Insel der Träumer
Kometen zu schier übermenschlichen Anstrengungen an. Unablässig hatte er den Hammer geschwungen und neue Planken aus dem Schiffsleib gebrochen, unablässig die Gefährten zur Eile angetrieben. Schon verdunkelte sich der Himmel. Die Nacht zog herauf, und bei den Klippen tauchten brennende Holzfeuer das Heer der Belagerer in helles, unheimlich flackerndes Licht.
Und nun, als es darum ging, das neue Boot zum Wassern fertigzumachen, bevor die Nacht vorüber war und die Strudel sich wieder um die Insel schlossen, kam Sadagar mit seiner Schreckensbotschaft.
Mythor kletterte an Deck, wo nur Farina die Männer an den Klippen beobachtete, und versuchte, bei der Grotte etwas auszumachen. Doch zu groß war die Entfernung, und mit jedem Atemzug wuchs die Dunkelheit.
»Wie lange, Sadagar?« fragte Mythor den Steinmann, der ihm nachgeeilt war. »Wie lange wird es dauern, bis er hier ist?«
»Ich weiß es nicht, Mythor.«
Der Sohn des Kometen ballte die Hände. »Geh wieder hinab und zimmere mit Chrandor und Golad weiter«, presste er hervor. »Und schicke Rachamon zu mir!«
»Mythor, was hast du vor?«
»Geh!«
Sadagar hob die Schultern. Nur schlecht konnte er seine Furcht verbergen. Seine Knie zitterten, als er sich entfernte.
»Du willst ihn töten?« fragte Farina tapfer. »Du glaubst, wir können den Kraken besiegen?«
Mythor gab keine Antwort. Er legte den Arm um das Mädchen und starrte auf die dunkle Bucht hinaus. Täuschte er sich, oder schäumte dort vorne das Wasser?
Rachamon erschien neben ihm. »Ich weiß, was du fragen willst«, kam er Mythor zuvor. »Ja, wir luden nicht nur die Kisten mit den Schwertern, Lanzen, Rüstungen und Bögen an Bord. Es gibt Wurfmaschinen und Pfähle in einem abgetrennten Raum des Schiffsbauchs.«
»Wo, Rachamon?«
»Komm mit, aber wir werden alle Kräfte brauchen. Ich kann dafür sorgen, dass der Krake durch das Leck ins Schiff kommen wird. In meiner Unterkunft gibt es noch magische Fetische, die ihn daran hindern werden, sich aufs Deck zu schieben. Mehr vermag ich nicht zu tun.«
»Mehr wird nicht vonnöten sein.«
Mythor nahm Farina bei der Hand und folgte dem Magier unter Deck. Ein verzweifelter Plan reifte in ihm heran. Diesmal würde es kein Entrinnen mehr geben, falls die für Logghard bestimmten schweren Waffen versagten.
Es begann ein Wettlauf mit der Zeit. Von der anderen Seite der Bucht her näherte sich der Krake, lautlos und tödlich. Der Weg zurück auf die Insel war abgeschnitten, und schon stand der volle Mond am Himmel, und die Wasser des Strudels schienen sich zu teilen.
Während Sadagar und Chrandor weiterzimmerten, wobei ihnen Farina nach Kräften half, machten sich Mythor, Golad und der Magier daran, die Wurfmaschinen aus dem zweiten Raum des Schiffsbauchs zu ziehen, der so gut getarnt war, dass nicht einer der hier unten zusammengepferchten Legionäre überhaupt von dessen Existenz gewusst hatte.
Mächtige angespitzte Pfähle mussten von zwei Männern getragen werden. Mythor schwitzte und blickte sich immer wieder nach dem Leck um, durch das das fahle Licht des Mondes einfiel und sich im eingedrungenen Wasser spiegelte. Wann erschien der Krake?
Endlich waren drei Wurfmaschinen so aufgestellt und gespannt, dass die eingelegten Pfähle alle auf eine Stelle zielten. Der Krake musste mit seinem ganzen monströsen Leib eindringen, wenn Aussicht bestehen sollte, ihn mit dem ersten Abfeuern der Geschosse zu töten.
Eine zweite Chance würde es nicht geben.
Das Warten begann. Chrandor hatte den Hammer längst aus der Hand gelegt und sich in den hintersten Winkel des Schiffsbauchs verkrochen. Sadagar zitterte, und auch die anderen spürten wieder die Lockrufe des Ungeheuers. Langsam schob sich das Unheil heran, wie etwas, das sich seiner Beute völlig gewiss war.
Farina lag leise weinend in Golads Armen. Sie war tapfer, doch das, was da lautlos unter der Wasseroberfläche heranglitt und seine tödlichen Fangarme nach den Menschen ausstreckte, war stärker als sie.
Die Schreie der Belagerer waren verstummt. Unheilvolle Stille machte sich breit. Selbst das Schlagen der Wellen, die an der Gasihara rüttelten, war leiser geworden.
Da schob sich der erste Fangarm tastend aus dem Wasser. Ein Ruck ging durch das Schiff. Golad schrie auf und wich mit Farina zurück.
Mythor aber schritt auf den Fangarm zu, in der Hand eines der Schwerter aus den aufgebrochenen Kisten. Sein Blick war starr, seine Bewegungen waren ruhig.
»Komm zurück!« rief Sadagar, doch
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