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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet
Autoren: Michael Connelly
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gebracht.
    DFD-ERMITTLER NIMMT SICH IN NATIONALPARK DAS LEBEN
    Ein Detective der Polizei von Denver, Leiter der Ermittlungen im Mordfall Theresa Lofton, wurde am Donnerstag im Rocky Mountain National Park tot aufgefunden. Amtlichen Verlautbarungen zufolge starb er an einem Schuss, den er sich selbst beibrachte.
    Sean McEvoy, 34, wurde in seinem Dienstwagen gefunden, der auf einem Parkplatz in der Nähe des Bear Lake stand.
    Die Leiche des Detectives wurde von einem Park-Ranger entdeckt, der gegen siebzehn Uhr einen Schuss hörte und auf den Parkplatz eilte, um festzustellen, was passiert war.
    Die Parkverwaltung hat die Polizei von Denver gebeten, den Tod zu untersuchen, und die Angelegenheit liegt jetzt in den Händen des Dezernats für Sonderermittlungen. Detective Robert Scalari, der die Ermittlungen leitet, erklärte, vorläufige Untersuchungen hätten ergeben, dass es sich um einen Selbstmord handelte.
    Scalari berichtete, am Tatort sei eine Notiz gefunden worden, weigerte sich aber, etwas über ihren Inhalt verlauten zu lassen. Er sagte, man vermute, dass McEvoy auf Grund von Problemen bei der Arbeit zu dieser Tat getrieben worden sei, doch Einzelheiten waren nicht zu erfahren.
    McEvoy, der in Boulder aufgewachsen ist und noch immer dort lebte, war verheiratet, hatte aber keine Kinder. Er hat der Polizei von Denver zwölf Jahre lang angehört und dort Karriere gemacht. Zuletzt arbeitete er in der Abteilung CAP, die für sämtliche Gewaltverbrechen in der Stadt zuständig ist.
    McEvoy war Leiter dieser Abteilung und somit auch für die Ermittlungen im Mordfall Theresa Lofton, 19, zuständig, die vor drei Monaten erwürgt und verstümmelt im Washington Park gefunden worden war.
    Scalari lehnte jeden Kommentar darüber ab, ob McEvoy in seinem Abschiedsbrief den bis heute ungelösten Lofton-Fall erwähnt hat.
    Scalari sagte, man wisse nicht, weshalb McEvoy zum Estes Park gefahren sei, bevor er sich umbrachte. Die Ermittlungen über den Tod dauern noch an.
    Ich las den Artikel zweimal. Er enthielt nichts, was ich nicht bereits wusste, trotzdem übte er eine starke Faszination auf mich aus. Vielleicht lag es daran, dass ich inzwischen zu wissen glaubte, weshalb Sean die ganze Strecke bis hinauf zum Bear Lake gefahren war. Aber es widerstrebte mir, an diesen Grund zu denken. Ich schnitt den Artikel aus und legte ihn in eine Schreibtischschublade.
    Mein Computer piepte, und auf dem Bildschirm erschien eine Nachricht. Der Lokalredakteur beorderte mich zu sich. Die Arbeit ging wieder los.
    Das Büro von Greg Glenn lag am hinteren Ende des Redaktionssaals. Die Wand bestand aus Glas. Sie ermöglichte es ihm, die Nischen zu überblicken, in denen die Reporter arbeiteten, und gleichzeitig durch die Fenster an der Westseite die Berge zu betrachten, wenn sie nicht gerade von Smog verhüllt waren.
    Glenn war ein guter Redakteur, dem bei einer Story in erster Linie daran lag, dass sie sich gut las. Das gefiel mir an ihm. In unserer Branche gehören die Redakteure einer von zwei Schulen an. Die eine steht auf Fakten und stopft so viele in eine Story hinein, bis sie überladen ist und niemand Lust hat, sie zu Ende zu lesen. Die andere Schule mag die Sprache und lässt es nicht zu, dass die Fakten sie behindern. Glenn mochte mich und ließ mich weitgehend selbst entscheiden, worüber ich schreiben wollte. Er setzte mich nie unter Zeitdruck und verstümmelte nie, was ich ablieferte. Mir war seit langem klar, dass sich all das vermutlich ändern würde, wenn er die Zeitung verlassen oder auf einen anderen Posten außerhalb des Redaktionssaals degradiert oder befördert werden sollte. Lokalredakteure schaffen sich ihr eigenes Nest. Wenn meins zerstört würde, würde ich vermutlich wieder zu einem ganz gewöhnlichen Reporter werden, der sein Material aus dem täglichen Polizeibericht erhält. Der über kleine Morde schreibt.
    Ich ließ mich auf dem gepolsterten Stuhl vor Glenns Schreibtisch nieder. Er beendete gerade ein Telefongespräch. Glenn war ungefähr fünf Jahre älter als ich. Als ich vor zehn Jahren bei der Rocky anfing, war er ein Spitzenjournalist, genau wie ich heute. Aber dann hatte er den Schritt ins Management getan. Jetzt trug er jeden Tag einen Anzug, auf seinem Schreibtisch stand eine dieser kleinen Statuen von einem Bronco-Footballspieler mit nickendem Kopf, er verbrachte mehr Zeit mit Telefonieren als mit jeder anderen Tätigkeit und achtete stets sorgfältig auf die politischen Winde, die aus der Konzernzentrale
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