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Insel der Träumer

Insel der Träumer

Titel: Insel der Träumer
Autoren: Horst Hoffmann
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daran gewesen waren, die Trugbilder zu durchschauen, ließen sich ins Wasser gleiten, umschwammen die aus dem Leck ragenden Reste des Kraken in weitem Bogen und kletterten an den Rudern empor.
    »Wir werden viele Zimmerleute haben«, sagte Golad.
    Chrandor stürzte die Treppe hinunter, sprang auf wie von Dämonen gehetzt, und rannte weiter, an Mythor vorbei, wobei er sich über eine Beule an der Stirn rieb. Sadagar tauchte hinter ihm auf. Als er Mythor sah, blieb er stehen, schluckte und breitete sodann mit strahlendem Gesicht beide Arme weit aus.
    Und Mythor packte ihn, lachte und drehte sich mit Sadagar um die eigene Achse. Alle Anspannung der letzten Stunden machte sich jetzt auf einmal Luft. Der Krake war tot, seine Schrecken waren vergessen. Es gab wieder eine Zukunft für Mythor und seine Gefährten und für die Bewohner der Insel, auch wenn sie nun sehen mussten, dass ihr Paradies in Wahrheit ein ödes, unfruchtbares Land war. Aber sie lebten, und mit der Zeit würde es ihnen vielleicht sogar gelingen, Sarmara nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
    Mythor aber zog es fort von hier. Er ließ Sadagar zu Boden gleiten, wehrte die Männer ab, die plötzlich überall um ihn herum waren und ihn, Golad und Sadagar als ihre Befreier feierten, und brachte sie schließlich dazu, mit Hand anzulegen an das neue Boot. Es gab noch viel zu tun, und der Mond wanderte weiter am sternenklaren Firmament.
    *
    Nach wie vor umschloss der Strudel die Insel wie ein Wall. Nur an einer Stelle, weit draußen vor der Bucht, bestand die Gegenströmung. Sie teilte das Wasser, und was sie von dem Eiland fort riss, strömte von den Seiten her nach, wo sich andere, verheerende Strömungen gebildet hatten.
    Das neue Boot ruhte fertiggestellt noch im Leib der Gasihara, die in der Bucht vor den Gewalten der entfesselten Elemente geschützt war. Doch als Mythor nun den Blick über das Meer schweifen ließ, beschlichen ihn Zweifel am Gelingen ihres Vorhabens. Es erschien ihm plötzlich, als fordere er die Elemente heraus.
    Er stand mit Sadagar, Chrandor, Golad und Farina auf einer der beiden Klippen, zwischen denen das Wrack der Lichtfähre festhing. Um sie herum saßen die Männer der Insel, zu denen sich die Frauen und Kinder gefunden hatten, die es nach ihrem bösen Erwachen nicht länger allein dort hielt, wo sie ihr trügerisches Dasein gefristet hatten. Viele weinten und ließen mutlos die Köpfe hängen. Andere starrten grimmig hinaus auf den Strudel, in ihren Augen die wilde Entschlossenheit, dem grausamen Schicksal zu trotzen und den Kampf gegen die abartige Natur der Insel aufzunehmen.
    Zu Mythors Erstaunen aber waren die wenigsten von ihnen wirklich niedergeschlagen. Noch standen sie unter dem Eindruck der furchtbaren Veränderung, die sie hatten mit ansehen müssen, als sich ihr Paradies in ein Ödland verwandelte. Doch schon zeigte sich neuer Unternehmungsgeist in ihren Blicken und Gesten. Es war, als ob sie mit dem Verlöschen der Trugbilder ihre bislang sinnlose Existenz erkannt hätten und nun gerade beweisen wollten, dass sie auch ohne fremde »Hilfe« auf Sarmara überleben konnten. Zehn, zwölf Männer hatten sich von den anderen abgesondert und hinter Mythor und Sadagar aufgestellt. Sie wollten mit ihnen an Bord des Bootes gehen und in Logghard gegen die Mächte aus der Schattenzone kämpfen.
    »Es wird Zeit, Mythor«, drängte der Steinmann.
    Mythor nickte zögernd. Dann fand sein Blick Golad und Farina, die Hand in Hand am Rand der Klippe standen.
    »Wir haben uns entschlossen, auf Sarmara zu bleiben«, verkündete der Hüne mit sanfter Stimme. »Dies ist das Land, von dem wir träumten, Mythor, kein Paradies, aber ein Land, sicher vor den Nachstellungen derer, die die Lichtwelt zu dem gemacht haben, was sie nun ist. Wir werden es formen, und eines Tages vielleicht…«
    Er sah Farina an, und zum erstenmal lächelte das Mädchen wieder. Sie reichte Mythor die Hand, und gerührt drückte dieser sie.
    »Danke«, sagte Farina. »Danke für alles.«
    »Auch ich habe euch zu danken«, sagte Mythor. »Für die Hoffnung, die ihr mir zurückgabt.«
    Sie blickte ihn verständnislos an, suchte in seinen Zügen zu lesen. Sadagar begann zu schimpfen und trat zwischen sie.
    »Willst du nach Logghard oder nicht?« krächzte er. »Mythor, du wirst noch hier stehen und träumen, wenn die Sonne aufgeht!«
    Gewaltsam machte der Sohn des Kometen sich frei von der eigentümlichen Stimmung, die ihn erfasst hatte. Er drückte noch einmal Farinas
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