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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen
Autoren: Reginald Hill
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dann ein Geständnis abgelegt?«
    Diesmal will Cissys übliche Pause nicht enden.
    Blindcrake sagt: »Okay, lassen Sie mich die Frage anders formulieren. Sie haben nicht nur die Tat gestanden, sondern Ihr angebliches Geständnis hat Ralph Mickledore so belastet, daß er deswegen und wegen weiterer belastender Umstände am Galgen landete. War auch er unschuldig?«
    Waggs sagt: »Okay, Sally. Das hätte ich mir denken können. Das war’s, Leute …«
    »Nein! Warten Sie! Ich brauche eine Antwort, Jay. Es war in Ihrer Sendung, Jay, daß die Vermutung ausgesprochen wurde, Miss Kohler sei durch das Ertrinken der kleinen Emily so am Ende gewesen, daß jeder mit ihr machen konnte, was er wollte. Wenn sie unschuldig ist, wer ist dann schuldig? Und ich meine nicht nur des Mordes. Wer hat sie so lange bearbeitet, daß sie schließlich weich wurde?«
    Nun ist Waggs auf den Füßen und zieht Kohler hoch.
    Jacklin beugt sich über die Mikrophone und sagt: »Ich kann nicht zulassen, daß meine Mandantin diese Frage außerhalb des Gerichtssaals beantwortet. Sie liefe Gefahr, sich der Verleumdung schuldig zu machen …«
    »Nichts da, Verleumdung! Tote kann man nicht verleumden!« schrie Blindcrake. »Und kommt nicht Detective Superintendent Walter Tallantire, der damalige Leiter der Kripo von Mid-Yorkshire, am ehesten in Frage?«
    Waggs drängt Kohler von der Bühne. Jede Ordnung, die bis zu diesem Zeitpunkt auf der Pressekonferenz herrschte, löst sich in nichts auf. In ihrem Bemühen, möglichst nahe an Cissy Kohler heranzukommen, rempeln sich Kameraleute und Reporter an. Sie verlassen die Mitte des Saals und schieben sich zwischen Cissy Kohler und den Ausgang. Stimmen schwirren durch die Luft, und die Blitzlichter fallen über Cissy Kohler her wie Schneegestöber.
    »… Wie sieht es mit einer Entschädigung aus? … Kehren Sie in die Vereinigten Staaten zurück? … Prozessieren Sie gegen die Polizei? … Stimmt es, daß Sie Ihre Memoiren geschrieben haben? … Wieviel bezahlt man Ihnen dafür? … Haben Sie von James Westropp gehört? … Was macht sein Sohn Philip jetzt? … Haben Sie das Kind absichtlich ertrinken lassen? … Stimmt es, daß Sie in ein Kloster eintreten wollen? … War Daphne Bush Ihre Geliebte? …«
    Drei Polizisten in Uniform sind erschienen. Sie machen den Weg zur Tür frei. Einer reißt sie weit auf. Eine Kamera filmt einen Augenblick lang einen langen Korridor, in dem mehrere Männer stehen. Dann haben Kohler und Jacklin es geschafft. Waggs dreht sich auf der Schwelle um und hilft der Polizei zu verhindern, daß die beiden weiter verfolgt werden. Jemand schreit: »He, Jay! Wenn der Film gedreht wird, wie wär’s mit Schwarzenegger für dich?«
    Mit einem Grinsen erwiderte Waggs: »Vielen Dank für Ihre Freundlichkeit, meine Damen und Herren. Das war’s. Ende der Vorstellung.«
    Er macht einen Schritt zurück durch die Tür. Ein Polizist zieht sie hinter ihm zu.
    Die Szene wird ausgeblendet. Eine Frau mit toten Augen und einer lebhaften Unterlippe erscheint in Nahaufnahme und sagt: »Wegen der Pressekonferenz verspätet sich der Rest unseres Programms um etwa 40 Minuten. Wir bitten unsere Zuschauer für etwaige Unannehmlichkeiten um Entschuldigung.«

Drei
    »Na, sprich’s nur aus in einfachen Worten – du hassest diesen Kerl.«
    D etective Superintendent Dalziel der Kripo von Mid-Yorkshire bediente die Abstelltaste der Fernbedienung, als habe er vor, sie durch sein Knie zu drücken.
    »Scheißkerle!« sagte er. »Alte Hexe!«
    »Die arme Frau«, sagte Maudie Tallantire.
    »Gar nichts arm. Sie war bis über beide Ohren schuldig«, sagte Dalziel. »Drei Menschen sind ihretwegen tot. Ich hätte den Schlüssel zu ihrer Zelle weggeworfen! Heb dein Mitleid für dich selbst auf, Maudie. Hast du mitgekriegt, was die Ziege von der Zeitung über Wally gesagt hat?«
    »Wally ist nun schon fast 20 Jahre tot«, sagte Maudie Tallantire, als würde sie einem zurückgebliebenen Kind etwas erklären. »Ihm kann keiner mehr an den Karren fahren, und wer wird einer alten Frau wie mir etwas tun wollen? Ja, ich weiß, die Zeiten haben sich geändert, und ich denke, wir Alten hatten es noch am besten, trotz Krieg und allem. Damals wußte man, wo’s langging, und auch noch in den Jahren danach. An irgendeinem Punkt ist alles schiefgelaufen, Andy. Doch die menschliche Natur ändert sich nicht. Im Herzen sind die Menschen noch immer so gut, wie sie waren. Sie sind eher nett zu einem als böse. Sieh doch nur
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