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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1
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sich selbst über diesen Vorsatz im reinen war, ließ sie Bologna eines Tages in ihr Zimmer kommen, trat mit ihm in ein Fenster, wie sie jedesmal zu tun pflegte, wenn sie mit ihm über ihr Hauswesen beriet, und redete ihn folgendermaßen an:
    »Spräche ich mit irgendeinem andern Menschen als mit dir, Antonio, so würde ich gegenwärtig nicht wissen, wie ich meine Worte anbringen sollte. Da ich dich aber als einen verschwiegenen, mit hohem Verstande begabten Edelmann kenne, der an den königlichen Höfen Alfonsos II., Ferdinands und Friedrichs, meiner Verwandten, aufgewachsen und gebildet worden ist, so bin ich geneigt zu glauben, daß du nach Anhören dessen, was ich dir jetzt zu eröffnen habe, mit mir übereinstimmend denken wirst. Sollte ich dich nichtsdestoweniger anders finden, so würde sich mein Vertrauen in die tiefe Einsicht, die man dir allgemein zuschreiben will, allerdings nicht bewähren. Ich bin, wie du weißt, durch das Ableben des Herrn Herzogs, meines Gemahls seligen Angedenkens, in ziemlich jungen Jahren Witwe geworden und habe seither als solche ein Leben geführt, daß auch der strengste und härteste Sittenrichter in betreff der Ehrbarkeit auch nicht ein Pünktchen an mir auszusetzen finden könnte. Ebenso habe ich der Regierung des Herzogtums mit solcher Sorgsamkeit vorgestanden, daß ich hoffen darf, wenn die Zeit der Volljährigkeit meines Herrn Sohnes gekommen sein wird, ihm dasselbe in erwünschterem Zustande zu übergeben, als ich es bei dem Tode des Herrn Herzogs selbst übernahm. Denn nicht allein habe ich fünfzehntausend Dukaten Schulden bezahlt, die der Hochselige in den letzten Kriegen hatte machen müssen, – ich habe auch noch überdies eine einträgliche Baronie in Kalabrien käuflich erworben, mich vollkommen schuldenfrei gemacht und mein ganzes Hauswesen auf das vollkommenste wohl bestellt. Nun hatte ich zwar bei mir beschlossen, fortwährend im Witwenstande zu beharren und meine Residenz bald in diesem Landsitz, bald auf jener Burg, bald in Neapel aufzuschlagen und meine Zeit der Sorge für das Herzogtum zu widmen; ich habe mich aber allerdings bewogen gefunden, meinen Vorsatz zu ändern und ein neues Leben zu beginnen. Ich wünschte mir nämlich lieber einen neuen Gatten zu erwählen, als etwa gleich andern Frauen zu tun, die Gott zum Hohne und der Welt zum ewigen Tadel sich Liebhabern preisgeben. Ich weiß wohl, was man von einer Herzogin in diesem Königreich sagt, obgleich einer der ersten Barone ihr begünstigter Liebhaber ist, und ich weiß, daß du mich verstehst. Und nun aber auf meine Angelegenheiten zurückzukommen, so siehst du, daß ich noch bei jungen Jahren bin und weder lahm noch schielend; ich sehe nicht aus wie die Gassenjungen, die sich unter andern Leuten nicht zeigen dürfen. Ich lebe, wie du ferner täglich siehst, in Wohlstand und Üppigkeit, um derenwillen ich verliebten Gedanken wohl oder übel Gehör geben muß. Wollte ich mir einen Gemahl erwählen, der dem ersteren an Stande gleichkäme, so wüßte ich nicht, wie ich dies bewirken sollte; ich müßte mich denn mit einem Knaben vermählen, der bald meiner überdrüssig würde, mich aus seinem Bette verjagte und meinen Platz von verworfenen Dirnen einnehmen ließe; denn es lebt gegenwärtig bei uns kein vornehmer Mann, dessen Alter dem meinigen entspräche und der ledigen Standes wäre. Ich bin also nach reiflichem Erwägen und Bedenken dieser Sache dahin mit mir einig geworden, daß ich einen ausgezeichneten Edelmann zu meinem ehelichen Gemahl erheben will. Um aber die Lästerungen des gemeinen Volkes zu vermeiden und um nicht mit meinen vornehmen Verwandten und besonders mit dem Herrn Kardinal, meinem Bruder, Ungelegenheiten zu haben, wünschte ich die ganze Sache freilich so lange verborgen zu halten, bis sie sich mit weniger Gefahr für mich gelegentlich einmal veröffentlichen ließe. Derjenige, den ich zum Manne zu nehmen beabsichtige, hat etwa tausend Dukaten Einkünfte, und ich habe von meiner Mitgift neben dem Zuschuß, den mir der Herr Herzog bei seinem Abscheiden zugewiesen hat, über zweitausend, außer dem Hausgeräte, das mir gehört; und wenn ich den Rang einer Herzogin nicht behaupten kann, so will ich mich bescheiden, als Edelfrau zu leben. Ich möchte nun aber von dir erfahren, was du mir rätst.«
    Als Antonio diese lange Anrede der Herzogin vernommen hatte, wußte er nicht, was er darauf erwidern sollte; denn da er sich versichert hielt, von ihr geliebt zu sein, und ihr selbst mit
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