Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Isartod

Isartod

Titel: Isartod
Autoren: Harry Kämmerer
Vom Netzwerk:
Zumindest in einer Hinsicht. Dr. Günther hatte Doris Rossmeier tatsächlich absichtlich in Maders Abteilung platziert. Mader war wegen seiner unkonventionellen Arbeitsmethoden und seiner konsequenten Umgehung der Bürokratie ein lästiger Reißnagel in seinem ledernen Beamtenhintern. Außerdem sollte Dosi wirklich für mehr Tempo bei der Mordkommission sorgen. Wenn jetzt schon der Bürgermeister auf der Matte stand.
    Mader selbst sah das ganz cool. Bei ihm durfte jeder seine Talente entfalten. Und dass für Dosi – wie sie ja ihre Freunde nennen – der Einstieg bei der Mordkommission wohl nicht ganz einfach würde – na ja. Wo lief es schon wirklich rund? Sollte sie mal zeigen, was sie kann.
    WO MAN SO RUMTREIBT
    Später Nachmittag. Sie saßen zu viert um Maders Besprechungstisch. Hinter ihnen an der Wand hingen die Fotos vom Schwimmbad und eine Karte von München. BeimMaria-Einsiedel-Bad steckte eine rote Nadel im Isarkanal.
    »Wer fasst das für Doris zusammen?«, eröffnete Mader die Runde. »Sie, Hummel?«
    »Ja. Also, wir haben eine Wasserleiche. Eine junge Frau, gute Zähne, gepflegtes Äußeres, sauteure Unterwäsche …«
    Die folgende Diskussion kreiste vor allem um Tatort und Fundort. Sie waren sich einig, dass Hendl und Steckerlfisch durchaus auf das Campingmilieu hindeuteten, doch Dosi hatte einen ebenso profanen wie plausiblen Gedanken: »Bei der Brotzeit sind alle Bayern gleich.«
    Das leuchtete ein. Die Frage, die jetzt geklärt werden musste: Ist die Leiche den Fluss runtergetrieben, ist sie zufällig am Gitter gelandet? »Schaut’s euch das Stauwehr an«, meinte Mader. »Wenn sie da wer reingschmissen hat, kann sie dann überhaupt beim Maria Einsiedel rauskommen? Im Mai werden die Bäder geöffnet. Da wäre die Leiche definitiv aufgetaucht. Wenn sie absichtlich dort lag, ist das wie eine Zeitbombe. Dann sollte sie gefunden werden. Doris und Hummel, Sie überprüfen das morgen, mit einem Altkleidersack oder so was Ähnlichem. Und Zankl, Sie fragen noch mal die Dame im Fetischladen. Ob sie schon was weiß aus der Szene. Mich interessiert auch, ob sie Adressen von professionellen Anbietern solcher Dienste hat.«
    KIND OF BLUE
    Eine Frau. Im blauen Sommerkleid. Erste Gelegenheit in diesem Jahr. Die Frau ist sehr schön. Und groß. Wie ein Fotomodel. Braune Locken, heller Teint, Sommersprossen. Sie wartete vor dem Eingang eines tristen Büroblocks im Westend.
    Zankl drängelte sich die lange Rolltreppe hoch, nachdem ihn die U-Bahn an der Westendstraße ausgespuckt hatte. Nackenhaar schweißnass, tellergroße Flecken unter den Achseln. Vor ihm blockierte die Frau mit ihrem riesigen Samsonite die Rolltreppe. Sie versuchte, den Rollkoffer zu bändigen. Fast in der Hocke. Sie lächelte ihn entschuldigend an.
    Als die Rolltreppe fast oben war, fragte sie ihn: »Könnten Sie mir kurz …?«
    »Nein, kann ich nicht«, knurrte er und drückte sich an dem Koffer vorbei, der gefährlich schwankte.
    Die Frau zischte ihm hinterher: »Depp!«
    Das war nichts im Vergleich zu dem, was ihn gleich von seiner Frau erwartete, wenn er noch später kommen würde. Er sah auf seine Uhr, als er die Straße entlanghastete. Zwölf Minuten zu spät. Verdammter Mist! Als er sie erblickte, winkte er. Nein, er ruderte mit den Armen wie ein Ertrinkender.
    Empfang kühl. Gut. Gar nicht so emotionsgeladen wie erwartet: »Du siehst aus wie der letzte Penner«, begrüßte sie ihn.
    Betreten sah er an sich herunter.
    »Unrasiert, verschwitzt, Ketchup.« Sie deutete mit ihrem perfekt manikürten Zeigefingernagel auf seinen Oberschenkel. Beinahe rutschte ihm »Schussverletzung« raus. Aber das ließ er lieber. Genauso wie die Erklärung, dass das mitnichten Ketchup auf seiner Hose war, sondern Hagebuttenmarmelade aus einem Krapfen, den er sich noch schnell am Stachus gekauft hatte, bevor er in die U-Bahn gesprungen war. Kein Öl ins Feuer. »Sorry, Schatz, es war einfach viel los im Büro. Sind wir viel zu spät?«
    »Was heißt wir? Wenn hier einer zu spät ist, dann ja wohl du!«
    »Ja, ich weiß, Conny. Es tut mir auch …«
    »Wir sind genau pünktlich«, unterbrach sie ihn sachlich. »Der Termin ist um halb sechs.«
    »Aber du sagtest doch um fünf …«
    »Dann wärst du erst in einer halben Stunde hier.«
    Zankl antwortete nicht. Sie hatte recht. In ihrer Gegenwart fühlte er sich immer wie der letzte Loser.
    »Entschuldigung?«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Conny zog ihren Mann zur Seite, um der Dame mit dem Samsonite Platz zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher