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Intruder 4

Intruder 4

Titel: Intruder 4
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der eine Mischung aus dem Empfang eines Wild-West-Motels und einem gemütlich möblierten 104
    Wohnzimmer zu sein schien. Das ging hin bis zu einem übergroßen, aus Bruchstein errichteten offenen Kamin, in dem ein gewaltiges Feuer prasselte. Der Kamin und eine altmodi-sche Sturmlaterne stellten die einzigen Lichtquellen im Raum dar. Der junge Mann hinter dem aus grobem Eichenholz gezimmerten Tresen war entweder ein hoffnungsloser Roma ntiker, oder der Strom war ausgefallen. Darüber hinaus war es warm, himmlisch, köstlich warm!
    Der junge Mann hinter der Theke - mit T-Shirt, schulterlangem, gewelltem Haar und silbernem Ohrring der einzige stilistische Missklang in der perfekt gestalteten Wild-West-Romantik - sagte ein paar Worte in scharfem Ton, auf die Frank besänftigend und mit einer Geste in Richtung Mike reagierte. Mike machte sich nicht die Mühe, nach der Übersetzung zu fragen. Vermutlich hatte er sich beschwert, weil Mike die Tür offen gelassen und auf diese Weise Schnee und Kälte Einlass gewährt hatte. Stattdessen ging er zum Kamin, ließ sich in die Hocke sinken und zerrte mit den Zähnen die Handschuhe von den Fingern, ehe er sie über die prasselnden Flammen hielt. Die Wärme tat ungemein gut. In wenigen Augenblicken würden seine Finger zu kribbeln beginnen und danach vermutlich ganz gemein wehtun, aber das interessierte ihn im Auge nblick nicht.
    »Hat er ein freies Zimmer?«, fragte er bibbernd. »
    »So viele du willst«, sagte Stefan von der Theke aus. »Wir sind die einzigen Gäste. Und er bittet um Entschuldigung - der Strom ist ausgefallen, und deshalb funktioniert die Klimaanlage nicht.«
    »Sehr komisch«, murrte Frank. »Der Kerl ist ein kleiner Witzbold, wie?«
    »Ein gieriger kleiner Witzbold«, antwortete Stefan. »Er will zweihundert Dollar für das Zimmer.«
    »Zweihundert?« Mike blickte über die Schulter zur Theke zurück und starrte den jungen Mann dahinter an. Der Bursche 105
    grinste breit. Seltsam, Mike war sich ga nz sicher, dass gerade eben noch keine halb heruntergebrannte Zigarette in seinem Mundwinkel gequalmt hatte. Mike verspürte plötzlich das fast unwiderstehliche Bedürfnis, sich auf ihn zu stürzen und sie ihm wegzureißen, nur um einen einzigen Zug zu nehmen.
    Stattdessen sagte er: »In Ordnung.« Er griff mit tauben Fingern unter die Jacke, zog seine Brieftasche heraus und warf sie Stefan zu. »Gib ihm die zweihundert. Und leg noch was obendrauf.«
    Stefan blickte ihn verwirrt an, aber dann klappte er die Brie ftasche auf und begann die genannte Summe abzuzählen. Sehr viel blieb danach nicht mehr übrig, wie Mike schmerzhaft bewusst wurde. Ein weiteres Problem: Ihr Bargeld wurde allmählich knapp, und so, wie die Dinge lagen, musste er auf den Gang zum Geldautomaten ve rzichten, wollte er die Behörden nicht geradewegs auf ihre Spur locken. Wenn Strong die Wahrheit gesagt hatte, dann suchte zwar außer ihm selbst im Moment niemand nach ihnen, aber wer sagte ihnen, dass sie ihm trauen konnten?
    . Stefan legte die abgezählte Summe auf den Tisch und fügte -
    nachdem er einen letzten fragenden Blick mit Mike getauscht hatte - noch einen Zwanziger hinzu, als der Manager ihm das Anmeldeformular hinschob. Sowohl der Geldschein als auch das Formular verschwanden wie weggezaubert.
    »Wir sollten die Maschinen verstecken«, sagte er.
    Stefan lachte humorlos. »Kennst du ein besseres Versteck als diesen Sturm? Wenn Strong uns tatsächlich folgt, dann ist er noch bekloppter, als ich dachte.«
    »Ungefähr so bekloppt wie wir?« Mike stand mühsam auf und schlurfte zur Theke. Während der junge Bursche die Zigarette ausdrückte, nur um sich praktisch im selben Moment die nächste anzuzünden, ließ er die drei Ankömmlinge nicht aus den Augen. Mike sah hastig weg.
    »Wenn der Strom ausgefallen ist, gibt's wohl auch keinen 106
    heißen Kaffee«, seufzte Frank.
    »Und auch keine Heizung.« Stefan nahm den Zimmerschlü ssel entgegen, steckte ihn ein und deutete mit dem Kinn auf die Wand neben dem Kamin. Obwohl Mike unmittelbar davor gekniet hatte, waren ihm die zahlreichen, mit dünnem Seil zusammengehaltenen Bündel Feuerholz nicht aufgefallen, die dort aufgestapelt lagen. Offenbar war die Heizung heute nicht zum ersten Mal ausgefallen. »Wir sollen uns ein paar Bündel davon mitnehmen.«
    »Lass mich raten«, knurrte Frank. »Sie kosten zwanzig Dollar.«
    »Zehn«, verbesserte ihn Stefan. »Und die Streichhölzer sind gratis.«
    »Der Kerl ist ja ein richtiger Samariter.«
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