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Jack Taylor liegt falsch

Jack Taylor liegt falsch

Titel: Jack Taylor liegt falsch
Autoren: Ken Bruen
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und begann, sich auszuwickeln. Auch ich begann mich zu entwirren. Ich hatte seit vier Tagen keine Linie mehr gehabt. Keine Abstinenz, sondern mein Dealer war verhaftet worden. Mein Geschniefe hatte nichts mit Temperatur zu tun. Mir war kalt, innen wie außen, und ich fragte:
    »Was darf es sein?«
    »Oh, heißer Grog, bin ich korrekt?«
    »Sind Sie das je?«
    Der Barmann/Chef war ein Suffsack. Merkmale: aufgedunsenes Gesicht, erschöpfter Anzug und zu enge Ringe mit je einem Gold-Sovereign. Er dröhnte:
    »Und auch Ihnen einen guten Abend, Sir.«
    »Öhm, genau, zwei Heiße, aber bitte eher auch groß e … Ach, und für Sie selbst auch was, bitte.«
    Die Schönheit des englischen Systems, das dienstliche Saufen. Hatte mich meine Karriere gekostet. Er nahm einen großen Brandy und sagte:
    »Dann wäre ich mal eben so frei.«
    Kiki saß fast im Feuer. Ich sagte:
    »Du heiß?«
    »Du wünschst.«
    Ich bin zu alt für Kraftwerk-Sex. Aber da und dort spürte ich eine gespenstartige Anmutung davon. Gab ihr das Getränk, sagte:
    »Sláinte.«
    »Wie bitte?«
    »Das ist Irisch.«
    »Das ist wunderhübsch.«
    Normalerweise lasse ich Whiskey zufrieden. Kein Eis, kein Wasser, unverdünnt wie ein Engelchen. Diese heißen Vertreter allerdings waren echt gut. Wir bekamen eine weitere Runde, konnte die Wärme bis in die Zehen spüren. Ich fragte:
    »Woher sind Sie?«
    »Hamburg.«
    Ich bin sicher, darauf gibt es eine kluge Erwiderung, bestimmt sogar etwas Markiges, aber ich kriegte es nicht zusammen. Mir fielen nur die Fawlty Towers ein: »Nicht den Krieg erwähnen.« Ich sagte:
    »Ah.«
    Sie studierte mich eingehend, dann:
    »Dreiundfünfzig.«
    »Was?«
    »Sie sind dreiundfünfzig.«
    Eigentlich wollte ich das erst noch werden. Ich sagte: »Neunundvierzig.«
    Sie glaubte mir nicht. Dann passierte etwas überaus Seltsames. Im Kopf konnte ich die Furey Brothers mit »When You Were Sweet Sixteen« hören. Nicht nur ein paar Takte, nein, das ganze Lied. Das Lied übertönte kurz alles andere. Ich sah, wie Kikis Lippen sich bewegten, konnte aber nichts hören. Schüttelte den Kopf, und es ebbte ab. Sie sagte gerade:
    »Würden Sie mit mir schlafen?«

W ieder wurde ein tinker umgebracht. Ich hatte verschlafen, wachte desorientiert auf. Wo zum Teufel war ich? Ein gemütliches Bett, sauberes Zimmer, Chintzvorhänge. Hidden Valley. Scheiße, ich war Hausbesitzer. Das Gefühl gefiel mir. Duschte ganz langsam, der Kater war vertretbar, es ging mir gar nicht schlecht. Zog mir eine Trainingshose und das BRIXTON ACADEMY -Sweatshirt an. Ging barfuß, um was von den Holzfußböden zu haben. Machte mir Spiegeleier und, als Bonus, echten Kaffee. Die Küche duftete. Ich träufelte mir etwas Harley drauf und roch nun ebenfalls gut.
    Stellte das Radio an, und es lief gerade die Stunde der alten Rockmusik. Hörte Chicago und Supertramp. Kam gut.
    Es klingelte. Öffnete. Es war Sweeper. Er rief mit einer Riesenwut:
    »Haben Sie’s schon gehört?«
    »Was gehört?«
    »Es wurde wieder einer unserer Leute umgebracht.«
    »Oh Gott.«
    Er stürmte herein. Ich schloss die Tür und machte vorsichtig weiter. Er starrte meine Eier an. Ich fragte:
    »Möchten Sie auch was?«
    »Tee, bitte.«
    Er setzte sich und zog eine Zigarette hervor. Kein Paket, nur eine zerknitterte Lulle. Ich gab ihm das Zippo, und er sagte:
    »Sechs Monate hab ich gebraucht, um’s mir abzugewöhnen.«
    Dann zündete er sie sich an. Ich gab ihm seinen Tee, steckte mir eine Rote an. Meine Eier waren erstarrt. Er sagte:
    »Ich habe Ihnen das Frühstück versaut.«
    »Keine Sorge, ich hasse Eier.«
    Ich befragte ihn nicht nach Einzelheiten, ich ließ ihn selber drauf kommen. Er sagte:
    »Sean Nos war mein Neffe. Ich habe ihm sein erstes Wohnmobil gekauft. Gestern Nacht wurde er nackt auf dem Fair Green gefunden; seine Hand war abgehackt.«
    »Heiland.«
    »Haben ihn verbluten lassen.«
    Er griff unter sich und berührte eine Adidas-Tragetasche. Ich hatte sie nicht bemerkt. Er zog die Tasche über den Fußboden, sagte:
    »Machen Sie sie auf.«
    »Ich glaube nicht.«
    »Machen Sie sie auf, Mr Taylor.«
    Ich bückte mich, atmete tief ein und zog dann den Reißverschluss zurück. Sah die blutbefleckte Hand. Der Fluch der persönlichen Inaugenscheinnahme. Doch während mein Magen sich umdrehte, hakte mein Geist Einzelheiten ab. Die Nägel waren sauber, ein dicker Ehering am Ringfinger, schwarze Haare nahe dem grausamen Einschnitt. Drehte mich um, stellte das kalte Wasser an, steckte den Kopf
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