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Isis

Isis

Titel: Isis
Autoren: Brigitte Riebe
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Montemhet.
    »Waset ist keine Stadt, die Geduld für Zauderer aufbringt. Es ist eine launische Schöne, mit der du dich da einlässt, voller Tücken und Geheimnisse, aber auch mit einem großen Herzen. Du wirst sie lieben, so wie ich sie mein Leben lang geliebt habe. Alles habe ich getan, um sie zu schützen. Auch wenn es mir nicht immer gelungen ist.«
    »Der Einfall der Assyrer«, sagte Nesptah. »Es bedrückt dich noch heute, dass es überhaupt dazu gekommen ist.«
    »Nicht so sehr dass, sondern wie«, sagte Montemhet. »Schepenupet und ich hatten einen großartigen Plan entwickelt, um die Gefahr einzugrenzen, jedenfalls glaubten wir das damals. Aber dann ist alles doch ganz anders gekommen.«
    »Sie fehlt dir?«, sagte Nesptah.
    »Mehr, als ich sagen kann.«
    »Und Udjarenes?«
    »Seltsamerweise vermisse ich auch sie. Jetzt, da sie tot ist, ist sie mir näher als zuvor. Wir haben einen großen Teil unseres Lebens miteinander geteilt. Vielleicht hätte sie nicht so hassen müssen, wenn ich sie mehr geliebt hätte.«
    Vater und Sohn schwiegen eine Weile. Sie brauchten keine Worte, um sich nah zu sein.
    »Sie sind jetzt beide in der Obhut der Balsamierer«, sagte Nesptah schließlich. »Zur gleichen Zeit. Irgendwie merkwürdig, findest du nicht?«
    »Sie sind gemeinsam aufgewachsen und fast zur selben Stunde gestorben«, sagte Montemhet. »Beide waren Töchter Tanubs. Und jede von ihnen war einzigartig.«
    »Und das Grabmal? Muss Osiris noch lange auf seine Isis warten?«
    Montemhet stand auf und drehte ihm den Rücken zu.
    »Ich denke, ja. Denn ich habe meine Pläne geändert«, sagte er. »Schepenupet war die Gemahlin des Unsichtbaren, nicht meine — so sehr ich mich auch danach gesehnt habe. Ich habe kein Recht, sie für mich zu beanspruchen. Sie wird folglich allein ruhen. Mit dem Segen Amuns.«
    »Und Udjarenes?«
    »Mein Haus für die Ewigkeit soll auch ihr Haus für die Ewigkeit sein«, sagte Montemhet. »Meinst du nicht, dass ich ihr wenigstens das schulde?«
     
    oooo
     
    Der Stadtfürst saß noch über seinen Aufzeichnungen, als ein Diener Basa anmeldete. »Jetzt? Am späten Abend?«
    »Er wollte sich um keinen Preis abweisen lassen, Herr. Er wartet noch immer draußen.«
    »Dann führ ihn herein!«
    Er erschrak, als er seinen Ersten Baumeister erblickte. Basas Bewegungen waren fahrig, das Gesicht wirkte eingefallen.
    Und auf dem sonst stets blütenweißen Schurz entdeckte Montemheb ein paar Flecken.
    »Ich hoffe, du hast gute Gründe, mich so spät zu stören«, sagte der Stadtfürst. »Und ausgerechnet an diesem Tag.«
    »Ja, die >Gottesgemahlin<«, sagte Basa zerstreut. »Entsetzlich! Ich habe natürlich davon gehört, aber .«
    »Was willst du, Basa?«
    »Ich bin als Vater gekommen. Als Vater, der zu einem anderen Vater um Gnade fleht.«
    »Du musst schon etwas deutlich werden«, sagte Montemhet.
    »Worum geht es? Um deine Söhne?«
    »Um Khay, meinen Erstgeborenen. Kein schlechter Junge, das musst du mir glauben, aber wild und ungehorsam seit jeher. Er hat ...« Basa wischte aufgeregt an seinem Mund herum.
    »Was ist mit Khay?« Montemhet begann allmählich ungeduldig zu werden. »Was hat er getan?«
    »Das Schlimmste, >Großer in Waset<, das Allerschlimmste. Meine Lippen weigern sich, das Wort auszusprechen. Khay hat gesündigt, schwer gesündigt. Aber muss er deshalb gleich sterben?«
    »Jedes Verbrechen muss bestraft werden«, sagte Montemhet, »denn es verletzt die Maat. Was hat dein Sohn getan? Sag es mir!«
    »Der Weg des Maulwurfs«, flüsterte Basa mit irrem Blick.
    »Erinnerst du dich noch? Mein unterirdischer Gang, der die Rettung für die Stadt bedeuten sollte.« Seine Hände fuhren unruhig hin und her. »Ich habe ihn damals in deinem Namen gebaut, unter großen Mühen. Keiner sollte etwas davon erfahren . Aber er hat Waset nicht gerettet, Fürst, sondern dazu gedient, die Feinde im Schutz der Nacht in die Stadt zu lassen. Ich weiß es, ich habe es immer gewusst, und dennoch bis heute geschwiegen. Wenn du willst, werde ich das Geheimnis mit in mein Grab nehmen — aber rette meinen Jungen! Verschone Khay, ich bitte dich!«
    »Du willst mich erpressen?« Montemhets Stimme war kühl.
    »Natürlich nicht! Ich möchte dir einen Handel vorschlagen: Dein Geheimnis gegen das Leben meines Sohnes. Du willst wissen, was sein Verbrechen ist?« Basa senkte den Kopf.
    »Der Weg des Maulwurfs, verstehst du denn nicht? Jemand, der heimlich in dunklen Stollen gräbt ...«
    Montemhet wandte sich ab, sonst
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