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Isartod

Isartod

Titel: Isartod
Autoren: Harry Kämmerer
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machen. »Warten Sie, ich mach Ihnen die Tür auf«, sagte Conny und ging zum Eingang.
    »Vielen Dank, das ist sehr freundlich. Sagen Sie: Ist das Ihrer?«, fragte die Frau mit einem Nicken in Zankls Richtung.
    »Ja. Leider.«
    Sie lachten beide, und die Frau mit dem Koffer verschwand im Aufzug.
    »Kommst du jetzt endlich?«, rief Conny ihren Mann. »Sonst sind wir wirklich zu spät.«
    Zu spät war relativ im Hormonzentrum von Dr. Röhrl. Wartezimmer immer voll und Wartezeiten immer lang. Riesenbedarf. Es brummte wie in einem Bienenstock. Keine ganz jungen Bienen. Hormontherapie hieß die Spezialität von Dr. Röhrl. Und er lebte gut davon. Der gediegene finanzielle Background seiner Kundinnen war jedenfalls nicht zu übersehen. Außer ihnen war nur noch ein jüngeres Paar anwesend. Blicke voller Hoffen und Bangen. Zweites Standbein von Röhrl. Wunschkindklinik. Frohe Botschaft in bunten Krakelbuchstaben an der Wand. »Frau und Herr Zankl«, erklang schließlich die Stimmeder Sprechstundenhilfe. Als sie aufstanden, registrierte Zankl, wie das junge Paar sich fester an den Händen fasste. Der junge Mann grinste ihn frech an und drückte ihm die Daumen. »Scotty, beam me up!«, dachte Zankl.
    Als die schwere schallgedämmte Tür hinter ihnen sanft geschlossen wurde, fand er sich wieder in einem Designertraum in Weiß. Ein Hauch Rotgold. Die Sonne stand schon tief am Himmel. Unter dem Feuerball: die Alpenkette.
    »Faszinierende Aussicht, nicht?«, sagte Dr. Röhrl aus dem kleinen Badezimmer, das an sein Büro angrenzte und wo er sich gerade in aller Sorgfalt die Hände wusch und abtrocknete. »Aber nichts ist so faszinierend wie das Wunder des Lebens.«
    Aus einem Nebenraum trat eine Frau im weißen Kittel. Zankl erstarrte. Die Frau aus der U-Bahn! Dr. Röhrl lächelte voller Besitzerstolz. »Darf ich Ihnen meine Frau vorstellen, frisch eingetroffen von einem Hormonkongress in Vancouver. Sie ist Biochemikerin und betreut hier in der Praxis die schwierigeren Fälle.«
    Zankl stand kurz vor einer Ohnmacht und schluckte trocken. Röhrl legte Zankl vertraulich die Hand auf die Schulter und sagte mit sanfter Stimme: »Kommen Sie, wir legen gleich los!« Er führte ihn nach hinten und deutete auf eine Tür rechts. »Unser Dark-Room. Schauen Sie mal!« Er öffnete die Tür. Zankl blickte in gähnendes Schwarz. Röhrl macht das Licht an. Besen, Putzmittel, Eimer. Röhrl lachte glucksend. Zankl nicht.
    GALAPAGOS UND SO
    Mader saß auf dem Sofa, Bajazzo neben ihm. Ein Dokumentarfilm über die Galapagosinseln. Arte. Verzückt verfolgten die Hundeaugen die unheimlichen Echsenwesen. Mader sah nicht wirklich in die Glotze, er starrte durch sie hindurch und dachte nach. Ob es auch ein ganz anderes Leben gab. In Schwarz-Weiß. In Paris. Er fummelte einen Brühwürfel aus der Brusttasche seines Hemdes. Eine Hälfte für ihn, eine für Bajazzo. Der japste vor Freude. Mader stand auf und ging ans Fenster. Er sah hinaus in die Dunkelheit und lutschte nachdenklich.
    Dosi lag mit einer Rohrzange bewaffnet unter der Spüle in ihrer Küche und versuchte, den Syphon aufzuschrauben. Das Wasser lief nicht ab. Bevor sie die Umzugskisten ausräumte, mussten hier zumindest die grundlegenden Dinge funktionieren. »Ein Schnäppchen«, hatte der reizende Makler gesagt. »680 Euro für 38 Quadratmeter an der Landsberger Straße, Wahnsinn!«, dachte Dosi. Aus dem Gettoblaster hoppelte Buddy Holly durch die Wohnung: Peggy Sue, oh, Peggy Sue, Peggy Peggy Peggy …
    Hummel verhockte den Abend in der Blackbox . Und führte imaginäre Gespräche mit Beate, die alle Hände voll zu tun hatte. Er beobachtete sie unauffällig. Sie bewegte sich wie eine Tänzerin hinter dem Tresen. Perfekt abgestimmt auf den Sound. Die Contours: Ain’t nothing but a House party … Hummel blieb nicht zu lange, er wollte zu Hause noch seiner Idee nachgehen. Er stellte sich vor, wie Beate eines Tages sein Buch lesen würde. Er dachte auch über die neue Kollegin nach. Dosi. So gar nicht sein Typ, aber sie hatte was. Die packte zu. Das gefiel ihm.
    Oh, du mein Tagebuch!
    Ich glaube, dass Dosi sofort erkannt hat, dass ich ein sensibler Mensch bin. Morgen werde ich mit ihr zusammen unterwegs sein. Bin gespannt. Lieber ein Sams an der Hand als ein Vogel auf dem Dach?
    Beate ist mir ein Rätsel. Hat sie mich überhaupt wahrgenommen heute Abend? Ich muss einfach mehr erfahren über die weibliche Psyche. Vielleicht gelingt mir das jetzt mit meiner neuen Kollegin. Und es ist ganz ohne
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