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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper
Autoren: Lee Child
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weniger. Sehr nahe.
    Er wartete.
    Manche Leute ließen im Vorbeigehen die Finger durchs Wasser gleiten. Dafür hatte die Umfassungsmauer genau die richtige Höhe. Auf den schwarzen Kacheln unter Wasser konnte der Mann mit dem Gewehr blinkende Centstücke erkennen. Wo die kleine Fontäne das Wasser bewegte, verschwammen sie zu welligen Bildern.
    Er beobachtete. Er wartete.
    Der Menschenstrom wurde dichter. Jetzt waren es so viele Leute, dass sie kurz stehen bleiben, kleine Gruppen bilden und einen Augenblick warten mussten, bevor sie zwischen den beiden niedrigen Mauern hindurchgehen konnten. Genau wie der Verkehr sich am Fuß der First Street gestaut hatte. Ein Engpass. Nach Ihnen. Nein, nach Ihnen . Das machte die Menschen langsamer. Jetzt waren sie langsame Enten in einer Schießbude.
    Der Mann mit dem Gewehr atmete ein, atmete aus und wartete.
    Dann hörte er auf zu warten.
    Er betätigte den Abzug, betätigte ihn immer wieder.
    Der erste Schuss traf einen Mann am Kopf und tötete ihn augenblicklich. Der Schussknall war laut, und nach dem Überschallknall des Geschosses stieg eine kleine rosa Wolke aus dem Kopf des Unglücklichen auf, der zusammensackte wie eine Marionette, deren Schnüre jemand durchschnitten hatte.
    Ein Volltreffer beim ersten kalten Schuss.
    Ausgezeichnet.
    Er schoss rasch, ging systematisch von links nach rechts vor. Der zweite Schuss traf den Kopf des nächsten Mannes – mit genau dem gleichen Ergebnis. Der dritte Schuss traf eine Frau am Kopf. Wieder das gleiche Resultat. Drei Schüsse in ungefähr zwei Sekunden. Drei Menschen von den Beinen geholt. Völlige Überraschung. Für Bruchteile von Sekunden keinerlei Reaktion. Dann brach Chaos aus. Wilder Tumult. Panik. In dem engen Durchgang zwischen Zierteich und Barriere zur Straße hatten sich ein Dutzend Leute aufgehalten. Drei waren bereits zusammengebrochen. Die restlichen neun ergriffen die Flucht. Vier rannten geradeaus weiter, und fünf drehten sich von den Leichen weg und liefen zurück. Diese fünf stießen mit der nachdrängenden Menschenmasse zusammen. Plötzlich war lautes Gekreische zu hören. Nun befand sich eine in Panik geratene Menge direkt vor dem Mann mit dem Gewehr. Die Schussentfernung betrug keine fünfunddreißig Meter. Sehr nahe.
    Sein vierter Kopfschuss holte einen Mann, der einen Anzug trug, von den Beinen. Der fünfte ging daneben. Das Sierra Matchking zischte über die Schulter einer Frau hinweg in den Zierteich und verschwand. Er ignorierte diesen Fehltreffer und bewegte den Lauf des Springfields um Bruchteile eines Zentimeters, sodass der sechste Schuss den Nasensattel eines Mannes traf und seinen Kopf explodieren ließ.
    Der Mann mit dem Gewehr hörte auf zu schießen.
    Er duckte sich tief hinter die Brüstung und kroch einen Meter weit zurück. Er konnte verbranntes Schießpulver riechen, und obwohl die Schüsse in seinen Ohren widerhallten, hörte er kreischende Frauenstimmen und trampelnde Schritte und von der Straße herauf das Scheppern von Auffahrunfällen mit Blechschäden. Keine Panik, ihr kleinen Leute, dachte er. Mit der Schießerei ist Schluss. Ich verschwinde jetzt. Auf dem Bauch liegend schob er die ausgeworfenen Patronenhülsen zu einem Häufchen zusammen. Das helle Messing aus Lake City blinkte unübersehbar. Er strich fünf Hülsen in seine behandschuhte Hand, aber die sechste rollte davon und plumpste in eine nicht ausgegossene Dehnungsfuge. Rollte einfach in diesen einen Zentimeter breiten und zwanzig Zentimeter tiefen Spalt. Er bildete sich ein, das leise metallische Klirren zu hören, mit dem sie unten auftraf.
    Entschluss?
    Zurücklassen, versteht sich.
    Keine Zeit.
    Er stopfte die eingesammelten fünf Messinghülsen in eine Tasche seines Trenchcoats und kroch auf Zehen, Bauch und Fingerspitzen rückwärts. Er blieb einen Augenblick lang unbeweglich liegen und horchte auf die Schreie. Dann richtete er sich kniend auf, erhob sich ganz. Machte kehrt und ging auf demselben Weg zurück: rasch, aber beherrscht, über den rauen Beton, teilweise auf Bretterstegen, durch Dunkelheit und Staub, unter dem schwarz-gelben Absperrband hindurch. Zu seinem Minivan zurück.
    Die Seitentür stand noch offen. Er wickelte das warme Gewehr in die Wolldecke, legte es auf die Sitzbank und knallte die Tür zu. Stieg vorn ein und ließ den Motor an. Sah durch die Windschutzscheibe auf die Parkuhr. Er hatte noch vierundvierzig Minuten gut. Er stieß zurück, wendete und fuhr in Richtung Rampe davon. Rollte sie
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