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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
Autoren: Roland Smith
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mit keiner Wimper gezuckt hatte. Sie wirkte genauso ruhig und gelassen wie an dem Tag in der Bibliothek auf Cryptos, als Grace sie kennengelernt hatte. Als Letztes wanderte ihr Blick zu Butch. Sie bezweifelte keine Sekunde, dass Butch Laurel und Marty umbringen würde, sobald sein Kumpan unten im Moonpool ihn an Deck brachte. Ein einfaches Nicken seitens ihres Großvaters würde reichen.
    Mit diesem grauenhaften Gedanken im Kopf entriss Grace Wolfe ihre Hand und rannte zurück zu Yvonne. »Ich will bei meinem Großvater leben«, rief sie.
    Reflexhaft packte Yvonne sie am Arm und hielt sie fest.
    »Das kannst du doch nicht ernst meinen!«, schrie Wolfe.
    »Doch, das meine ich ernst!« Grace nickte Yvonne zu. »Und jetzt lassen Sie uns gehen, bevor ich meine Meinung ändere.«
    Butch stieß Laurel von sich weg und folgte Grace und Yvonne zur Landeplattform, während Wolfe ihnen hilflos hinterherstarrte.
    In diesem Moment kam Luther an Deck gerannt. »Bist du verrückt?«, rief er Grace zu.
    »Erinnere Marty daran, dass er den Arm des Affen gedrückt hat«, schrie Grace zurück.
    »Häh?«
    »Richte es ihm einfach aus!«
    »Okay!«
    Eigentlich war Luther mitnichten an Deck gerast, weil er sich Sorgen um Grace’ Geisteszustand machte. Er war gekommen, um Blackwoods Abflug hinauszuzögern, denn er wusste, dass Marty, Ted und Lepod das letzte Sprengstoffpaket noch nicht gefunden hatten. Aber jetzt fragte er sich auf einmal doch, ob in Grace’ Oberstübchen nicht ein paar Sicherungen durchgebrannt waren. Was redete sie da für wirres Zeug? Luther hätte ihr gerne gesagt, dass Marty frei auf dem Schiff herumlief, aber ebenso wie Wolfe wusste er, dass er den Mund halten musste.
    Die Männer hoben Grace auf die Hubschrauberplattform. Dort griff Noah Blackwood nach der Hand seiner Enkelin, riss ihr die blaue Kennmarke ab und schleuderte sie zu Boden. »Die brauchst du jetzt nicht mehr. In der Arche Noah halten wir Menschen nicht wie Hunde.«
    Aber Luther war noch aus einem anderen Grund aus seinem Versteck gekommen. »Grace!«, brüllte er. »Lass dir von dem alten Knacker nicht die Flügel stutzen, hörst du? Bleib eine Libelle!«
    »Was?«
    »Ich sagte: Bleib eine Libelle!«
    Grace spürte, wie irgendetwas Kleines, Zartes in ihre Blusentasche glitt. Aber sie hütete sich nachzuschauen, um nicht die Aufmerksamkeit ihres Großvaters darauf zu lenken. »Das werde ich, Luther, danke!«
    »Was ist mit Pepper?«, rief da einer von Blackwoods Männern.
    Luther stieß einen leisen Fluch aus. Jetzt bringt es nichts mehr, ihnen irgendetwas vorzuspielen, dachte er. Die sind bereit zum Abheben.
    »Der ist verhindert, fürchte ich«, brüllte er zurück. »Der isst gerade mit einem Riesenkalmar zu Mittag.«
    »Na, ich schätze mal, dann sind wir jetzt quitt«, grinste Butch. »Ich hab Roy bekommen, ihr Pepper.«
    Ein paar Sekunden später kletterte Butch als Letzter in den Hubschrauber. Während des Einsteigens überlegte er kurz, Laurel zu erschießen – einfach nur, um sich über Wolfes dummes Gesicht zu amüsieren. Aber letztlich entschied er sich dagegen. Der Verlust seiner Tochter entstellte Wolfes Gesicht schon genug – und in wenigen Minuten würde er ohnehin tot sein, ebenso wie der Rest der Besatzung.
    Der Helikopter hob ab, und im selben Moment wuselten TH, Congo und Bo an Deck.
    Bo schlenkerte in der einen Hand eine braune Perücke, in der anderen einen grauen Klumpen, der wie Lehm aussah.
    Reflexhaft zog sich Luther hinter Alfs breiten Rücken zurück, aber Bo schien sich nicht im Mindesten für seinen Haarschopf zu interessieren. Sie schien auch nicht mehr annähernd so wild zu sein wie noch vor ein paar Stunden.
    Als Wolfe zu ihr trat, versteckte sie die Perücke sofort hinter ihrem Rücken.
    »Die Haare kannst du behalten«, sagte Wolfe. »Gib mir einfach das andere Ding.«
    Folgsam reichte ihm Bo den grauen Klumpen. Es war ein Päckchen C-4, aus dem zwei lose Drähte heraushingen, ein blauer und ein roter.
    Angewidert schleuderte Wolfe den Klumpen über Bord, dann drückte er die Sprechtaste seines Funkgeräts: »Die letzte Sprengladung hatte Bo. Sie hat sie unschädlich gemacht.«
    »Na, was für ein Glück, dass sie die Drähte in der richtigen Reihenfolge rausgezogen hat«, war Teds nüchterner Kommentar.
    »Das Wort ›Glück‹ ist an einem Tag wie heute völlig fehl am Platz«, sagte Wolfe. »Blackwood hat Grace.«
    »Oh, das tut mir leid«, sagte Ted leise. »Ich komme rauf.«

Grace ist weg
    Als Ted zum Heck
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