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Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)

Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)

Titel: Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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gelesen hatte.
    Jeder dieser übergroßen Wälzer enthielt genau einen Jahrgang der LONDON EXPRESS NEWS. Daneben lag eine Hängemappe. Auf einem kleinen Schild stand Carrington, Nevins und Brolin!
    "Komisch", sagte ich.
    Er blickte auf.
    "Was?"
    Ich deutete auf seine Lektüre. "Genau die Sachen habe ich auch gesucht..."
    "So ein Zufall."
    Ich umrundete den Tisch und wollte sehen, für welche Ausgabe und welchen Artikel er sich interessierte.
    Vorher schlug er den Band zu.
    "Bitte!" sagte er. "Sie können die Sachen haben."
    Ich deutete auf die Mappe mit der Aufschrift Carrington, Nevins und Brolin.
    "Sagen Sie bloß, die haben Jürgen Klinsmann bei seinen Vertragsverhandlungen beraten... Ich dachte immer, die würden sich nur mit Strafrecht befassen."
    "Auch wenn jemand, der unsere Zeitung aufschlägt es kaum glauben mag - es gibt noch ein paar andere Dinge als Fußball!"

    "Zum Beispiel?"
    Er erhob sich. Wir standen genau gegenüber. So dicht, daß ich sein After Shave riechen konnte. Ich blickte ihm in die Augen. Und er erwiderte diesen Blick auf seine ruhige, Gelassenheit ausstrahlende Art und Weise.
    "Langsam begreife ich, weshalb Sie bei Mr. Swann so ein Stein im Brett haben..."
    "Ach, ja?"
    "Sie sind eine wirklich gute Reporterin."
    "Sie schmeicheln!"
    "Aber nein! Wer so fragen kann wie Sie! Ich wette, wer von Ihnen in einem Interview in Ihre charmante Zange genommen wird, hat schon alles verraten, ehe er es selbst gemerkt hat!" Ich schenkte ihm ein Lächeln. Er erwiderte es.
    Dann sagte ich: "Und bei Ihnen könnte man denken, daß Sie mal auf der anderen Seite tätig waren..."
    "Was für eine andere Seite?"
    Ich zuckte die Schultern. "Politiker, Prominente, Sportler, all die Leute, denen wir Fragen stellen. Sie scheinen perfekt darin zu sein, solchen Fragen auszuweichen!"

    Tom hob die Hände.
    "Aber wie ich sehe, hätte ich bei Ihrem Scharfsinn keine Chance... Nur gut, daß Sie mich nicht interviewen!"
    "Vielleicht sollte ich das mal..."
    Er sah auf die Uhr. "Tut mir leid, ich habe jetzt noch einen dringenden Termin.
    "Oh, jetzt enttäuschen Sie mich aber!"
    "Tut mir leid..."
    Er faßte mich bei den Schulten und schob mich sanft zur Seite.
    "Tom?"
    Er war schon bei der Tür und drehte sich nun noch einmal herum.
    "Ja?"
    "Diese Art, einer Frage auszuweichen ist doch eigentlich unter Ihrem Niveau!"
    Er lachte.
    "Bis dann, Patricia!"

    *
    An diesem Abend kam ich relativ früh aus der Redaktion nach Hause. Ich parkte den roten Mercedes 190 in der Einfahrt von Tante Lizzys viktorianischer Villa und stieg aus. Der Nieselregen, der über den Tag hinweg immer mal wieder von dem grauen, unfreundlichen Himmel heruntergekommen war, war inzwischen verebbt. Dafür wurde der Nebel dichter.
    Unterwegs hatte ich kurz die Wettervorhersage gehört und so wußte ich, daß kaum ein Anlaß zur Hoffnung bestand.
    Zumindest, was das Wetter anging.
    Ich ging zur Haustür.
    Einen Augenblick brauchte ich noch, ehe ich den Schlüssel aus meiner übervollen Handtasche herausgekramt hatte. Dann steckte ich ihn ins Schloß und öffnete. Ich trat ein und ging einen langgezogenen Flur entlang. Zu beiden Seiten waren Bücherregale, in denen sich dicke, staubige Folianten Aneinander drängten. Dazwischen waren immer wieder eigenartige Gegenstände zu sehen. Geistermasken, kleine Totemstatuen aus tropischem Hartholz, deren tierhafte Gesichter den Betrachter grimmig anstarrten und ein seltsames Mobile aus kleinen Kristallkugeln.
    Für jeden Fremden mußte diese Villa und ihr Inneres befremdlich wirken. Eine Mischung aus überquellender Bibliothek und Geisterbahn. Aber mir war das alles nur zu gut vertraut. Seit meinem zwölften Lebensjahr lebte ich bei meiner Großtante Elizabeth Vanhelsing, die ich Tante Lizzy nannte.
    Seit dem frühen Tod meiner Eltern hatte sie mich wie eine eigene Tochter großgezogen.
    Und auch jetzt, da ich längst eine junge, selbstständige Frau war, die durch ihren Job auch finanziell auf eigenen Füßen stand, lebte ich noch hier. Das Verhältnis zwischen Tante Lizzy und mir hatte sich mit den Jahren gewandelt. War sie zunächst der fürsorgliche Mutterersatz gewesen, so war sie längst mehr zu einer Art Vertrauten und Freundin geworden. Und oft half sie mir bei meinen Recherchen, insbesondere dann, wenn es um Stories ging, bei denen übersinnliche Phänomene oder mysteriöse Erscheinungen im Mittelpunkt standen.
    Dafür hatte Tante Lizzy nämlich von jeher ein besonderes Faible gehabt - möglicherweise auch durch die
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