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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper
Autoren: Lee Child
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Mann in dem Minivan sah auf seine Uhr.
    Vier Minuten.
    Kinderspiel.
    Er öffnete die Fahrertür und stieg aus. Holte einen Quarter aus der Tasche und warf ihn ein. Drehte den Griff kräftig nach rechts, hörte die Münze fallen und sah auf der Anzeige, dass er eine Stunde lang parken durfte. Andere Geräusche gab es nicht. In der Luft hing nur der Geruch parkender Autos: Benzin, Gummi, kalte Auspuffschwaden.
    Er stand unbeweglich neben dem Van. Seine Füße steckten in alten Wüstenstiefeln. Lohfarbenes Wildleder, geschwärzte Messingösen, weiße Kreppsohlen, von Clarks in England hergestellt und von Angehörigen vieler Special Forces bevorzugt. Mustergültiges Design, das seit schätzungsweise sechzig Jahren nicht mehr geändert worden war.
    Er sah sich kurz nach der Parkuhr um. Neunundfünfzig Minuten. Aber er würde keine neunundfünfzig Minuten brauchen. Er zog die seitliche Schiebetür des Vans auf, beugte sich hinein und schlug die Wolldecke auseinander, sodass das Gewehr sichtbar wurde. Es war ein Springfield M1A Super Match Autoloader, Kolben aus amerikanischem Walnussholz, schwerer Präzisionslauf, Kastenmagazin für zehn Schuss, für Kaliber.308 eingerichtet. Diese Waffe war das genaue kommerzielle Gegenstück zu dem automatischen Scharfschützengewehr M14, das während seiner langen Dienstzeit bei den US-Streitkräften eingeführt gewesen war. Eine gute Waffe. Vielleicht beim ersten Schuss mit noch kaltem Lauf nicht ganz so zielgenau wie ein erstklassiges Gewehr mit Ladehebel, aber sie würde genügen, locker genügen, weil die Schussweiten nicht sehr groß sein würden. Geladen war das Gewehr mit Patronen Lake City M 852, seiner liebsten Munition. Spezialmessing Lake City Match, Standardtreibladung, rund elf Gramm schwere Geschosse Sierra Matchking mit Hohlspitze und spitz zulaufendem Ende. Die Munition war vermutlich besser als das Gewehr. Beides passte nicht recht zusammen.
    Er horchte auf die Stille um ihn herum, dann nahm er das Gewehr von der hinteren Sitzbank. Nahm es mit zu der Stelle, wo das alte Parkhaus aufhörte und der noch unfertige Anbau begann. Zwischen der alten und der neuen Stahlbetondecke lag ein Spalt, der ungefähr einen Zentimeter breit war. Wie eine Demarkationslinie. Er vermutete, dies sei eine Dehnungsfuge. Wegen der Sommerhitze. Vermutlich würde sie mit Asphalt ausgegossen werden. Unmittelbar darüber verwehrte gelb-schwarzes Absperrband mit dem Aufdruck »Vorsicht – Zutritt verboten« den Durchgang. Er ließ sich auf ein Knie nieder und rutschte darunter hindurch. Stand wieder auf und ging durch den Anbau weiter.
    Teile des neuen Betonbodens waren bereits glatt abgezogen, während andere noch auf die letzte Schicht Feinbeton warteten. Hier und da verliefen Brettersteige. Volle Zementsäcke waren auf Paletten gestapelt, neben denen sich leere Säcke türmten. Der Boden war von weiteren Dehnungsfugen durchzogen. An der Decke hingen Lichterketten mit nackten Glühbirnen, die jedoch nicht brannten. Überall leere Schubkarren, zerdrückte Limonadendosen, Kabeltrommeln, zu ungeklärten Zwecken abgesägte Kanthölzer, stehende Betonmischer. Und der allgegenwärtige Zementstaub, fein wie Talkumpuder, und der Geruch nach feuchtem Kalk.
    Der Mann mit dem Gewehr ging durch die Dunkelheit weiter, bis er die neue Nordostecke erreichte. Dort blieb er stehen, lehnte sich an einen Betonpfeiler und stand kurz still. Dann schob er sich mit zur Seite gedrehtem Kopf nach rechts weiter, bis er sehen konnte, wo er sich befand: etwa zweieinhalb Meter von der neuen Umfassungsmauer des Parkhauses entfernt. Mit Blickrichtung nach Norden. Die etwa hüfthohe Mauer war unfertig. In den Beton waren Halterungen für die Leitplanken eingegossen, die später verhindern sollten, dass Autos die Mauer rammten. In den Boden eingelassene Quadrate zeigten, wo einmal Parkuhren stehen würden.
    Der Mann mit dem Gewehr schob sich vorwärts, bis er die Kante des Pfeilers zwischen seinen Schulterblättern spürte. Er drehte nochmals den Kopf zur Seite. Jetzt blickte er nach Nordosten. Genau auf die Plaza der Fußgängerzone hinunter. Der Zierteich war ein langes schmales Rechteck, das von ihm wegführte. Seine Größe mochte fünfundzwanzig mal sechs bis acht Meter betragen. Er glich einem großen Löschwasserteich, der einfach nur da war. Wie ein Schwimmbecken mit Fünfundzwanzigmeterbahnen. Umgeben war er von vier hüfthohen Klinkermauern, gegen deren Innenflächen das Wasser plätscherte. Die Blickrichtung des
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