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Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten

Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten

Titel: Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
Autoren: Tom Clancy
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auf eine dumpfe, unbestimmte Weise, die noch einiges versprach. Er hatte einen Geschmack im Mund wie ein Pißbecken, und der Rest seines Körpers war steif und wund. Er wandte den Kopf zur anderen Seite.
    «Ist da jemand?» fragte er schwach.
    «Oh, hallo.» An der Bettkante erschien ein Gesicht. Jünger als Ryan, etwa Mitte zwanzig, schlank. Er hatte die Krawatte gelockert, und unter dem Sakko konnte man den Rand eines Schulterhalfters sehen. «Wie fühlen Sie sich, Sir?»
    Ryan versuchte zu lächeln, ohne sich des Erfolgs sicher zu sein. «Ungefähr so, wie ich aussehe, nehme ich an. Wo bin ich, wer sind Sie - aber zuerst hätte ich gern ein Glas Wasser.»
    Der Kriminalbeamte goß Eiswasser aus einer Plastikkanne in einen Plastikbecher. Ryan langte mit der rechten Hand danach, ehe er bemerkte, daß sie anders als beim letzten Aufwachen nicht angebunden war. Jetzt konnte er fühlen, wo der Katheter gewesen war. Gierig sog er das Wasser durch den Strohhalm auf. Es war nur Wasser, aber kein Bier nach harter Arbeit hatte je besser geschmeckt. «Danke, mein Sohn.»
    «Ich heiße Anthony Wilson. Ich soll auf Sie aufpassen. Sie sind in der VIP-Suite des St. Thomas Hospital. Erinnern Sie sich, warum Sie hier sind, Sir?»
    «Ja, ich glaube.» Ryan nickte. «Könnten Sie mich von diesem Ding loshaken? Ich muß mal.»
    «Ich läute nach der Schwester - da.» Wilson drückte auf den Knopf, der an den Rand von Ryans Kopfkissen geklammert war.
    Weniger als fünfzehn Sekunden später kam eine Schwester ins Zimmer und knipste die Deckenbeleuchtung an. Grelles Licht blendete Jack einen Moment lang, ehe er sah, daß eine neue Schwester eingetreten war, nicht Bette Davis. Diese war jung und hübsch, mit dem eifrigen fürsorglichen Ausdruck, der für Krankenschwestern typisch ist. Ryan kannte ihn von früher und mochte ihn nicht leiden.
    «Oh, wir sind wach», sagte sie munter. «Wie geht es uns heute?»
    «Fabelhaft», brummte Ryan. «Könnten Sie mich loshaken? Ich muß aufs Klo.»
    «Wir dürfen noch nicht aufstehen, Doktor Ryan.» Sie hatten ihr sogar eingetrichtert, daß er einen Doktortitel hatte. Ob sie auch schon wußte, daß er nur Historiker war? «Warten Sie, ich hole Ihnen was.» Sie lief aus dem Zimmer, ehe er widersprechen konnte. Wilson sah ihr anerkennend nach. Bullen und Krankenschwestern, dachte Ryan. Sein Dad hatte eine Krankenschwester geheiratet; er hatte sie kennengelernt, als er einen Angeschossenen in der Notaufnahme eingeliefert hatte.
    Die Schwester - auf dem Namensschild stand KITTIWAKE - kam in weniger als einer Minute mit einer Nirosta-Bettente zurück, die sie wie ein kostbares Geschenk trug. Was es unter diesen Umständen auch ist, räumte Ryan stumm ein. Sie schlug die Decke zurück, und Jack wurde plötzlich klar, daß er das Krankenhausnachthemd nicht richtig anhatte - es war nur am Hals zugebunden, und zu allem Überfluß traf die Schwester nun auch noch die notwendigen Vorbereitungen, damit er die Ente benutzen konnte. Seine rechte Hand sauste nach unten, um sie ihr aus der Hand zu nehmen. Er dankte Gott heute zum zweitenmal, diesmal dafür, daß er gerade weit genug nach unten langen konnte.
    «Könnten Sie, hm, würden Sie mich eine Minute entschuldigen?» Ryan schickte die Schwester aus dem Zimmer, und sie ging, ihre Enttäuschung hinter einem Lächeln verbergend. Er wartete, bis die Tür geschlossen war, ehe er weitermachte. Aus Rücksicht auf Wilson unterdrückte er einen erleichterten Seufzer. Kittiwake stand wieder im Zimmer, nachdem sie bis sechzig gezählt hatte.
    «Danke.» Ryan reichte ihr das Behältnis, und sie verschwand erneut. Die Tür war kaum ins Schloß gefallen, als sie schon wieder neben ihm stand. Diesmal schob sie ihm ein Fieberthermometer in den Mund und packte sein Handgelenk, um den Puls zu fühlen. Das Thermometer gehörte zu der neuen elektronischen Sorte, und beide Aufgaben waren in fünfzehn Sekunden erledigt. Ryan fragte nach dem Ergebnis und bekam als Antwort ein Lächeln. Das Lächeln blieb, während sie die Einträge auf dem Krankenblatt machte. Nachher zupfte sie, Ryan anstrahlend, das Laken ein wenig zurecht. Kleine Miss Tüchtig, dachte er bei sich. Diese Ziege wird mir noch auf den Wecker fallen.
    «Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Herr Doktor?» fragte sie. Ihre braunen Augen straften das weizenblonde Haar Lügen. Sie war zum Anbeißen. Sie wirkte taufrisch. Ryan war unfähig, hübschen Frauen lange zu grollen, und konnte sie deshalb nicht ausstehen.
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