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Raststätte Mile 81

Raststätte Mile 81

Titel: Raststätte Mile 81
Autoren: Stephen King
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1. Pete Simmons (Huffy, Bj. 2007)
    1. PETE SIMMONS
    (Huffy, B j . 2007)
    »Du kannst nicht mit«, sagte sein älterer Bruder.
    George sprach mit gedämpfter Stimme, obwohl seine übrigen Freunde – eine Gruppe Zwölf- und Dreizehnjähriger aus der Nachbarschaft, die sich die Rip-Ass-Raiders nannten – vorn am Ende der Straße auf ihn warteten. Nicht sehr geduldig. »Es ist zu gefährlich.«
    »Ich hab keine Angst«, sagte Pete. Er sprach ganz tapfer, obwohl er ein bisschen Angst hatte. George und seine Freunde wollten zur Kiesgrube hinter der Bowlingbahn. Dort würden sie ein Spiel spielen, das Normie Therriault erfunden hatte. Normie war der Anführer der Rip-Ass-Raiders, und das Spiel hieß »Fallschirmspringer über Bord«. Zum Rand der Kiesgrube führte ein Weg mit tiefen Fahrspuren und das Spiel bestand daraus, ihn mit vollem Tempo auf dem Rad hinunterzurasen, dabei aus voller Lunge »Raiders rule!« zu brüllen und abzuspringen, während man über die Kante flog. Früher oder später würden die Eltern das mitbekommen und das würde das Ende von „Fallschirmspringer über Bord“ sein. Vorläufig ging das Spiel jedoch weiter.
    George war clever genug, seinen Bruder nicht mitspielen zu lassen; selbst wenn Normie T. einen Zehnjährigen hätte mitmachen lassen (was er ziemlich sicher nicht getan hätte), dieses Spiel war wirklich gefährlich. George sollte sich um Pete kümmern, während ihre Eltern in der Arbeit waren. Wenn Pete sein Huffy in der Kiesgrube zu Schrott fuhr, würde George wahrscheinlich eine Woche Hausarrest bekommen. Und wenn der Kleine sich einen Arm brach, stand darauf ein Monat. Und war es – gottbewahre! – sein Hals, würde George sich vermutlich die gesamte Zeit, bis er auszog, um aufs College zu gehen, in seinem Zimmer vertreiben müssen …
    Außerdem liebte er den kleinen Scheißer.
    »Häng einfach hier draußen ab«, sagte George. »Wir sind in ein paar Stunden wieder da.«
    »Mit wem abhängen?«, fragte Pete. Er war missmutig, und das mit einigem Recht. Es waren Osterferien, aber alle seine Freunde, die seine Mutter »altersgemäß« genannt hätte, schienen irgendwohin verreist zu sein. Ein paar waren nach Disney World in Orlando gefahren, und wenn Pete daran dachte, füllte sich sein Herz mit Neid und Eifersucht – ein übles Gebräu, aber eigenartig wohlschmeckend.
    »Häng einfach ab«, sagte George. »Geh in den Supermarkt oder so was.« Er wühlte in seiner Hosentasche und brachte ein paar verknitterte Geldscheine zum Vorschein. »Hier sind zwei Dollar.«
    »Beeil dich, Simmons, sonst fahren wir ohne dich!«, rief Normie.
    »Komme!«, rief George zurück. Dann sagte er leise zu Pete: »Nimm das Geld, und sei kein Spielverderber.«
    Pete nahm das Geld. »Ich hab sogar mein Vergrößerungsglas dabei«, sagte er. »Ich wollt denen zeigen, wie …«
    »Den Babytrick haben die doch alle schon tausendmal gesehen«, sagte George. Als er sah, wie Petes Mundwinkel nach unten zuckten, versuchte er, den Schlag etwas abzumildern. »Guck dir außerdem den Himmel an, Blödmann. An einem bewölkten Tag kann man mit einem Vergrößerungsglas kein Feuer machen. Häng einfach ab, ja? Wenn ich zurückkomme, spielen wir Battleship oder so was am Computer.«
    »Okay, Schisser, dann bis später!«, rief Normie.
    »Ich muss weg«, sagte George. »Tu mir den Gefallen, und komm nicht in Schwierigkeiten. Bleib in der Nähe.«
    »Du brichst dir wahrscheinlich das Rückgrat und bist für den Rest deines beschissenen Lebens gelähmt«, sagte Pete … Dann spuckte er hastig zwischen gespreizten Fingern aus, um den Fluch ungeschehen zu machen. »Alles Gute!«, rief er seinem Bruder nach. »Spring am weitesten!«
    George winkte mit einer Hand, um zu zeigen, dass er verstanden hatte, sah sich aber nicht noch einmal um. Er stand auf den Pedalen seines Fahrrads, eines großen alten Schwinns, das Pete bewunderte, aber nicht fahren konnte (er hatte es einmal versucht und war auf halber Strecke der Einfahrt hingeknallt). Pete beobachtete, wie sein Bruder das Tempo steigerte, während er ihre Straße in dem Vorort Auburn entlangraste, um zu seinen Kumpels aufzuschließen.
    Dann war Pete allein.
    *
    Er nahm das Vergrößerungsglas aus seiner Satteltasche und hielt es über den Unterarm, aber es gab weder einen Lichtfleck noch Hitze. Grimmig sah Pete zu den tief hängenden Wolken auf und steckte das Vergrößerungsglas zurück. Es war ein gutes, ein Richforth. Er hatte es letztes Jahr zu Weihnachten bekommen, als
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