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Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum

Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum

Titel: Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
Autoren: Claudia de Lillo
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Objektsatz! Er hat gesagt: »Ich will nicht, dass du fährst.« Und selbst in dieser tragischen, schwierigen Lage keine falsche Verbform.
    Der frühreifen Anwendung des Objektsatzes ist es zu verdanken, dass Elasti-Mama die Kraft findet, sich wieder zu fassen.
    »Schatz, beruhige dich. Weißt du, wer aus Japan kommt? Wer genau dort geboren ist?«
    Neugierig wie ein Äffchen hält er inne. Trick stoppt Tränen.
    »Wer?«
    »Die Power Ranger! In Japan trifft man Power Ranger an jeder Straßenecke. In Japan kann man echte Power Ranger kaufen, die richtig kämpfen. Oder, wenn es dir lieber ist, ein Power Ranger-Schwert. Oder ein Power-Ranger-Kostüm. Oder ... Sag mir, was du dir wünschst, und ich bringe es dir mit.«
    Keine Spur mehr von Verzweiflung bei dem Kind. »Ich will den Blauen Ranger. Aber groß, ganz, ganz groß ... wie Papa. Bringst du mir den mit?«
    »Aber klar, Schätzchen. Den Blauen Ranger, riesengroß. Du kriegst ihn. Aber jetzt hör auf zu weinen.«
    Die Macht der Bestechung.
    Elasti-Mama weiß nicht, wo sie das blaue Monster finden wird. Aber eins nach dem anderen.
    Kurz bevor sie die Redaktion verlässt, hat Elasti-Mama ihren Kollegen eine Abschiedsbotschaft geschickt. »Morgen reise ich ab. Soll ich jemandem etwas aus Tokio mitbringen? Bittet, so wird euch gegeben.«
    In den folgenden drei Minuten sind folgende Wünsche eingegangen. Kollege A: Ein Foto mit Autogramm des Gelben Power Ranger; Kollegin P: ein Geisha-Kimono in Schlammgrün; Kollegin M: eine Salatschüssel aus Raku-Keramik, Durchmesser 24 Zentimeter, unbedingt in Blau, Marktwert 600 Euro - »du musst es ja nur kurz auslegen«; Kollegin L: Seidenkimono, aber keinen teuren, als Sommerkleid zu tragen, möglichst in hellen Farben; Kollegin Z: zwei Kilo Hoji-Tee; Kollegin B: eine Fünf-Kilo-Dose Wasabi; Kollegin F: Sandalen aus lackiertem Bambus; Kollege G: eine Geisha.
     
Samstag, 8. Dezember
    Frisch gewagt ist halb gereist
     
    Ein Papa und eine Mama leisten sich Ferien in einem exotischen Land. Ihre reizenden Sprösslinge lassen sie mit dem Kindermädchen ihres Vertrauens zu Hause.
    Diese unschuldige kleine Flucht setzt eine Kettenreaktion in Gang:
    1. Die Mama wird von einem verirrten Projektil getroffen und schwebt in Lebensgefahr, zunächst wegen großen Blutverlusts und später wegen einer Blutvergiftung.
    2. Ein Junge in dem exotischen Land wird von der Polizei getötet.
    3. Eine Jugendliche in Tokio sieht für sich keinen anderen Ausweg, als sich aus dem Fenster zu stürzen.
    4. Das Kindermädchen des Vertrauens wird unter der Anklage des Menschenhandels mit Minderjährigen ausgewiesen.
    5. Die beiden Kinder werden unter einer erbarmungslosen Wüstensonne im Grenzland zwischen USA und Mexiko allein zurückgelassen.
     
    Warum hat sich Elasti-Mama bei 36 auf dem Flug Mailand-Tokio zur Wahl stehenden Filmen ausgerechnet für diesen entschieden?
     
Sonntag, 9. Dezember
    Alarmstufe Rot: Lolita gesucht
     
    In der U-Bahn.
    Dreizehn Jahre, Zöpfe, ein rosa Babydoll voller Spitzen und Rüschen, weiße Schülerinnen-Kniestrümpfe, Kleinmädchenschuhe mit schwindelerregend hohem Absatz. Das Ganze halb verdeckt von einem rosa Mantel. In der Hand ein Mobiltelefon, ebenfalls rosa, an dem ein geflügeltes Pony hängt, rosa natürlich. Das ist nur eine von Hunderten Lolitas, die Elasti-Mama und Mister Wonder in den ersten 24 Stunden in Tokio begegnen.
    Nach der endlos langen Reise fühlen sie sich wie Zombies. Aber es ist erst ein Uhr mittags, und der Sonntagstreffpunkt der Jugendlichen erscheint ihnen als geeigneter Ort, um ihre Müdigkeit zu vertreiben.
    Takeshita Dori ist eine schmale, lange Flaniermeile. Dort promenieren kleine Mädchen, die gekleidet sind wie Krankenschwestern, Bäuerinnen, Vampire, Kellnerinnen. Alle tragen bauchfreie Miniröcke und unglaublich hohe Plateauschuhe, essen Crêpes mit Sahne und kichern ununterbrochen.
    Elasti-Mama und Mister Wonder machen Abstecher in verrückte kleine Geschäfte, wo alles Nötige angeboten wird, um sich in die perfekte Lolita zu verwandeln. Elasti-Mama liebäugelt mit einem Krankenschwesterkleidchen mit sexy Blutflecken, aber leider haben hier selbst die dickeren Lolitas höchstens Größe 38. Größere Größen werden gar nicht erst angeboten.
    Sie beschließen, eine Treppe hinaufzuklettern, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, wo sie hinführt. An den Wänden hängen Fotos von jungen Mädchen in aufreizenden Posen. In Italien wäre das mit Sicherheit der Eingang zu einer
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