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Jenny ist meistens schön friedlich

Jenny ist meistens schön friedlich

Titel: Jenny ist meistens schön friedlich
Autoren: Kirsten Boie
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ist, und alle essen den Korb ratzeputze leer.

    »So ein gutes Picknick hatte ich schon lange nicht mehr«, sagt Papa und legt sich neben der Decke auf den Teppich, um sein Picknicknickerchen zu machen.
    »Geh mir aber nicht zu tief in den Wald, Jenny!«
    »Nee, nee«, sagt Jenny und pult die letzten Maiskörner aus der Schüssel. Dann spielt sie auf den Sesseln Tarzan. Lisa darf Affe sein, und Mama und Papa können gar nicht schimpfen, weil die Möbel in Wirklichkeit Lianen sind.
    »Dies ist nämlich ein Picknick im Urwald«, sagt Jenny und klettert noch schnell einmal auf den Tisch.
    Aber da guckt Mama wirklich böse, und Jenny springt doch lieber auf den Teppich zu Lisa.
    Vor dem Fenster regnet es immer noch.
    Jenny nickt zufrieden. Das kennt sie aus dem Fernsehen. »Regenwald«, sagt Jenny.

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Das Begräbnis

    Als Jenny bei Niko klingelt, um ihn zum Spielen abzuholen, macht nur seine Mutter die Tür auf.
    »Niko ist in seinem Zimmer«, sagt sie. »Es ist ein bisschen traurig bei uns heute, weißt du. Der Hamster ist letzte Nacht gestorben.«
    Im Kinderzimmer sitzt Niko auf dem Fußboden und weint. Auf seinen Knien hält er einen Schuhkarton, darin liegt der Hamster und rührt sich nicht mehr.
    Jenny bleibt neben Niko stehen. »Ist er richtig tot?«, flüstert sie.
    Niko weint weiter, dass es ihn schüttelt, aber er nickt dabei. Es ist klar, dass man ihn trösten muss, und Jenny weiß auch schon, wie.
    »Dann ist er jetzt in Wirklichkeit im Himmel, du, Niko«, sagt sie und setzt sich auch auf den Boden. »Da hat er es ganz bärig gut, sagt meine Mama.«
    »Deine Mama weiß ja gar nicht, dass er tot ist«, sagt Niko mit zittriger Stimme, aber er wischt sich jetzt wenigstens mit dem Handrücken die Nase sauber.

    »Nee,
das
nicht«, sagt Jenny überlegen. »Aber wo man hinkommt, wenn man tot ist, das weiß sie. In den Himmel. Alle kommen dahin, sagt meine Mama, und da haben sie es ganz bärig gut. Es ist schon ganz rammeldicke voll da oben.«
    »Ja?«, fragt Niko zweifelnd und guckt auf den flauschigen kleinen Körper im Schuhkarton. »Aber er ist doch noch da drin!«
    »Da musst du nicht hingucken«, sagt Jenny entschieden. »Mach den Deckel zu. Vielleicht kann er nur nicht in den Himmel abschwirren, weil du ihn immer anstarrst.«
    Niko nickt und macht den Deckel zu.
    »Wir warten mal«, sagt Jenny. Und nach einer Weile: »Jetzt können wir gucken, ob er schon weg ist.«
    Aber als sie den Deckel nur ein ganz kleines bisschen hochheben, um darunterzugucken, liegt der Hamster noch genauso auf den Sägespänen wie vorher.
    »Der braucht vielleicht länger«, sagt Jenny. »Ist ja auch ziemlich weit da hoch«, und dann warten sie wieder ein bisschen.
    »Als Erstes müssen wir ihn beerdigen«, sagt da Nikos Mutter. Sie steht hinter ihnen in der Tür und hält Nikos Sandspaten in der Hand. »Das gehört sich einfach so.«
    Jenny nickt. Dass man tote Leute beerdigt, hat sie auch schon gehört. »Vielleicht schwirrt er dann hinterher ab«, sagt sie, und Niko steht auf und hält den Schuhkarton ganz fest.
    Dann ziehen sie sich alle etwas Feierliches an, weil Nikos Mutter sagt, dass man das bei einem Begräbnis so macht. Und weil Jenny nichts Eigenes dahat, kriegt sie den langen schwarzen Seidenschal von Nikos Mama.
    Aus dem Wohnzimmer holen sie die Vase mit den Trockenblumen und die dicke Kerze, die immer oben auf dem Fernseher steht, und dann fahren sie mit dem Fahrstuhl nach unten und suchen sich auf dem Rasen einen schönen Platz, gleich neben dem Fahrradständer.
    Nikos Mama buddelt das Loch, weil sie am stärksten ist, und bei Frau Hofer im Erdgeschoss geht das Fenster auf.
    »Da wundert man sich, wenn die Kinder keine Manieren haben!«, schreit sie. »Aber wenn die leibhaftige Mutter hier im Rasen gräbt, dann braucht einen ja nichts mehr zu wundern!« Und sie will das Fenster schon wieder zuknallen.
    »Nikos Hamster ist tot«, sagt Nikos Mama und zeigt den Schuhkarton nach oben. »Wir müssen ihn begraben.« Und dann buddelt sie einfach weiter.
    Aber als sie gerade mit dem Buddeln fertig ist, kommt Frau Hofer aus dem Haus geschnauft. Sie bindet sich im Laufen ihre Schürze ab und schmeißt sie über den Fahrradständer. In der Hand hält sie eine lila Aster.

    »Mein Beileid«, sagt sie und streicht Niko über den Kopf. Dann stellt sie sich dazu, als ob das selbstverständlich wäre.
    »Wir fangen an«, sagt Nikos Mutter. Sie hebt den Schuhkarton über ihren Kopf, und plötzlich hat sie eine ganz feierliche
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