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Jenny ist meistens schön friedlich

Jenny ist meistens schön friedlich

Titel: Jenny ist meistens schön friedlich
Autoren: Kirsten Boie
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ihn bei Grün über die Straße gebracht?«
    »Wir haben ihm geholfen, klug zu werden«, sagt Jenny. »Ganz billig. Für zwei Euro, denk bloß mal an.«

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Indianer

    Jenny ist mit Niko zum Spielplatz gegangen. Mama und Lisa sind auch da. Lisa schaukelt auf einer Spiral-ente.
    »Babykram!«, sagt Niko.
    »Wir spielen Indianer«, sagt Jenny und verschwindet hinter den Büschen.
    Eine Weile sammeln Jenny und Niko Zweige und stecken sie ins Haar, damit sie wie Indianer aussehen, aber dann wollen sie auch etwas Indianisches
tun
.
    »Was machen Indianer denn?«, fragt Niko.
    Jenny überlegt. »Die binden Leute an den Marter-pfahl«, sagt sie. »Du kannst die Leute sein, und ich bin die Indianer.«
    Aber das will Niko nicht. Niko will auch lieber Indianer sein und um den Pfahl tanzen.
    »Dann holen wir Lisa«, sagt Jenny.
    Lisa sitzt in der Sandkiste und buddelt mit einer Schaufel, die ihr nicht gehört.
    »Komm, Lisa, spielen«, sagt Jenny.
    Lisa will nicht und schreit ein bisschen, als Jenny sie ins Gebüsch zieht, aber zum Glück hat Mama eine Nachbarin getroffen und hört vor lauter Reden gar nichts.

    »Jetzt wird es lustig, Lisa«, sagt Jenny, und da ist Lisa still. Sie freut sich immer, wenn die Großen mit ihr spielen.
    »Jetzt kommst du an den Pfahl«, sagt Jenny.
    Einen richtigen Marterpfahl haben sie leider nicht, aber es gibt viele schöne Äste, und an einem davon binden sie Lisas Hände mit Nikos Gürtel fest. Jenny hat eine Latzhose an, deshalb haben sie keinen Gürtel für Lisas Beine, aber Lisa bleibt auch so stehen und lacht.
    »Ei!«, schreit Lisa.
    »Und was machen die Indianer jetzt?«, fragt Niko.
    Jenny lutscht auf ihrer Unterlippe. Das weiß sie auch nicht so genau. »Vielleicht schneiden sie ein Ohr ab«, sagt sie.
    »Das geht nicht«, sagt Niko und ist ganz erschrocken.
    »Muss ja auch nicht«, sagt Jenny beruhigend. »Wir sind fröhliche Indianer. Wir tanzen nur.«
    Und dann fassen sie sich an und hüpfen vor Lisa herum, dass sie sich ausschütten will vor Lachen, und dazu singen sie ein selbst gemachtes Lied, das geht so: »Indiaaaner, bimbaaaner.« Das kann man sich gut merken.

    Aber dann will Lisa nicht mehr am Marterpfahl stehen und fängt an zu schreien. »Ab, ab!«, schreit sie. »Lisa ab!«
    »Das geht doch leider nicht, Lisa«, sagt Jenny und hockt sich vor Lisa hin. »Du bist doch die Leute! Du musst schön gefesselt bleiben!«
    Dann tanzen sie wieder, und jetzt heult Lisa laut wie ein Wolf, und dadurch wird alles erst richtig schön echt.

    »Indianer, bimbaner!«, schreien Jenny und Niko, aber da schreit hinter ihnen noch jemand anders, und das ist Jennys Mama.
    »Seid ihr denn verrückt geworden!«, schreit sie und bindet Lisa vom Ast. Dann nimmt sie sie auf den Arm und tröstet sie, und dabei sieht sie Jenny ganz böse an.
    »Wir haben ihr gar kein Ohr abgeschnitten, du«, sagt Niko und zupft Jennys Mama an der Jacke. »Kannst du selber sehen.« Aber Jennys Mama ist immer noch wütend, und auf dem Nachhauseweg schimpft sie die ganze Zeit.

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Heiraten

    In der Kirche gleich bei Jenny gegenüber heiraten manchmal Leute.
    Dann läuten die Glocken mitten in der Woche, und es kommen Autos mit Blumen drauf, und alle Männer und Frauen sind ganz besonders angezogen.
    »Was ist Heiraten, Mama?«, fragt Jenny und guckt sich die Frau im weißen Kleid mit Schleier an, die immerzu lächelt und wunderschön aussieht.
    »Das machen fast alle Leute«, sagt Mama. »Wenn sie erwachsen sind. Wenn zwei Menschen sich lieb haben und für ihr ganzes Leben zusammenbleiben wollen und vielleicht auch Kinder haben wollen, dann heiraten sie eben.«
    »Ja«, sagt Jenny. »Und ohne Heiraten kann man keine Kinder kriegen?«
    Mama denkt ein bisschen nach.
    »Doch«, sagt sie dann. »Das geht schon. Aber man tut es einfach nicht.«
    »Ich doch«, sagt Jenny, und sie denkt, dass sie später gerne viele Kinder zum Spielen haben möchte, aber so einen fremden Mann möchte sie bestimmt nicht. Höchstens Papa.
     
    »Und Kinder heiraten nicht?«, fragt Jenny, als sie am nächsten Morgen aus dem Küchenfenster eine Hochzeit anguckt.
    »Natürlich nicht«, sagt Mama ärgerlich.
    Das hat Jenny sich beinahe gedacht, aber hinter der Braut mit dem weißen Kleid sind wirklich ein ganz feierlicher Junge und ein ganz feierliches Mädchen in die Kirche gegangen, beide mit Blumenkörbchen in der Hand, und der Junge hatte einen Anzug mit richtigem Schlips an und das Mädchen ein weißes Kleid.

    »Manchmal heiraten
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