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Insel der Träumer

Insel der Träumer

Titel: Insel der Träumer
Autoren: Horst Hoffmann
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halten.
    »Rachamon! Komm zurück, du Narr!«
    Aber es war schon zu spät. Ein peitschender Fangarm traf den Kopf des Magiers mit unvorstellbarer Wucht. Undeutlich sah er, wie des Magiers zertrümmerter Schädel im Wasser versank und es blutrot färbte. Entsetzen und Zorn brannten sich in sein Denken. Mythor wusste in diesen Augenblicken nicht mehr, was er tat. Er kam erst zu sich, als er an einem der Halteseile stand und nach einer Klinge suchte, mit der er es durchtrennen konnte. Sein Schwert stak noch im Auge des Monstrums, das sich in den Schiffsleib hineinschob, so ungestüm, dass das Wasser bis zu den Decksplanken hinauf spritzte. Es hatte die Stelle fast erreicht, auf die die Pfähle zeigten, und kam näher. Die Tentakel schoben sich über die Wände. Immer noch wuchs der furchtbare Körper, und ein schrecklicher, weit offener Schlund genau im Zentrum der Fangarme gähnte den Eingeschlossenen gierig entgegen.
    Plötzlich war der Steinmann heran, riss drei Messer aus seinem Gurt, warf eines davon Mythor zu, ein zweites Golad. Er selbst stellte sich an eines der Halteseile und legte die Schneide der Klinge daran.
    Golad zögerte einen Augenblick, Farina fest im Arm. Ein Fangarm kroch wie eine riesige Schlange auf sie zu. Das rote Auge leuchtete und schien den Hünen zu lähmen.
    »Golad!« brüllte Mythor, wassertriefend und bebend. »Bei Quyl! Kommt her!«
    Und nur hinter den Geschützen bot sich noch Sicherheit. Die Tentakel schoben sich über den Boden der Wände, berührten die Decke des Schiffsbauchs.
    Golads kräftiger Körper wurde von einem Zittern durchlaufen. Wasser spritzte ihm ins Gesicht und entriss ihn endlich dem Bann des Kraken.
    Die drei Pfähle in den Wurfmaschinen zeigten schon auf das Riesenauge, als alle drei Männer endlich beisammenstanden und sich daranmachten, die Seile zu durchtrennen. Die Klingen der Messer schnitten sich in die Fasern, doch viel zu langsam geschah das.
    Farinas Schreie antworteten dem ohrenbetäubenden Kreischen des angreifenden Kraken, der sich näher schob, immer näher…
    Planken wurden mit furchtbarer Gewalt gesprengt, weitere Wassermassen drangen schäumend und gurgelnd ein, Holz splitterte und regnete auf die Todgeweihten herab, als ein Tentakel das Deck durchstieß.
    Mythor spürte seine Hand kaum noch. Er sah in die wabernde rote Glut des Auges, versank darin, kämpfte um die Freiheit seines Willens und schnitt, scheuerte und zerrte an dem Seil. Der Krake war zur Ruhe gekommen, doch seine Fangarme schoben sich auf die Wurfmaschinen zu, so als wisse das Ungeheuer, wovon ihm allein Gefahr drohen konnte. Die Maschine, an der Sadagar stand, wurde erfasst und bewegt. Der Steinmann schrie auf, bebend vor Angst und Zorn, und packte den Griff des Messers wie den eines Schwertes. Seine Arme sausten herab, die Klinge traf das zerfranste Seil und durchtrennte es.
    Mit unvorstellbarer Wucht wurde der Pfahl von der Sehne der Riesenarmbrust nach vorne geschnellt und fand sein Ziel. Das Schiff erbebte, das Katapult ruckte zurück, dass Sadagar sich mit einem mächtigen Satz in Sicherheit bringen musste, und das hölzerne Geschoß bohrte sich bis zur Hälfte in den Körper des Kraken. Mythor glaubte, seine Trommelfelle müssten platzen. Das Kreischen des dämonischen Untiers übertönte alles, als der Krake seine Fangarme peitschen ließ und mit einigen versuchte, den Pfahl aus seinem Fleisch zu ziehen.
    Dann zersprang auch das Halteseil von Mythors Katapult und nur einen Herzschlag später das letzte. Fast gleichzeitig bohrten sich die beiden Pfähle tief in den Schlund und das Auge des Ungeheuers. Mythor sprang zurück, riss Golad mit sich und warf sich schützend über Farina, die Hände fest gegen die Ohren gepresst. Sadagar lag ebenfalls am Boden und schrie etwas, das im Toben des Kraken unterging. Sämtliche Tentakel rollten sich ein. Mythor wagte sich nicht umzusehen. Wuchtige Schläge rissen immer größere Löcher in den Schiffsleib. Wie in einem Höllensturm wurde die Gasihara hin und her gerissen. Das Kreischen und Schlagen wollte kein Ende nehmen. Hilflos lagen die Menschen da, wissend, dass sie nun keine Waffe mehr besaßen, und mit jedem Herzschlag steigerte sich ihre Todesangst.
    Dann war plötzlich alles still um sie herum. Nur das Gurgeln abfließenden Wassers war zu hören.
    Unendlich langsam richtete Mythor sich auf, Angst im Herzen vor dem, was er sehen würde, wenn er sich umwandte.
    Doch er sah nur Chrandor, der wie benommen aus seiner Ecke taumelte,
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