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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet
Autoren: Michael Connelly
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Grunde eine lächerliche Behauptung war. Da sie von den Behörden kaum Informationen erhielten, taten die Medien, was sie in solchen Fällen immer tun. Sie stellten ihre eigenen Ermittlungen an und betäubten die lesende und fernsehende Öffentlichkeit mit unzähligen Details über das Leben des Opfers, die in Wirklichkeit völlig unerheblich waren.
    Nach ein paar Wochen war der Medienrummel dann vorbei, erstickt, weil es ihm an seinem Lebenselixier mangelte: an Informationen.
    Ich schrieb nicht über Theresa Lofton. Aber ich hätte es gern getan. Es war eine Art von Story, die einem hier nicht alle Tage über den Weg läuft, und jeder Reporter hätte sich gern ein Stück davon abgeschnitten. Aber anfangs arbeitete Van Jackson daran, zusammen mit Laura Fitzgibbons, der für den Campus zuständigen Reporterin. Ich musste abwarten, bis meine Zeit gekommen war. Ich wusste, wenn die Cops die Sache nicht aufklärten, würde ich eines Tages zum Zuge kommen. Als Jackson mich im Frühstadium des Falles fragte, ob ich irgendetwas aus meinem Bruder herausholen könne, und sei es auch nur inoffiziell, sagte ich deshalb, ich würde es versuchen. Aber ich versuchte es nicht. Ich wollte die Story für mich und dachte nicht daran, Jackson zu helfen, indem ich ihm Material aus meiner eigenen Quelle überließ.
    Ende Januar, als der Fall einen Monat alt und aus den Schlagzeilen verschwunden war, tat ich meinen ersten Schritt. Und machte einen Fehler.
    Eines Morgens suchte ich Greg Glenn auf, den Lokalredakteur, und sagte ihm, dass ich mich gern umfassender mit dem Lofton-Fall beschäftigen würde. Das war meine Spezialität, mein Ressort. Lange Artikel über bemerkenswerte Morde im Rocky Mountain Empire. Ich erinnerte Glenn daran, dass ich einen Informanten hatte. Es sei der Fall meines Bruders, sagte ich, und er würde nur mir etwas darüber erzählen. Glenn dachte nicht lange darüber nach, welche Zeit und Mühe Jackson bereits in die Story investiert hatte. Ich hatte es geahnt. Alles, worum es ihm ging, war, eine Story zu bekommen, die die Post nicht hatte. Ich verließ sein Büro mit dem Auftrag.
    Mein Fehler war, dass ich Glenn gesagt hatte, ich hätte einen Informanten, bevor ich mit meinem Bruder gesprochen hatte. Am nächsten Tag ging ich die zwei Blocks von der Rocky zur Polizeizentrale und traf mich mit ihm zum Lunch in der Cafeteria. Ich erzählte ihm von meinem Auftrag. Sean sagte, ich solle die Finger davon lassen.
    »Gib’s auf, Jack. Ich kann dir nicht helfen.«
    »Wie meinst du das? Es ist doch dein Fall.«
    »Es ist mein Fall, aber ich arbeite weder mit dir zusammen noch mit sonst jemandem, der darüber schreiben möchte. Ich habe die wichtigsten Details bekannt gegeben, mehr brauche ich nicht zu tun, und dabei bleibt es auch.«
    Er ließ den Blick durch die Cafeteria schweifen. Er hatte die ärgerliche Angewohnheit, einen nicht anzuschauen, wenn man anderer Ansicht war als er. Als wir noch klein waren, bin ich immer über ihn hergefallen, wenn er das tat, und habe ihm einen Stoß in den Rücken versetzt. Das ging jetzt leider nicht mehr.
    »Sean, das ist eine gute Story. Du musst...«
    »Ich muss überhaupt nichts, und es ist mir scheißegal, was für eine Story es ist. Diese Sache ist schlimm, Jack. Ich kriege sie nicht mehr aus dem Kopf. Und ich denke nicht daran, dir dabei zu helfen, mit ihr mehr Zeitungen zu verkaufen.«
    »Sieh mich an, Mann. Ich bin Journalist. Mir ist es gleich, ob die Auflage steigt oder nicht. Mir geht es nur um die Story. Die Zeitung ist mir scheißegal. Du weißt ganz genau, wie ich in dieser Hinsicht denke.«
    Endlich drehte er sich wieder zu mir um.
    »Und du weißt jetzt, wie ich über diesen Fall denke«, sagte er.
    Ich schwieg für einen Moment und zündete mir eine Zigarette an. Ich war damals auf ungefähr eine halbe Schachtel am Tag herunter und hätte darauf verzichten können, aber ich wusste, dass es ihn störte. Also rauchte ich.
    »Rauchen ist hier nicht erlaubt, Jack.«
    »Buchte mich doch ein! Dann hast du wenigstens irgendjemanden verhaftet.«
    »Warum bist du nur gleich so ein Arschloch, sobald du nicht bekommst, was du haben willst?«
    »Und weshalb bist du eines? Du kannst den Fall nicht aufklären, stimmt’s? Du willst nicht, dass ich herumwühle und über dein Versagen schreibe. Du hast bereits aufgegeben.«
    »Jack, versuch es nicht mit solch einer Scheiße unter der Gürtellinie. Du weißt genau, das hat noch nie funktioniert.«
    Er hatte Recht. So etwas
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