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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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Zeitverschwendung. Wir werden uns konzentrieren müssen. Würden Sie so freundlich sein, Frau Wenge, diese Aufgabe zu übernehmen?«
    Die Sekretärin sah überrascht auf. »Aber ja, selbstverständlich.« Ein angenehmer Ton rief zur Pflicht. Das war neu für sie. Sie griff zum Stenogrammblock.
    »Herr Dederichs – Herr ›Doktor‹ Dederichs wie ich vermute.«
    Kopfnicken.
    »Was können Sie zur Person von Frau Brigitte Fournier sagen?« Ganz ruhig kam die einleitende Frage.
    »Frau Fournier ist eine ausgezeichnete Fachkraft, im Reisebüro ausgebildet, mit Auslandserfahrung, seit gut zehn Jahren im Ministerium. Mittelgroß, mittelblond, gepflegt, sehr gut proportioniert, fünfunddreißig Jahre alt. Sie ist sicher im Stenogramm und an der Maschine, beherrscht sämtliche Aufgaben im Vorzimmerdienst, spricht Englisch, Französisch, auch etwas Italienisch und Spanisch, seit vier Jahren bei Herrn Ministerialdirektor Henrik Aston, Leiter der Abteilung ›Europäische Integration^ Herr Aston ist zur Zeit im Urlaub an der Algarve. Frau Fournier hat auch für Herrn Ministerialdirigent Semper gearbeitet, etwas länger als ein Jahr.«
    »Wo war sie vorher?«
    »Anfangs wie üblich einige Zeit in der Zentralkanzlei und dann bei Herrn Dr. Nattinger, der in unserem Kreis anwesend ist.«
    Dr. Nattinger hob kurz die Hand. Kriminalrat Sörensen wandte sich direkt an ihn.
    »Ich sehe in der Organisationsspinne Ihr Referat Industrie- und Nuklearpolitik‹. Haben Sie das Referat schon geleitet, als Frau Fournier bei Ihnen war?«
    »Ja, ich mache das jetzt im neunten Jahr.«
    »Und bald sitzt er auf meiner Planstelle«, sagte Ministerialdirigent Semper mit kaum bewegten Lippen.
    So leise das auch gesagt war, Sörensen hatte es gehört und drehte ein wenig den Kopf, um Sempers Äußerung mit Blicken zu hinterfragen. Er spürte, reine Zuneigung sprach aus der Bemerkung nicht.
    »Industrie- und Nuklearpolitik, also Wirtschafts- und Atomfragen. Das ist ein empfindlicher Sicherheitsbereich. Dann müssen Sie auch mit den COCOM-Embargofragen des Osthandels zu tun gehabt haben. Halten Sie Frau Fournier für zuverlässig?«
    »Aber ja, immer. Das Coordinating Committee für West Trade Policy ressortiert allerdings beim Wirtschaftsministerium, nicht bei uns.«
    »War Frau Fournier besonders neugierig?«
    »Gewiß nicht. Sie wußte natürlich, was vorging und war bei mir schon V.S.-Geheim eingestuft.«
    »Auch Streng-Geheim oder Cosmic?«
    »Nein«, erklärte der Sicherheitsreferent. »Das ist nur auf mein Referat begrenzt. Fräulein Wenge ist für die Schreibarbeiten zuständig. Sie hat ohnehin kein Reisebedürfnis. Ist mir auch lieber so. Die Fournier ist immer unterwegs. Kontakte zu ausländischen V-Leuten sind da nicht schwierig.«
    Kriminalrat Sörensen forschte weiter. »Können wir in diesem vertraulichen Kreise auch über das Privatleben von Frau Fournier sprechen?«
    Es erhob sich kein Widerspruch, aber es kam auch keine Antwort, eher ein diskretes oder betretenes Schweigen.
    Dr. Dederichs unterbrach die peinlich werdende Stille. »Frau Fournier ist ledig, liebt den Umgang mit Menschen und hat – kann man wohl sagen – auch im Amt viele Freunde.«
    »Zu viele Freunde, da könnte sie auch viele Feinde haben. Ihr Draht nach oben ist manchem ein Dorn im Auge. Nach unten gehen die Beziehungen wohl auch sehr weit.« Sempers Worte waren eindeutig, zumindest zweideutig.
    »Um den kommenden Spekulationen das Geheimnisvolle zu nehmen«, fügte er hinzu, »sie war öfter draußen in der Eifel.«
    »Wieso in der Eifel?«
    »Da liegt unser Jagdhaus, so empfindet es jedenfalls die Unterabteilung, genauer meine Hütte. Am vergangenen Donnerstag haben wir uns dort gleich nach dem Dienst im kleinen Kreis getroffen, von wilden Tieren erzählt und einen drauf gemacht – wie das so üblich ist. Freitag hätten Sie mich in der Ressort-Besprechung erleben müssen in Vertretung von Sir Henrik. Ich war so angelsächsisch müde wie er. Brigitte Fournier war jedoch nicht mit von der Hüttenpartie. Sie wollte eigentlich kommen, hat sich aber nicht sehen lassen. Wir dachten schon, sie trauert Sir Henrik nach.«
    »Bitte, wer war noch dort?«
    »Hier, unser Kollege Nattinger, seine Frau Anne Rose, dazu Hedwig, ich meine Frau Bessener, die persönliche Referentin unseres Ministers. Der ist zur Zeit mit Fachbeamten in Griechenland.«
    »Das ist das Handicap einer Frau als persönliche Referentin bei einem Ministermann – viel reisen kann sie mit ihm nicht«, warf
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