleibt stehen. »Ja, mein Junge?«, sagt sie.
    Niko guckt auf den Boden. Jetzt traut er sich nicht mehr.
    »Möchtest du wissen, wie spät es ist?«, fragt die Frau.
    Niko nickt und guckt weiter nach unten.
    »Zehn nach vier«, sagt die Frau. »Da musst du doch nicht schüchtern sein«, und sie nimmt ihren Hund und geht weiter.

    »Du Blödmann!«, sagt Jenny und gibt Niko einen Schubs. »Arsch!«, schreit sie, so laut sie kann. Aber die Frau hört sie schon nicht mehr.
    Jemand anders hat sie dafür gehört, und dieser Jemand packt sie jetzt von hinten an der Schulter.

    »Sofort kommst du hoch!«, sagt Mama. »Ich glaube, du bist verrückt geworden«, und sie zerrt Jenny ins Treppenhaus.
    Ein paar Schritte läuft Niko noch hinterher, dann bleibt er stehen.
    »Aber wir haben doch nur geprobt, Mama!«, ruft Jenny und versucht sich loszureißen. »Wir haben doch nur Erwachsensein geprobt.«

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Die Rohrzange

    »Weißt du was, Papa?«, fragt Jenny, als sie am Sonn-abendmorgen mit Papa einkaufen geht.
    »Was denn?«, fragt Papa und guckt auf den Einkaufszettel.
    »Bald ist Weihnachten«, sagt Jenny.
    »Na, das dauert aber noch ein paar Monate«, sagt Papa und packt Eier in den Einkaufswagen.
    »Und weißt du noch was?«, fragt Jenny.
    »Nein, Jenny, weiß ich nicht«, sagt Papa und schiebt den Wagen zum Gemüsestand.
    »Da wünsch ich mir eine Rohrzange«, sagt Jenny und nickt.
    »Eine was?«, fragt Papa.
    »Eine Rohrzange«, sagt Jenny. »Da hat Nikos Mama mit den Abfluss repariert. Da ist das ganze dreckige Wasser rausgekommen, und dann hat es gestunken, und dann hat
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