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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen
Autoren: Ursula Sternberg
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wurden wir doch schließlich alle!
    »Du warst immer schon so verdammt selbstsicher«, platzte es aus Ines heraus. »Erwachsenwerden war für dich gar nicht schwer.«
    »Mensch Ines, das ist absoluter Blödsinn«, ereiferte ich mich. »Ich hatte genauso damit zu kämpfen wie jeder von uns. Mit dem Erwachsenwerden, meine ich.«
    »Mir kam es nicht so vor«, sagte Ines kläglich. »Auf jeden Fall wollte er einfach nur noch Kurt genannt werden, das ist alles.«
    »Wer war denn die junge Blonde auf der Beerdigung?« Die, die von Volker so intensiv betüddelt wurde … Das konnte ich mir gerade noch verkneifen. Gott sei Dank!
    »Das war Kurts Tochter.«
    Aha. Eine Tochter also.
    »Und woher kennt Volker sie, wenn er doch auch nichts mehr mit Kurti zu tun hatte?«
    »Das habe ich nicht gesagt.« Ines lächelte mich an. »Ich habe nur gesagt, dass Volker auch nicht zu unseren Treffen kam. Mit Kurt hatte er noch guten Kontakt, zumindest, als er noch in Duisburg wohnte. Soweit ich weiß, ist Volker erst vor acht Jahren oder so nach Hamburg gezogen. Ich glaube, er lebt dort mit seiner Freundin zusammen.«
    »Wo es eine Tochter gibt, muss es auch eine Frau geben«, kam ich auf Kurts familiäre Verhältnisse zurück. Gleichzeitig war mir klar, dass das nicht unbedingt stimmen musste, sondern ein Trugschluss sein konnte und vermutlich auch war. Schließlich wurde jede zweite Ehe in Deutschland geschieden. Oder war es jede vierte? Auf jeden Fall beklagte die Kirche einen mangelnden Zusammenhalt dieser heiligen Institution. Dem Staat war es egal, solange der eine für den anderen aufkam, auch nach der Ehe.
    »Die lebt schon lange in England«, stellte Ines nun auch prompt richtig. »Ist vier Jahre nach der Geburt der Tochter einfach abgehauen.«
    Also doch nicht richtig geliebt, der Kurti? So richtig richtig? Armer Kerl. Bei diesem Gedanken fiel mir die Schluchzende wieder ein.
    »Und wer war dann diese Frau auf der Beerdingung? Die mit dem Bogart-Hut und der Sonnenbrille? Sie schien ernsthaft betroffen zu sein, so, wie sie geweint hat.«
    »Die habe ich noch nie gesehen. Das heißt aber nichts. Wie schon gesagt, so richtig engen Kontakt hatte ich nicht mit Kurt. Nur zwei, drei Treffen im Jahr. Obwohl – eigentlich hat er dann immer alles brühwarm erzählt. Also seine Frauengeschichten und so …«
    »Und da war nichts in letzter Zeit?«, bohrte ich nach.
    »Nicht, dass ich wüsste. Eine Zeit lang war er in eine Kollegin verliebt, so eine Brünette. Typ Anne Will. Ein weiterer unerreichbarer Stern an seinem Frauenhimmel. Landen konnte er nicht bei ihr. Sie war sowieso viel zu jung für ihn.«
    »Das ist eindeutig dein Urteil.« Ich grinste anzüglich. »Kurt fand das sicher nicht.«
    »Männer halt.« Ines verdrehte vielsagend die Augen und seufzte. »Je jünger, desto besser. Und je oller, je doller.« Das klang giftig.
    Ich mochte mir nicht ihre Leidensgeschichte in Sachen Männer anhören. Streng genommen wollte ich mir gar keine Leidensgeschichte von ihr anhören, egal, ob mit oder ohne Mann.
    »Und du bist jetzt also Accountmanagerin«, wechselte ich schnell das Thema. »Ist doch toll, da kommst du bestimmt viel herum.« Dass das für mich absolut nichts wäre, sagte ich lieber nicht. Ich wollte abends nach Hause kommen und nicht dauernd berufsmäßig durch die Weltgeschichte tingeln müssen.
    »Ja, ich bin wirklich viel auf Achse«, sagte sie mit leisem Stolz in der Stimme. Dann seufzte sie. »Manchmal ist es mir allerdings ein bisschen zu viel. Aber ich will mich nicht beklagen. Ich verdiene ganz gut dabei. Und du?«
    »Immer noch in der IT-Branche«, sagte ich knapp. Ich hatte keine Lust, über meinen Job zu reden. Also sah ich auf die Uhr. »So spät schon? Du, ich muss jetzt mal.« Ich winkte dem Kellner zu. »War wirklich nett, dich mal wieder zu sehen.«
    Sie wirkte enttäuscht.
    »Kannst mich ja mal anrufen, wenn was ist. Oder wenn ihr euch mal wieder trefft.« Ich kritzelte meine Telefonnummer auf einen Bierdeckel.
    * * *
    Es wunderte mich nicht, dass ich ihn plötzlich an der Strippe hatte. Nicht richtig jedenfalls. Irgendwie hatte ich sogar damit gerechnet, so, wie man mit etwas Unausweichlichem rechnet.
    »Woher hast du meine Nummer?«, fragte ich trotzdem schroff.
    »Nun reg dich nicht gleich auf. Ines hat sie mir gegeben«, antwortete Volker lakonisch.
    »Und was willst du?«
    »Ich hab so einiges über dich gelesen in den letzten drei Jahren«, sagte er. »Toni Blauvogel mit der guten
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