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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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Sangesbrüder im Kammerchor »Cassius Bastei«.
    »Na ja, wenn Sekretärinnen erst dienstags oder mittwochs fehlen, sind es meist die Tage. Montags, das wäre schlimmer. Plötzlich findet man sie nach dem verlängerten Wochenende beim Staatssicherheitsdienst im anderen Deutschland. Manchmal tauchen sie zur guten Sendezeit im DDR-Fernsehen auf. Als Stasi-Stars, und wir haben mächtigen Ärger mit unserem Verfassungsschutz.«
    »Karl, spiel nicht den Unkenbold.« Dr. Dederichs war erschreckt. »Keiner weiß so recht, ob sie gestern noch im Amt war. A-L zwo hat Urlaub und die Fournier schwirrt irgendwo im Hause rum, sollte man jedenfalls meinen. Semper wird stocksauer, wenn sie nicht bald auftaucht.«
    »Das kann ja heiter werden. Ich rufe im Botenzimmer an und schicke auch alle Sachbearbeiter los, wir müssen sie finden, tot oder lebendig.«
    »Nun spiel nicht schon wieder die Bundesunke.«
    Sie fanden sie nicht. Keine Spur von Brigitte Fournier. Ihre Kugelkopfschreibmaschine im Vorzimmer war noch mit der Schutzhülle bedeckt. Der Aktenschrank mit Kleiderteil war nicht verschlossen, aber leer.
    Am Montag hatte sie niemand gesehen. Sie war auch nicht im Ministerbüro aufgetaucht. Ihre Freundin Hedwig Bessener wußte nichts. Der Anruf im Appartement von Brigitte Fournier in der Tannenstraße auf dem Venusberg stieß ins Leere.
    Nun konnte Frau Limbach eine Fehlmeldung aufnehmen, mit hochgesetztem Sternchen, »rückwirkend« auf Montag. Sie mußte eine sehr ungewöhnliche neue Zeile hinzufügen: »Abwesend ohne Grund«.

 
    Kapitel 3
     
     
     
    »Der Vorsprung reicht aus! Am Freitag letzter Dienst, und dann mit den Geheimsachen auf und davon. Brigitte Fournier können wir abschreiben«, zürnte der Sicherheitsreferent Dr. Rimberger nach der Eröffnung des Sachverhalts durch den Bürovorsteher im kleinen Kreis.
    »Hätte denn das Hauptbüro oder der Personalreferent nicht früher entdecken können, wo ihre Mitarbeiter stecken? Verdammt, die haben doch am Arbeitsplatz zu sein! Das wird einen Stunk geben. Heute ist Dienstag. Eine schöne Bescherung zu später Stunde. Vier Tage zu ihren Gunsten, der Vorsprung ist zu groß.«
    Nun begann sich die Maschinerie »Staat« in Bewegung zu setzen.
    »Ich übernehme den Fall in meine Zuständigkeit«, verkündete Dr. Rimberger. In seiner Entscheidungsfreudigkeit ließ er sich von niemandem übertreffen. »Herrn Minister, Herrn Staatssekretär und den Zentralabteilungsleiter werde ich sofort benachrichtigen. Herr Minister ist in Griechenland. Wir erreichen ihn direkt im Hotel oder über unsere Botschaft. Die sollen mir in der Vermittlung eine Telex-Leitung freimachen, auch eine für das Ferngespräch vorab. In fünfzehn Minuten – fünfzehn sage ich –, der Zeitpunkt wird aktenkundig gemacht, Besprechung aller Betroffenen im Sicherheitsraum. Ich informiere Verfassungsschutz, Kripo und den Nachrichtendienst. Das Kanzleramt und der Innenminister sollen auch ihre Freude haben. Haben Sie alles, Frau Wenge?«
    Die Sekretärin zuckte unter der Stimme ihres Herrn zusammen. Seiner Härte waren nur wenige gewachsen. Sie auch nicht.
    »Jawohl, ja, alles aufgenommen.«
    »Dann raus mit den Meldungen – aber cellerissime! Und alles als Verschlußsache. Halt noch – und das gilt für jeden –, der Fall und alles, was dazugehört, wird als ›V.S.-Geheim‹ eingestuft. Wer nicht ermächtigt ist, hat seine Nase gefälligst draußen zu lassen und vor allem den Mund zu halten. Klar?«
    »Selbstverständlich, ja, Herr Dr. Rimberger.« Frau Wenge eilte zum Ausgang und hörte nur noch ein paar Wortfetzen.
    »… ist zum Kotzen mit diesen Weibern. Bumsen und Spionieren – was können die eigentlich sonst noch?«
    »Gut arbeiten auch, ohne Angst vor Überstunden – aber manchmal mit Angst vor dem Chef«, versuchte der Bürodirektor einzuwenden und sich schützend vor sein Personal zu stellen. »Sonst liefe der Laden ja wohl nicht so gut.«
    Wirkung zeigte diese Bemerkung bei Dr. Rimberger nicht.
    »Meine Urlaubspläne kann ich abschreiben und den Chef dieser Dame werden wir an der Algarve aufscheuchen. Vielleicht ruht die verlorengegangene Nixe dort auch am Strand. Weiß der Teufel, wo sie steckt. Meinen Job möchte ich haben!«
    Wenig später – in der Gerüchteküche des Amtes begann es bereits zu brodeln – waren im Sicherheitsraum alle versammelt, die zur Sache vielleicht etwas beitragen konnten: Ministerialdirigent Hans Semper, Dr. Robert Nattinger als früherer Chef von Brigitte Fournier,
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