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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman
Autoren: Arena
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weiteren Korb mit Brot. Alle griffen zu, aber mein Magen war wie zugeschnürt. Selbst der Saft blieb mir in der Kehle stecken. Es war Mangosaft. Er schmeckte zu süß, als wäre er mit Unmengen von Zucker versetzt worden. Ich hätte gerne nach Wasser gefragt, aber ich traute mich nicht und hasste mich mehr denn je für meine Schüchternheit.
    Um mich herum hatten die anderen wieder angefangen, sich zu unterhalten. Der weißblonde Junge, der am Flughafen versucht hatte, sich am Ellenbogen zu lecken, erzählte dem Asiaten gerade, dass seine chinesische Lieblingskampfkunst Aikido sei, bis ihn die Blonde beiläufig darauf aufmerksam machte, dass Aikido aus Japan kam. Der Weißblonde errötete wieder bis unter die Haarwurzeln und auf den Lippen des Asiaten erschien ein schmales Lächeln. Er war klein und sehnig und sein langes schwarzes Haar wurde von einem roten Lederband zu einem Zopf zusammengehalten.
    Elfe plauderte mit dem dunkelhäutigen Mädchen und dem Jungen mit den Rastalocken. Ich fing nur Wortfetzen auf, Indien, Strand, Wellenreiten und giftige Moskitos, aber immer wieder hörte ich Elfes glockenhelles Lachen und beneidete sie für ihre Offenheit. Es klingt seltsam – ja widersprüchlich –, sich allein zu fühlen, wenn man mitten in einer Gruppe von Leuten sitzt, aber ich fühlte mich allein in diesem Moment, und was noch schlimmer war: Ich fühlte mich fremd. Wieder drängte sich die Frage auf, was ich hier eigentlich tat – worauf ich mich einließ. Ging es den anderen denn überhaupt nicht so? Verstohlen blickte ich zu Solo, aber der war mit seinem Hund beschäftigt. Der schwarze Labrador hatte Wasser bekommen, und nachdem er getrunken hatte, fütterte Solo ihn mit Fleischbällchen. Das dunkle Haar verdeckte sein Gesicht wie ein Vorhang. Mein Blick schweifte zum hinteren Teil des Tisches, wo das Mädchen mit der Glatze saß. Auch sie wirkte unbeteiligt, allerdings auf eine andere Weise – als wäre sie fremd und fände nichts dabei. Sie hielt eine Tomate zwischen ihren kleinen Fingern und musterte sie wie ein faszinierendes Objekt.
    »Dusche und Toiletten auf der Insel sind aber unbewacht, stimmt’s?«, platzte Elfe plötzlich mit vollem Mund heraus. Brotkrümel und Käsestückchen sprühten auf die Tischplatte. Der grauäuige Kameraassistent nickte schmunzelnd und Maja bestätigte: »Frei von Kameras sind Duschen, Toiletten und Umkleidekabinen. Genau, wie es euch gesagt wurde.«
    »Dort solltest du dann vielleicht auch deine Mahlzeiten einnehmen, wenn du dich nicht vor laufender Kamera lächerlich machen willst«, entfuhr es der Blonden. Sie spießte eine Olive auf einem Zahnstocher auf und ließ sie langsam zwischen ihren Lippen verschwinden.
    Elfe setzte mit empörtem Gesichtsausdruck zu einer Antwort an, verschluckte sich aber, bevor das erste Wort herauskam, und die Lippen der Blonden verzogen sich zu einem mitleidigen Lächeln.
    Zögernd griff ich nach einem Stück Brot, etwas Schinken und einer Tomate. Der Schinken schmeckte salzig, das Brot trocken, aber ich musste etwas essen, auch im Flugzeug hatte ich kaum etwas angerührt. Die Rothaarige hatte sich schon ihre zweite Zigarette angezündet.
    Rechts von mir ertönte eine sanfte Jungenstimme: Neander. Schüchtern erkundigte er sich bei dem Kameraassistenten, ob er wüsste, welche Vögel es auf der Insel gab. Ich fand diese Frage merkwürdig, genau wie die scheue, sanfte Stimme, die so gar nicht zu der riesenhaften Gestalt dieses Jungen passte. Alles an Neander wirkte irgendwie eckig, wie bei einem großen Holzklotz, den man vergessen hatte abzuschleifen.
    Die Antwort des Kameraassistenten hörte ich nicht, denn jetzt kamen die Fragen aus allen Ecken. Fragen nach wilden Tieren und Stürmen, nach Stromausfällen und anderen gefährlichen Situationen, auf die wir in unseren Vorgesprächen längst eine Antwort erhalten hatten.
    Ich spürte, wie die Stimmung im Raum umschlug – mit einem Mal schien ich nicht mehr allein mit meinen Ängsten und Zweifeln zu sein. Die Dinge, die in Deutschland noch so abstrakt gewesen waren, rückten für jeden von uns in greifbare Nähe. Dem ein oder anderen coolen Gesichtsausdruck zum Trotz lag Torschlusspanik in der Luft.
    »Wenn Tempelhoff uns von der Nachbarinsel aus beobachtet … «, setzte das dunkelhäutige Mädchen besorgt an und schob sich das afrikanische Tuch zurecht, »… dann ist das doch hoffentlich nicht allzu weit entfernt, oder?«
    »Eine knappe Seemeile«, erwiderte der asiatische Junge. »Man
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