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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1
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nachgedacht hatte und nicht mehr umhin konnte, zu befürchten, wenn diese dritte Niederkunft verlautbare, werden ihre Brüder einen schlimmen Spaß anfangen, nahm sie sich vor, lieber ihrem Gatten nachzugehen und mit ihm als einfache Edelfrau zu leben, als um den Preis fortwährender Trennung von ihm der herzoglichen Würde teilhaftig zu bleiben. Wer möchte hiernach nicht behaupten wollen, daß die Liebe allmächtig ist? In der Tat, ihre unleugbar höchste Gewalt übersteigt auch die kühnste Einbildungskraft. Sieht man nicht jeden Tag die Liebe die seltensten und wunderbarsten Wirkungen von der Welt hervorbringen und alles überwinden? Aber man pflegt zu sagen, daß man nicht mit Maß lieben kann. Wenn die Liebe will, macht sie Könige, Fürsten, die höchsten Edelleute, ich sage nicht zu Liebhabern, nein, selbst zu Sklaven der niedrigsten Weiber.
    Doch kehren wir zu unserer Geschichte zurück und lassen diese Untersuchungen beiseite. Die Herzogin hatte beschlossen, nach Ankona zu gehen, um ihren Gatten aufzusuchen, und setzte ihn insgeheim davon in Kenntnis. Andererseits ließ sie Geld und Geldeswert so viel als möglich nach Ankona schicken. Hierauf machte sie bekannt, sie habe gelobt, nach Loreto zu wallfahrten, bestellte ihr Haus, sorgte für die Regierung, übertrug die Erziehung ihres Sohnes, der dereinst Herzog werden sollte, sichern Händen und machte sich mit zahlreicher und ehrenvoller Begleitung auf den Weg. Sie langte mit einem großen Zug Maultiere in Loreto an, ließ daselbst eine feierliche Messe lesen und brachte jenem ehrwürdigen, hochachtbaren Tempel reiche Gaben dar. Als nun alle die Ihrigen an die Rückkehr in ihr Reich dachten, sagte sie: »Wir sind nur fünfzehn Meilen von Ankona entfernt, und da wir hören, daß diese Stadt sehr alt und schön ist, so will uns gutdünken, dahin zu reisen und einen Tag dort zu verweilen.«
    Ihre Begleiter fügten sich in den Willen der Herzogin, und es setzte sich der ganze Zug gegen Ankona in Bewegung, wohin das Gepäck vorausgeschickt worden war. Bologna, von alledem zu rechter Zeit benachrichtigt, hatte Vorbereitungen getroffen, die Herzogin und ihr Gefolge in seinem trefflich ausgerüsteten Hause auf das prachtvollste mit Prunk und Überfluß zu empfangen. Er hatte seinen Palast an der Hauptstraße, so daß sie ihm notwendigerweise an der Tür vorüberkommen mußten. Der Küchenmeister war schon in aller Frühe angekommen, um das Frühstück anzuordnen; Bologna hatte ihn ins Haus geführt und ihm gesagt, er habe der Frau Herzogin die Herberge bereitet. Der Küchenmeister wußte nichts dagegen einzuwenden, weil Bologna nur aus unbekannten Gründen den Hof verlassen hatte und überdies von allen daselbst gern gesehen wurde. Sobald es Bologna an der Zeit schien, stieg er mit einer stattlichen Schar Edelleute aus Ankona zu Pferde und ritt der Herzogin fast drei Meilen Wegs vor die Stadt hinaus entgegen. Als die Begleiter der Herzogin ihn sahen, riefen sie ihr freudig zu: »Ei, seht da, Frau Herzogin, unsern Herrn Antonio Bologna!« Und sie beeiferten sich alle, ihn zu bewillkommnen. Er stieg ab, küßte seiner Gemahlin die Hände und lud sie mit ihrem Gefolge nach seinem Hause ein. Sie nahm die Einladung an, und er führte sie, noch nicht wie seine Gemahlin, sondern wie seine Gebieterin, in sein Haus.
    Nachdem dort alle das Frühstück eingenommen hatten, wollte die Herzogin, da sie wußte, daß es dahin doch einmal kommen müsse, die Maske fallen lassen; sie berief daher alle die Ihrigen in den Saal und sprach zu ihnen also: »Es ist nunmehr Zeit, meine Edelleute und ihr übrigen Diener, der ganzen Welt zu offenbaren, was einst vor Gott im stillen geschehen ist. Mein Witwenstand hat mir nachgerade den Wunsch eingegeben, mich zu vermählen, und zwar einen Mann zu nehmen, der ganz nach meinem Sinne wäre. Ich verheiratete mich also schon vor mehreren Jahren in Gegenwart dieser hier anwesenden Kammerfrau mit dem Herrn Antonio Bologna, den ihr vor euch seht; er ist mein rechtmäßiger Gatte, und bei ihm will ich als die Seinige fernerhin bleiben. Bisher bin ich eure Herzogin und Gebieterin gewesen, und ihr wäret mir pflichtgetreue Vasallen und Dienstleute. Inskünftige liegt es euch nun ob, dem Herrn Herzog, meinem Sohne, Gehorsam zu leisten und pflichtschuldigst treu und hold zu sein. Diese meine Frauen werdet ihr nach Malfi begleiten, wo ich vor meiner Abreise ihre Aussteuer in der Bank Paolo Tolosas niederlegte und die nötigen Schriften über alles der
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