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Jack Taylor liegt falsch

Jack Taylor liegt falsch

Titel: Jack Taylor liegt falsch
Autoren: Ken Bruen
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unter Dach und Fach bringen konnte, wenn ich sagte:
    »Wir mögen die Engländer nicht.«
    Vielleicht war es seine Lache oder der Rum, vielleicht lag es sogar an Brixton. Ich streckte die Hand aus und sagte:
    »Ich bin Jack Taylor.«
    Er schlug ein, sagte:
    »Keegan.«
    »Sonst nichts?«
    »Außer man zählt Detective Sergeant mit.«
    Er pfiff einer Frau, sie kam angetrabt. So viel Rum gab es gar nicht, dass man sie je als hübsch hätte bezeichnen können. Was sie verströmte, war Sex, massenhaft Sex. Er legte ihr die Hand auf den Arsch und fragte:
    »Wie heißt du noch mal, Liebling?«
    »Rhoda.«
    »Rhoda, dies ist Jack Taylor. Er ermittelt verdeckt für die irische Polizei.«
    Sie lächelte umfassend. Sie hatte jede müde Textzeile gehört, die eine Parade müder Männer je abgelassen hatte. Er klatschte ihr auf den Arsch und sagte:
    »Geh dir die Nase pudern, Süße. Wir reden über Jungsthemen.«
    Er sah ihr beim Abhauen nach, fragte dann:
    »Also, Jac k … , wie wär’s mit einem scharfen Ritt?«

L ondon bietet nichts, was man sich ersehnt. E. B. White schrieb über New York:
    »Vor allem anderen bietet es einem die Chance, Glück zu haben.«
    London behauptet das nicht ganz so sehr von sich, aber es kommt ihm nah. Es überrascht einen immer wieder. Ich wollte Bildung.
    Meine Lektüre, ausgedehnt, vielleicht erschöpfend, war willkürlich. Ich wollte etwas Zug reinbringen. Schrieb mich für Abendkurse im London College ein. Belegte Philosophie und Literatur. Immerhin hatte ich einen Bart. Besorgte mir bei Oxfam einen Schal, alles nach Art der Studenten. Ich war nicht der älteste, sah aber bestimmt am verhauensten aus. London im November ist nicht jedermanns Sache. Wenn man über den Ladbroke Grove geht, und der Wind heult einem ins Gesicht, wird man tiefgefroren. Mein Wohnschlafzimmer war auf dem neuesten Stand der Trostlosigkeit. Ein Bett, ein Stuhl, Heizlüfter und Dusche. Ja, ein Ein-Platten-Herd. Das Zimmer hatte eine Velourstapete, ohne Scheiß jetzt. Um das Elend noch zu verschlimmern, hatte ich Patrick Hamilton gelesen, Hangover Square. Schlimme Kost. Er schrieb: »Den von Gott Verlassenen wird ein Gasfeuer in Earls Court zuteil.« Ich hätte Earls Court metzeln können.
    Es gibt ein magisches irisches Wort, sneachta. Sprechen Sie’s »Schnä CH te« aus, mit reichlich Kehllaut. Es bedeutet Schnee. An meinem ersten Abend im College gab es scheißeweise davon. Harsch, wie der Name schon sagt, und unnachgiebig. Ich trug schwarze 501er, Thermosocken, Arbeitsschuhe, kariertes Hemd, Jeansjacke. Darüber hatte ich den Ledermantel und ein Strickmützchen. Kalt war mir trotzdem. Erinnern Sie sich an Polizeirevier Hill Street, den verdeckten Ermittler, der Verdächtige anschnauzt und »Hundeatem!« schreit? So sah ich aus. Kaum verführerisch, aber geklappt hat es trotzdem. Zumindest glaubte ich, es hätte geklappt. Nichts hätte mir fernergelegen. Ann Henderson, in Galway, hatte mir das Herz zerschmettert. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Tachostand für eine weitere Frau reichte.
    Der Dozent war ein Arschloch. Ebenfalls mit Bart. Er behandelte uns wie Schmutz. Da war ich vielleicht betrübt. Er märte sich über Trollope aus, und ich schaltete ab. Immerhin war es warm. Ich hatte eine dunkelhaarige Frau zu meiner Linken angeglotzt. Anfang vierzig mit starkem Gesicht und teigiger Haut. Unter einer schweren Parka vermutete ich einen üppigen Leib. Sie hatte meinen Blick bemerkt, gezaudert, war drauf eingestiegen. Nach dem Unterricht verteilte der Typ Aufgaben. Die Frau drehte sich zu mir um und sagte, auf Deutsch:
    »Guten Tag, Gedichte und Briefe zweisprachig.«
    »Was?«
    »Emily Dickinson, mein Spezialgebiet.«
    »Wenn Sie’s sagen.«
    Sie streckte die Hand aus, sagte:
    »Kiki.«
    Man zeigt sofort, wie alt man ist, wenn man »Kiki Dee« denkt. Ich sagte:
    »Jack Taylor.«
    »Also, Jack Taylor, würden Sie mich auf einen Drink begleiten?«
    »Ich werd’s versuchen.«
    Sie hatte einen Akzent wie eine Europäerin, die Englisch in Amerika gelernt hat. Nicht unangenehm.
    Englische Pubs haben etwas Erhabenes. Total anders als die irische Kneipe. Ich sage es nur sehr ungern, aber sie machen einen so behaglichen Eindruck. Schließlich haben sie uns mit dem Fachausdruck »snug«, muckelig, für unsere Einzelsäuferkojen beschenkt. Gegen die Kälte verschalt, sagten wir auf der kurzen Strecke zum Pub kein einziges Wort. Drin tauten wir im wahrsten Sinne des Wortes auf. Sie stand vor einem offenen Kamin
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