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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc
Autoren: mulder43
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sie einfach auf, sodass der eine Flügel an die Wand knallte. Lucy Kerr war hinter ihm. Der Richter blickte auf, bereit, den Eindringling zu tadeln. Als er den Rollstuhl sah, unterwarf er sich - wie die meisten Menschen -dem Gebot der Höflichkeit, das Rhyme so verabscheute, und sagte nichts. Er wandte sich wieder an Sachs.
    »Ich verurteile Sie hiermit zu fünf Jahren -«
    »Verzeihen Sie, Euer Ehren, sagte Rhyme.
    »Ich muss kurz mit der Angeklagten und ihrem Verteidiger sprechen.«
    »Nun«, grollte der Richter,
    »wir sind mitten in einem Verfahren. Sie können irgendwann in nächster Zeit mit ihr sprechen.«
    »Bei allem Respekt, Euer Ehren«, erwiderte Rhyme,
    »aber ich muss jetzt mit ihr sprechen.« Auch er grollte, aber viel lauter als der Richter. Wieder im Gerichtssaal, genau wie in alten Zeiten. Die meisten Menschen meinen, die Aufgabe eines Kriminalisten bestünde nur darin, Spuren zu finden und auszuwerten. Aber als Lincoln Rhyme Leiter der forensischen Abteilung der New Yorker Polizei gewesen war, hatte er fast ebenso viel Zeit mit Aussagen vor Gericht zugebracht wie im Labor. Er war ein guter sachverständiger Zeuge. (Blaine, seine Exgemahlin, hatte oftmals festgestellt, dass er es vorzog, vor Menschen aufzutreten sie eingeschlossen -, statt sich mit ihnen auseinander zu setzen.) Vorsichtig steuerte Rhyme zu dem Geländer, das die Tische der Anklagevertretung und der Verteidigung vom Zuschauerraum des Gerichtssaals trennte. Er schaute kurz zu Amelia Sachs, und der Anblick brach ihm fast das Herz. In den drei Tagen, die sie im Gefängnis saß, hatte sie eine Menge Gewicht verloren, und ihr Gesicht war fahl. Die roten Haare waren ungewaschen und zu einem strammen Dutt hochgerafft - so wie sie sie an Tatorten trug, damit die Spitzen keine Spuren verwischten. Dadurch wirkte ihr ansonsten so schönes Gesicht streng und abgespannt. Geberth ging zu Rhyme und kauerte sich neben ihn. Der Ermittler sprach ein paar Minuten mit ihm. Schließlich nickte Geberth und richtete sich wieder auf.
    »Euer Ehren, mir ist bewusst, dass es bei dieser Sitzung nur um die Höhe des Strafmaßes bei einem Schuldbekenntnis der Angeklagten geht. Aber ich möchte einen ungewöhnlichen Antrag stellen. Es gibt ein paar neue Erkenntnisse, die erst jetzt ans Licht -«
    »Die dürfen Sie in der Hauptverhandlung zur Sprache bringen«, versetzte der Richter,
    »falls Ihre Mandantin sich entschließen sollte, die Übereinkunft mit der Staatsanwaltschaft abzulehnen.«
    »Ich will keinen Antrag zur Beweisaufnahme an das hohe Gericht stellen. Ich möchte diese neuen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft unterbreiten und feststellen, ob mein werter Kollege bereit ist, sie in Erwägung zu ziehen.«
    »Zu welchem Zweck?«
    »Möglicherweise hat dies Auswirkungen auf die Anschuldigungen gegen meine Mandantin. Was wiederum dazu beitragen könnte«, fügte Geberth keck hinzu,
    »dass die Bürde der Verantwortung, die Euer Ehren zu tragen haben, etwas weniger beschwerlich sein wird.« Der Richter verdrehte die Augen, um kundzutun, dass man in diesen Breitengraden keinen Wert auf die schlauen Sprüche eines gewieften Yankees legte. Dennoch wandte er sich dem Anklagevertreter zu.
    »Nun?«, fragte er.
    »Was für Erkenntnisse sind das?«, fragte der Staatsanwalt Geberth.
    »Ein neuer Zeuge?« Rhyme konnte sich nicht beherrschen.
    »Nein«, sagte er.
    »Handfeste Beweise.«
    »Sind Sie dieser Lincoln Rhyme, von dem ich ständig höre?«, fragte der Richter. Als ob es zwei verkrüppelte Ermittler gäbe, die in diesem Staat ihr Handwerk ausübten.
    »Ja, der bin ich.«
    »Wo sind diese Beweise?«, fragte der Anklagevertreter.
    »In meinem Gewahrsam, in der Sheriff-Dienststelle des Bezirks Paquenoke«, sagte Lucy Kerr.
    »Sind Sie bereit, unter Eid auszusagen?«, fragte der Richter Rhyme.
    »Selbstverständlich.«
    »Ist die Staatsanwaltschaft damit einverstanden?«, fragte der Richter den Anklagevertreter.
    »Jawohl, Euer Ehren, aber wenn es sich hier nur um reine Taktik handelt, oder wenn sich herausstellen sollte, dass die Beweise bedeutungslos sind, werde ich Mr. Rhyme wegen unzulässiger Verzögerung eines laufenden Verfahrens belangen.« Der Richter dachte einen Moment lang nach.
    »Für das Protokoll«, sagte er dann.
    »Dies ist kein Bestandteil des laufenden Verfahrens. Das Gericht lässt lediglich eine eidesstattliche Aussage zur Beurteilung der vorliegenden Anklage zu. Die Befragung erfolgt gemäß der Strafprozessordnung des Staates North
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