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Irgendwie Top

Irgendwie Top

Titel: Irgendwie Top
Autoren: Chris P. Rolls
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aus der Stimme verbannt. Darin hatte er reichlich Übung.
    „Hey, bist du doch schon wach? Hätte ich ja nicht gedacht.“
    „Wenn ich nicht wach wäre, Struppi, könntest du dich kaum mit mir unterhalten“, brummte Markus gutmütig. Sein jüngerer Bruder Tim kicherte, den er wegen seiner wirren blonden Haare meist bei seinem Spitznamen nannte. Mein Halbbruder , korrigierte sich Markus. Der wahre Grund für sein ausschweifendes Sexleben voll unbedeutender One-Night-Stands.
    „Warst du gestern nicht erfolgreich?“, fragte Tim. „Sonst bist du doch erst ab elf ansprechbar. Oder bist du etwa solide geworden?“
    Markus brummte abermals. Tim und er hatten den gleichen Vater, Tims Mutter war hingegen nur die Geliebte seines Vaters gewesen. Ein Fehltritt, eine Sünde während seines Jobs in England. Das Resultat war neunzehn und lebte seit dem Tod der Mutter vor fünf Jahren in ihrer Familie.
    „Warum rufst du denn um zehn schon an, wenn du damit rechnest, dass ich penne?“, fragte Markus nach. „Und ja, ich war erfolgreich, aber so klasse war der nun auch wieder nicht, dass ich mit dem hier noch immer herumliegen würde.“
    Niemals. Keine Namen, keine Komplikationen.
    Tims helles Lachen sandte schmerzhafte Stiche in seine Brust. Verdammt, warum musste er auch nur so begehrenswert sein? Dunkelblond, sommersprossig, schlank, ziemlich klein und verdammt frech. Das war sein Struppi. Absolut unerreichbar.  
    „Hauptsache du hattest viel Spaß“, meinte Tim und ergänzte nach einer Pause zögernd: „Sag mal … du hast doch heute deinen freien Tag, oder?“
    „Sonst würdest du mich wohl kaum hier antreffen“, seufzte Markus. „Dann wäre ich schon dabei kräftige Männermuskeln zu massieren. Ganz andere als heute Nacht.“ Er schnalzte bezeichnend.
    Abermals lachte Tim auf. „Du bist schrecklich versaut, mein schwules Brüderchen. Kommst du dann heute vorbei? Dad und Mum sind bei Freunden eingeladen und ich langweile mich tierisch.“
    „Jetzt schon? Warum triffst du dich denn nicht mit ein paar Freunden? Es sind doch Ferien.“ Tim gab ein abfälliges Schnauben von sich. „Mann, Markus! Du weißt genau, dass ich keine solchen Freunde habe. Seit ich mich geoutet habe, machen alle einen Riesenbogen um mich. Ich muss heute Abend eh auf eine blöde Party, wo ich wieder nur dumm herumstehen werde und zuschauen kann, wie die alle nacheinander ins alkoholische Delirium fallen. Oder knutschend übereinander herfallen.“
    „Solange keiner über dich herfällt, Struppi“, brummte Markus und gab seiner Stimme einen neutralen Klang. Sein Bruder sollte nicht wissen, wie sehr ihm diese Vorstellung missfiel. Seit Tims verschämtem Geständnis, dass auch er sich eher zu anderen Jungen hingezogen fühlte, wurde es immer wahrscheinlicher, dass er auch sexuelle Erfahrungen sammeln würde.
    „Ach nö, keine Chance. Da interessiert sich keiner für mich. Das sind alles ziemlich verklemmte Heteros.“ Tim seufzte schwer fuhr jedoch augenblicklich fort: „Hey Markus, komm doch mit. Dann kannst du darauf achten, dass mir keiner unsittlich zu nahe kommt.“ Erneut kicherte Tim und ergänzte gleich darauf missmutig: „Auch wenn ich rein gar nichts dagegen hätte. Wahrscheinlich schleppst du wieder irgendeinen tollen Typen ab und ich bleibe weiterhin Jungfrau. Ganz schön blöd.“ Er lachte, aber es klang nicht echt.
    „So eine Saufparty für Jugendliche?“, hakte Markus skeptisch nach. Nicht gerade seine bevorzugte Art von Party. Die Vorstellung allerdings, dass jemand Tim abschleppen könnte, versetzte ihm einen heftigen Stich. Natürlich würde es irgendwann passieren. Er wusste ganz genau, dass er es nicht verhindern konnte. Wenn es nach ihm ginge, lag dieser Zeitpunkt noch in weiter Ferne.
    „Okay, weil du es bist und ich dich über alles liebe, mein Brüderchen.“ Ihr Verhältnis war sehr eng und derartige – harmlose – Liebesbezeugungen waren ein Teil ihres Rituals untereinander.
    „Ich liebe dich auch Brüderchen“, antwortete Tim. Seine Stimme war warm. Und auch wenn Markus wusste, dass es eine andere Bedeutung hatte, genoss er es. Seine ungebührlichen Gefühle würde er nie zugeben.
    „Kommst du gleich vorbei?“, fragte Tim drängender. „Wir könnten doch Computer spielen. Du bist mir vom letzten Mal noch eine Revanche schuldig.“
    „Okay, überredet. Hat Mum noch Applepie da?“ Markus liebte den typisch englischen gedeckten Apfelkuchen, den nur seine Mutter so hinbekam. „Klar doch. Aber wenn du
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