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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End
Autoren: Devan Sipher
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zur nächsten Treppe. Endlich kam ich im Erdgeschoss an und raste durch eine Tür ins Foyer. Ich war gerade in vollem Galopp, als Alexander mir vom anderen Ende entgegenkam. Ich drehte um und rannte die Treppe wieder hinauf.
    Keuchend tigerte ich auf dem ersten Treppenabsatz hin und her. Ich hörte gedämpft die Orgel den Hochzeitsmarsch von Mendelssohn-Bartholdy spielen. Ein Trauermarschhätte meiner Meinung nach genauso gut gepasst. Ich spähte durch ein kleines Fenster in der Tür. Die Brautjungfern und die Brautführer stellten sich gerade im Foyer auf. Die Herren im dunkelgrauen Smoking, die Damen in hellgrauen Kleidern mit Flügelärmeln und jede mit einem Strauß weißer Orchideen. Plötzlich kam mir das alles so unabwendbar vor. Ich sollte einfach gehen. Sollte einfach warten, bis die Zeremonie begonnen hatte, und dann unauffällig verschwinden.
    Dann sah ich sie.
    In stufenförmig fallenden, weißen Tüll gehüllt schwebte sie wie eine Märchenprinzessin über den polierten Holzfußboden. Schlanke, nackte Arme. Ein besticktes Seidenkorsett. Das Gesicht von sanften Locken umrahmt. Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand und sie wie gebannt anstarrte. Ihre Trauzeugin betrat den Altarraum und schloss die antike Nussbaumtür hinter sich. Melinda war allein. Ich holte tief Luft. Man hat im Leben immer eine Wahl, und ich wollte mich für das Glück entscheiden. Ich öffnete die Tür. »Melinda«, sagte ich und trat einen Schritt auf sie zu.
    Sie fuhr überrascht zusammen.
    »Es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten.« Ich suchte in ihren Augen nach einem Zeichen der Ermutigung, sah jedoch nur Verwirrung und Verzweiflung. »Nur die, dass ich dich liebe, und das wahrscheinlich schon seit Silvester. Seit ich dich das erste Mal auf dieser Party gesehen habe.« Auf einmal erschien mir Sprache ein unzweckmäßiges Mittel, um zu kommunizieren. »Natürlich erinnere ich mich an dich. Ich erinnere mich sogar an deine ersten Worte. Du hast auf der Terrasse gestanden und gefragt, ob ich zufällig ein Bungeeseil dabeihätte. Du wolltest dort schnell abhauen. Ich bin dein Bungeeseil.Würde es zumindest gern sein. Ich will derjenige sein, mit dem du fliegen kannst und bei dem du dich trotzdem sicher fühlst.«
    Sie schwieg kurz.
    » Jetzt ?«, fragte sie dann. »Das sagst du mir jetzt ?« Sie schleuderte mir die Worte entgegen.
    »Besser spät als nie, oder?«
    Sie sah mich an, als wäre ich völlig verrückt geworden, und gab mir eine Ohrfeige. Eine ziemlich schmerzhafte. Damit hatte ich nicht gerechnet.
    Die Tür zum Altarraum wurde aufgestoßen, und während ich in die vierhundert Gesichter starrte, die sich mir zugewandt hatten, verpasste mir Alexander so richtig eine. Damit hingegen hätte ich rechnen sollen.
    Ich geriet ins Straucheln, und mir schoss der Gedanke durch den Kopf: Das ist eigentlich sein gutes Recht . Schließlich hatte ich mich auf seiner Hochzeit eingeschlichen. Blamierte ihn vor seiner Familie, seinen Freunden und dem Bürgermeister von New York. Mein Verhalten war inakzeptabel.
    Dann stürzte ich mich auf ihn und rammte ihm meinen Kopf in den Solarplexus. Oder zumindest in irgendetwas Knochiges in der unmittelbaren Nachbarschaft.
    Die Gäste kreischten und stoben auseinander. Er fiel hintenüber auf den weißen Läufer, der den Mittelgang entlangführte. Ich warf mich auf ihn, verweilte dort jedoch nur sehr kurz. Die Freunde des Bräutigams hatten mich blitzschnell wieder von ihm heruntergezerrt. Wenn ich sagen würde, sie hätten dabei auch ganz schön etwas abbekommen, wäre das gelogen. Ich wurde nach allen Regeln der Kunst verprügelt.
    »Hört auf!«, schrie Melinda.
    Ich sah Sterne. Ich hörte Sirenen. Okay, eine Sirene. Dielauter wurde und näher kam. Dann wurde mein Körper hochgehoben. Das war’s jetzt also? So fühlte es sich an, alles, was man hatte, der Liebe zu opfern? Falls ja, wieso taten mir dann die Arme weh? Dann wurde mir klar, dass mich zwei der Brautführer an den Armen hochgehievt hatten, damit mir Alexander noch einen letzten Schlag verpassen konnte.
    »Du hast vielleicht Nerven, hier einfach so aufzutauchen«, fauchte er. Er holte gerade so richtig aus, als ihn eine Faust am Kinn traf.
    Hopes Faust, um genau zu sein. Die Sirene des Krankenwagens heulte immer noch. Hope stand neben einer Trage, und neben dieser standen zwei Sanitäter und Liam, mit geschulterter Kamera. Alexander war noch damit beschäftigt, sich seinen Kiefer zu reiben, da versetzte ihm Hope schon den
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