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Interwelt

Interwelt

Titel: Interwelt
Autoren: Isidore Haiblum
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herab und feuchte Luft drang ein. Ich rannte und sprang, als ein paar Schwergewichtler in diese Richtung quollen. Leichter, als ich gedacht hatte, gelangte ich auf den Korridor, wo ich weiterlief. Nun wollte ich nur noch fort von hier, solange ich die Chance hatte. Sollten die Konstabler meine Schwester retten!
    Das Wohnzimmer war leer, die Haustür nicht mehr weit, da zog ein Geräusch meine Aufmerksamkeit auf sich, und ich blickte zur Treppe. Dr. Spelville lehnte sich über das Geländer und schwang den Arm zum Wurf. Etwas Stumpfgraues wirbelte herab. Spelville verschwand.
    Ich warf mich in die niedrige Nische unter der Treppe. Hinter mir hagelte es Holzsplitter des Fußbodens, und ein Feuer flammte auf, das sich schnell ausbreitete. Auf Gummibeinen schleppte ich mich zur Haustür. Kaum stand ich im Freien, hörte ich hinter dem Haus einen startenden Motor. Statt vernünftig zu sein und mich zu verziehen, rannte ich dorthin, aber ich sah nur noch die Schlußlichter eines Wagens. Ich richtete die ‚38er auf einen Reifen, doch die Pistole klickte bloß leer.
    Da schrillte ein Schrei im Haus. Ich wirbelte herum und rannte zurück. Nachdem die Bewohner dieser feudalen Villa sich schuldbewußt abgesetzt hatten, durfte das Betreten ja nicht mehr gefährlich sein. Ich folgte den gellenden Schreien die leicht angesengte Treppe hoch – das Feuer schwelte nur noch – und fand meine teure Schwester verschnürt wie ein Paket.
    Kaum sah sie mich, rief sie anklagend: »Man hat mich entführt.« Als ob ich das nicht gewußt hätte! Mit dem Taschenmesser schnitt ich die Stricke durch.
    »Was haben die denn von dir gewollt?« fragte ich. »Eh?«
    »Das würde ich auch gern wissen«, jammerte sie.
    Ich schickte Schwesterherz zu meinem Wagen und schaute mich gründlich im Haus um, aber die andern hatten genauso gründlich dafür gesorgt, daß sie nichts Belastbares zurückließen.
    Plötzlich hörte ich Sirenen, die immer näherkamen, und schon hielt ein Wagen vor dem Haus an. Ich gönnte mir nur einen flüchtigen Blick darauf, gerade als sechs kräftige Konstabler herausquollen, und sah zu, daß ich durch die Hintertür verschwand. Ich hielt mich im Dunkeln, während ich zu meinem Wagen rannte – aber er war verschwunden. Noch ehe ich mir etwas einfallen lassen konnte, kamen Scheinwerfer näher, und dann quiekte eine sehr mißtönende Hupe, aber ich hätte mein Auto auch so erkannt. Die zwei Konstabler an der Haustür schauten natürlich sofort her.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als auf die Straße zu trotten. Eine Wagentür schwang auf. Es gelang mir, einen Fuß aufs Trittbrett zu setzen und mich festzuhalten. Dann ging es knapp an einem Baum vorbei und noch knapper an einer Mülltonne, ehe wir endlich in Straßenmitte waren und Linda auf den Beifahrersitz rutschte, damit ich mich hinters Lenkrad quetschen konnte.
    Die Konstabler, die wir zurückgelassen hatten, zwängten sich wieder in ihren Wagen, doch bei unserem Tempo waren sie schnell außer Sicht. Ich bog in alle möglichen Seitenstraßen, ehe ich endlich auf geradem Weg in die Stadtmitte zurückfuhr. Natürlich machte ich Linda Vorhaltungen wegen der Hupe und mahnte sie, das nächstemal vorsichtiger zu sein.
    »Das nächste Mal?« Sie starrte mich an.
    »Bei meinem Pech gibt es ein nächstes Mal«, brummte ich.
    »Ich verstehe überhaupt nicht«, beschwerte sie sich. »Warum sollen die Konstabler nicht wissen, daß ich entführt wurde?«
    »Wegen Joe.«
    »Du hast ihn gefunden?«
    »Ja, aber er lebt nicht mehr.«
    Sie blinzelte mich an. Linda ist eine zierliche Dame mit kessem Gesicht, kurzem, schwarzem Haar und auffallend grünen Augen. »Er ist tot? «
    »Ja. Hör zu, Linda, es ist wichtig. Was hat er in den vergangenen Wochen getan? Was hat er gesagt?«
    Linda seufzte. »Joe hat nie etwas getan. Und er war immer geradezu unheimlich verschlossen.« Nach einer Weile seufzte sie erneut. »Zumindest spare ich die Scheidungskosten.«
    »Aber dafür hast du andere Kosten auf dem Hals! Vergiß nicht, daß du in Glücksstadt lebst.« Unter dem Stadtgesetz mußte eine Frau für die Schulden ihres Mannes aufkommen, in diesem Fall die Witwe. Und Joe stand bei den Buchmachern tief in der Kreide. Wie sollte sie das alles bezahlen? Sie konnte zu einer schrecklichen Last für ihre Familie werden – und ich war alles, was sie an Familie hatte.
    Ich fuhr etwas langsamer und erzählte Linda von der ganzen Spelville-Angelegenheit und wie ich ihren vermißten Ehegatten gefunden
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