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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc
Autoren: mulder43
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Raleigh besuchen und mit ihnen Truthahn essen können. Oder meine Schwester und ihren Mann in Martinsville - Bens Eltern. Aber ich wollte dort sein, wo ich mich daheim gefühlt habe. Und das war mit Sicherheit nicht bei mir zu Hause.«
    »Als mein Vater todkrank war, haben meine Mutter und ich drei Feiertage im Krankenhaus zugebracht«, sagte Sachs.
    »Thanksgiving, Weihnachten und Neujahr. Paps hat noch darüber gewitzelt. Er hat gesagt, wir müssten uns rechtzeitig für Ostern anmelden. Aber so lange hat er nicht mehr gelebt.«
    »Ist Ihre Mutter noch am Leben?«
    »O ja. Die ist besserer Gesundheit als ich. Ich habe Paps' Arthritis geerbt. Nur in Schüben.« Beinahe hätte Sachs einen Scherz darüber gemacht, dass sie deswegen so gut schießen konnte - damit sie Straftätern nicht hinterherrennen musste. Aber dann musste sie an Jesse Corn denken, sah wieder den schwarzen Punkt auf seiner Stirn, als die Kugel einschlug, und hielt den Mund.
    »Er wird schon wieder«, sagte Lucy.
    »Ich meine Lincoln.«
    »Nein, ich weiß es nicht«, entgegnete Sachs.
    »Ich hab da so ein Gefühl. Wenn man so viel durchgemacht hat wie ich in Krankenhäusern, meine ich -, kriegt man ein gewisses Gespür für so was.«
    »Besten Dank«, sagte Sachs.
    »Was meinen Sie, wie lange es dauert?«, fragte Lucy. Eine Ewigkeit...
    »Vier Stunden, hat Dr. Weaver gesagt.« Von weitem hörten sie den blechernen, gestelzten Dialog einer Fernsehserie. Eine Durchsage für einen Arzt. Eine Glocke. Ein Lachen. Jemand ging an ihnen vorbei, hielt dann inne.
    »Hallo, die Damen.«
    »Lydia«, sagte Lucy lächelnd.
    »Wie geht es Ihnen?« Lydia Johansson. Sachs hatte sie zunächst nicht erkannt, da sie einen grünen Kittel samt Haube trug. Ihr fiel ein, dass die Frau hier als Schwester arbeitete.
    »Haben Sie's schon gehört?«, fragte Lucy.
    »Dass Jim und Steve festgenommen worden sind? Wer hätte das gedacht?«
    »Wirklich unglaublich«, sagte Lydia.
    »Die ganze Stadt redet darüber. Haben Sie einen Termin in der Onkologie?«, fragte sie dann Lucy.
    »Nein. Mr. Rhyme wird heute operiert. An der Wirbelsäule. Wir drücken ihm die Daumen.«
    »Na ja, dann wünsch ich ihm alles Gute«, sagte Lydia zu Sachs.
    »Vielen Dank.« Die dicke junge Frau ging weiter den Flur entlang, winkte und verschwand hinter einer Tür.
    »Liebes Mädchen«, sagte Sachs.
    »Können Sie sich vorstellen, was die leisten muss, als Schwester in der Onkologie? Als ich operiert wurde, war sie jeden Tag auf Station. Und immer so fröhlich. Die hat mehr Mumm als ich.« Doch Sachs war in Gedanken weit weg. Sie schaute auf die Uhr. Elf Uhr morgens. Die Operation musste jeden Moment beginnen. Er versuchte sich möglichst gut zu benehmen. Die Anästhesieschwester erklärte ihm allerlei Sachen, und Lincoln Rhyme nickte brav, aber man hatte ihm bereits Valium gegeben, sodass er kaum auf ihre Worte achtete. Am liebsten hätte er der Frau gesagt, sie solle still sein und einfach weitermachen, aber er nahm an, dass man lieber höflich zu den Menschen sein sollte, die einem gleich den Hals aufschneiden wollten.
    »Wirklich?«, sagte er, als sie kurz schwieg.
    »Ist ja interessant.« Er hatte keine Ahnung, was sie ihm gerade erzählt hatte. Dann kam ein Pfleger und rollte ihn vom Vorbereitungsraum in den eigentlichen OP. Zwei Schwestern verfrachteten ihn von der Bahre auf den Operationstisch. Eine ging zum anderen Ende des Zimmers und nahm allerlei Instrumente aus dem Autoklav. Der Operationssaal war bei weitem nicht so streng, wie er gedacht hatte. Natürlich waren da die üblichen grünen Kacheln, die Apparaturen aus Edelstahl, die Instrumente, die Schläuche. Aber auch allerhand Pappkartons. Und ein Kassettenrecorder. Er wollte schon fragen, welche Musik geboten wurde, doch dann fiel ihm ein, dass er sich keine Gedanken um die Untermalung machen musste, da er ohnehin eingeschläfert wurde.
    »Das ist ziemlich komisch«, murmelte er benommen einer Schwester zu, die neben ihm stand. Sie drehte sich um. Er konnte nur ihre Augen über dem Mundschutz sehen.
    »Was denn?«, fragte sie.
    »Man operiert mich an der einzigen Stelle, an der ich Narkose brauche. Den Blinddarm könnte man mir ohne rausschneiden.«
    »Wirklich komisch, Mr. Rhyme.« Er lachte kurz auf, dachte: Sie kennt mich also. Nachdenklich, wenn auch leicht benebelt, starrte er zur Decke. Lincoln Rhyme unterteilte die Menschen in zwei Kategorien: Einerseits diejenigen, die den Weg genossen, zum anderen die, denen es auf das Ziel ankam.
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