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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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wenige Tage, dann würde Ministerialdirigent Hans Semper, sein Vorgesetzter, in den Ruhestand treten und den Platz freimachen, der ihm, einem Dr. Nattinger, wohl angemessen wäre. Die Weichen waren gestellt und Anne Rose sah die Früchte ihres Ehrgeizes reifen.
    Hans Semper, der immer noch sportliche Platzhirsch und interministerielle Schürzenjäger, hatte ohnehin sein Recht, erst mit dem letztmöglichen Tag zu gehen, in unangemessener Weise ausgeschöpft. Höchste Zeit auch, daß seine Jagdhütte in der Eifel nicht mehr für Referatsausflüge und Beförderungsfeiern der Mitarbeiter männlichen und weiblichen Geschlechts zur Verfügung stehen würde. In dieser Hütte war schon manche Personalentscheidung herangereift und manche Probezeit einer Sekretärin verkürzt worden.
    Im Hause wollte man noch wissen, daß Brigitte Fournier auch Mitarbeiterinnen recht gern habe. Sie wisse die ganz jungen Mädchen so verständnisvoll in den Arm zu nehmen, wenn sie erstmals im Vorzimmer zur Vertretung eingesetzt wurden und nervös an der elektrischen Schreibmaschine herumhantierten. Liebe im Amt sei für sie durchaus eine Frage der Gleichberechtigung. Die Beziehung zu Hedwig Bessener, der persönlichen Referentin des Ministers, schien zumindest mehrdeutig zu sein. Solche Gerüchte konnte aber auch der Neid geboren haben.
    Bewunderung zeigte man im Kollegenkreis für Brigitte Fourniers Reisen. Sie hatte ihre Chefs oft dienstlich begleitet, kannte sich aus in Paris, Rom, London und anderen Hauptstädten der westlichen Welt. Dabei kam ihr die Ausbildung in einem Reisebüro sehr zustatten. Zur Erholung wählte sie die Adria oder den Club Méditerranée. Noch mehr schien sie die Wälder der Eifel zu lieben.

 
    Kapitel 2
     
     
     
    Erst am Dienstag gegen 15 Uhr läutete das Telefon beim Personalreferenten Dr. Dederichs. Die Stimme von Ministerialdirigent Hans Semper klang jovial wie immer: »Sag er mal, Dederichs, wo steckt denn die Fournier? Sie wollte doch hierbleiben und mir zur Verfügung stehen oder im Ministerbüro aushelfen, solange ihr Sir Henrik an der Algarve wässert. Ich brauche ein paar Unterlagen aus ihrer Panzerkiste. Warum läuft das auch alles als Verschlußsache! Die Europagruppe will abermals ein Strategiepapier zusammenbasteln – und ich Ruhestandskandidat muß unseren Urlauber vertreten. Sir Henrik hat mir ausdrücklich gesagt, die Fournier habe den Schlüssel und kenne die Kombination.«
    »Ist es denn so dringend? Die wird schon wieder auftauchen.«
    »Ja, verdammt, leider. Für eine geheime Verschlußsachentante habe ich sie eigentlich noch nie gehalten. Oder gibt’s hier jemanden im Amt, der das meint? Unsere Jungfrau soll mal bald hier antanzen und mir ihre Panzerkiste öffnen.«
    »Ich werd’ mich gleich darum kümmern«, sagte Dr. Dederichs und ließ Frau Limbach kommen, die ganz penibel die Abwesenheitsliste führte. Abwesend durch Krankheit, abwesend in Kur, abwesend auf Dienstreise, abwesend im Urlaub. Brigitte Fournier war nicht darunter.
    »Wer meldet Ihnen, wenn eine Sekretärin fehlt?«
    »Im allgemeinen die Referatsleiter. Auch die Abteilungsleiter rufen immer gleich an, wenn einer von ihnen allein gelassen wird. Aber bei der Fournier – ich weiß nicht –, ihr Chef hat Urlaub. Da soll sie wohl im Hause herumschwirren.«
    »War sie denn gestern, am Montag, im Dienst?«
    »Muß sie doch wohl«, meinte Frau Limbach. »Ich habe sie ja nicht in der Liste. Fehlmeldung liegt nicht vor.«
    Dr. Dederichs griff zum Telefon. Bürodirektor Karl Runge, zuständig für den Einsatz der Schreibkräfte, hob sofort ab.
    »Karl, grüß dich. Sag mir, wo die Blume ist. Die Fournier wird gesucht. Unser Komiker Semper braucht V.S.-Unterlagen aus dem Panzerschrank. Sie hat den Schlüssel. Du müßtest doch eigentlich ein Zweitstück haben.«
    »Nein, nichts mehr da. Den alten Kasten hat der Bund irgendwann nach dem Kriege von einer ehemaligen Wehrmachtsdienststelle übernommen. Es gibt nur noch den einen Schlüssel bei der Fournier. Wir haben schon einmal ein Reservestück bestellen wollen. Aber dann hat keiner mehr daran gedacht. Die Schränke werden alle aus dem Verkehr gezogen und stehen nur noch im Wege.«
    »Du hast es schwer mit deinem tippenden Harem. Entweder trinken sie Kaffee, laufen im Hause herum oder sind in Mutterschaft.«
    »Oder sie blockieren die Telefonleitungen«, ergänzte Karl Runge. Sie waren alte Freunde, der Personalreferent und der Bürodirektor des Ministeriums und auch noch
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