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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer
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verärgert an. »Wir können nur zum Camp latschen. Und das mach ich nicht.«
    Joe dachte kurz nach. »Ich kenn einen, der weiß, wo dieses Lager ist. Und Pferde hab ich auch.«
    Barnum wollte gerade ablehnen, beherrschte sich dann aber.
    »Na ja, warum eigentlich nicht, wenn Sie’s schon anbieten. Wann können Sie loslegen?«
    Joe rieb sich das Kinn. »Heute Nachmittag. Ich muss meinen Pferdeanhänger holen und mich ausrüsten, aber ich bin ziemlich sicher, dass ich mich um zwei, drei Uhr auf den Weg machen kann.«
    »Nehmen Sie McLanahan mit. Ich sag ihm über Funk, dass er seinen Sattel und ein paar dicke Kanonen schnappen und seinen faulen Hintern herbewegen soll. Kann sein, dass ihr da oben handfeste Probleme bekommt. Wenigstens seid ihr dann besser bewaffnet als Mendes und Lensegrav.«
    Barnum nahm sein Mikro und wollte schon hineinsprechen, zögerte aber.
    »Wer ist das eigentlich, der weiß, wo das Jagdlager ist?«
    »Wacey Hedeman.«
    »Wacey Hedeman?«, zischte Barnum. »Der hat erklärt, dass er bei der nächsten Wahl gegen mich antritt. Dieser geföhnte Lackaffe.«
    Joe zuckte die Achseln. Wacey war Jagdaufseher des Nachbarbezirks, hatte aber vorübergehend auch im Twelve Sleep County seine Runden gedreht, als Vern Dunnegan schon aus dem Dienst geschieden und Joe noch nicht auf dessen Posten berufen war. Irgendwann
hatte Wacey mal alle Jagdlager der Ausrüster im Einzugsgebiet des Crazy Woman Creeks auf einer Karte eingetragen.
    »So ein verdammter Mist«, fauchte Barnum aufgebracht. »Ich hasse es, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen.«
    Der Sheriff fluchte nochmal und funkte Wendy an.
     
    Wacey ging zu Hause nicht ans Bürotelefon und antwortete auch nicht auf den Funkruf, aber Joe hatte eine ziemlich klare Vorstellung, wo er ihn finden würde. Bevor er im Pick-up auf die Suche ging, gab er Marybeth und seinen Töchtern einen Abschiedskuss. Lucy reagierte sehr gelangweilt darauf, denn egal, wann und warum - sie billigte es absolut nicht, wenn Joe das Haus verließ, und zeigte ihm das auf diese Weise. Lucy hatte vieles von dem, was ihre ältere Schwester mühsam gelernt hatte, nebenher aufgesogen oder wie im Flug mit leichter Hand aufgefangen. Weil sie für ihr Alter viel zu klug war, behandelte Joe Lucy oft wie einen erwachsenen Mitverschworenen, um so die vielen frühreifen Anwandlungen ihrer lebhaften älteren Schwester zu bekämpfen.
    Sheridan und Lucy waren verunsichert. Warum sollten sie denn ihr Zuhause verlassen? Marybeth erzählte ihnen gerade, wie aufregend es wäre, in einem Motel zu wohnen, aber sie waren noch nicht überzeugt.
    An der Tür kehrte Joe nochmal um. Sheridan beobachtete ihn scharf.
    »Alles klar, Liebling?«
    »Alles klar, Dad.«
    »Wenn du das nächste Mal sagst, du siehst ein Monster, werd ich dir glauben.«

    »Klar, Dad.«
    »Du denkst dran, wer morgen Abend kommt?«, fragte Marybeth.
    Daran hatte Joe nach diesem turbulenten Vormittag überhaupt nicht mehr gedacht.
    »Deine Mutter.«
    »Meine Mutter«, wiederholte Marybeth. »Bis dahin sind wir wieder hier. Und du hoffentlich auch.«
    Joe verzog das Gesicht.

4
    Während Marybeth im Schlafzimmer einen Koffer packte, tat Sheridan genau das, was sie nicht sollte - sie ging zum Beobachten ans Esszimmerfenster. Vorher überzeugte sie sich aber davon, dass Lucy noch immer in eine Decke gekuschelt vor dem Fernseher lag. Lucy würde ihre ältere Schwester doch nur zu gern verpfeifen.
    Der, den Dad Sheriff Barnum nannte, stand beim Holzstapel neben einem Mann, der auch Polizeiuniform trug. Er war jünger als der Sheriff, aber doch schon alt - wie Dad. Barnum hatte den Holzstapel im Rücken, zeigte in die Berge und redete. Sein Arm folgte den Gipfeln und dann der Straße, und die Augen des Jüngeren machten jede Bewegung treu mit. Sheridan konnte nicht hören, was der Sheriff sagte. Plötzlich kam Barnum aufs Haus zu, ganz bis zum Fenster. Sheridan war zu verängstigt, sich zu rühren. Über die Schulter rief er dem anderen zu, wie viele Schritte er gebraucht hatte. Und bevor er kehrtmachte, schaute er auf Sheridan runter und grinste. Das sollte bestimmt »Hau
bloß ab, Mädchen« heißen. Sie war sich nicht sicher, ob sie den Sheriff mochte. Seine blassen Augen jedenfalls mochte sie nicht. Zigaretten auch nicht - und die konnte sie sogar durch das Fliegengitter vor der Scheibe an ihm wittern.
    Barnum ging zum Holzstapel zurück, und Sheridan dachte daran, wie sehr sie von dem Gesehenen überrascht war. Wie konnte sich das, was sie
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