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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen
Autoren: Ursula Sternberg
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vor?«
    »Ich dachte an eine kleine Spritztour zu zweit.«
    »Wohin?«, fragte ich irritiert.
    »Na, zum Innenhafen natürlich.«
    Zwanzig Minuten später schlenderten wir durch die Speichergracht.
    »Hier hat sich aber verdammt viel getan.« Neugierig sah Volker sich um. »Sieht nach Schöner Wohnen aus.«
    »Schöner Wohnen, das ist gut.« Ich grinste anerkennend. Denn seine Bemerkung traf es auf den Punkt. Mit einer entsprechenden Kamera hätte man hier gut Fotos für die gleichnamige Zeitschrift machen können.
    »Irgendwo in der Nähe muss doch auch unser autonomes Jugendzentrum gewesen sein.« Er sah sich suchend um. »Wie hieß das noch gleich?«
    »Das Eschhaus. Ich glaube, das war weiter in Richtung Schwanentor. Aber das gibt’s schon lange nicht mehr. Zumindest musste es irgendwann mal umziehen, glaube ich. Und außerdem war da ja wohl mehr die Off-Szene angesagt, nicht Schickimicki.«
    »Eschhaus, richtig. Mensch, das waren noch Zeiten.« Er lächelte mich an, leichte Wehmut im Blick. »War schön damals.«
    »Jaja. Unsere wilden Jahre«, sagte ich spöttisch. Trotzdem wurde mir heiß unter seinem Blick. »Wie sah das hier eigentlich früher aus?«, lenkte ich schnell ab.
    »Keine Ahnung. Aber so auf jeden Fall nicht. Weder Gracht mit Seerosen, Goldfischen und Holzbrücken noch diese Edelschuppen hier.«
    Ich ließ meinen Blick über die Häuserfronten schweifen. Die Gebäude waren parallel zur Gracht gebaut. Viel Glas, viel Stahl, etwas Holz, große Balkone, sachlich schick irgendwie. Kein Auto weit und breit. Vermutlich Tiefgaragen. »Muss schön ruhig sein«, sagte ich schließlich. »Keine schlechte Wohngegend auf jeden Fall. Et voilà«, mit der Hand beschrieb ich einen Halbkreis, als wir das Ende der Gracht erreichten, »der Innenhafen.«
    »Ja, ich weiß. Ich war nach der Beerdigung schon hier. Nur bin ich da vom Schwanentor gekommen.«
    »Warum wolltest du denn noch mal herkommen, wenn du das alles schon kennst?«, fragte ich etwas grantig.
    »Das war ganz kurz, nur ein erster Eindruck«, sagte er. »Ich musste dringend wieder nach Hamburg. Ein wichtiger Termin. Bin vorhin erst zurückgekommen.«
    »Und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt tun?«
    »Lass uns einmal ganz rumgehen. Vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei. Was könnte Kurt gemeint haben mit seiner Sauerei am Innenhafen?«
    »Wenn ich das wüsste, wären wir nicht hier.«
    »Komm, wir spinnen einfach drauflos. Sag mir, was du siehst, was dir auffällt, was dir einfällt …«
    »Hm«, knurrte ich. »Also eine Art Brainstorming. Warum nicht.« Ich setzte mich in Bewegung. »Legoland. Ein Museum für Groß und Klein.«
    »Warst du schon mal drin?«
    »Nein. Mir fehlt das passende Kleine dafür«, sagte ich spöttisch. »So allein fehlt mir als Große die notwendige Begeisterung.«
    »Nichts für Junggebliebene?«, neckte Volker mich.
    »Ganz so jung nun auch nicht.«
    Wir schlenderten weiter.
    »Küppersmühle, historisch, mit Kran. Jetzt Museum, glaube ich.«
    Volker sah zu dem roten Backsteingebäude aus der Jahrhundertwende hoch. »Komisch. Eine Mühle hatte ich mir immer anders vorgestellt«, nörgelte er.
    »Das ist ja auch der zugehörige Kornspeicher, glaube ich wenigstens. Auf jeden Fall heißt das Ding so. Und das Gebäude direkt neben dem Legoland heißt ebenfalls Mühle. So isses nun mal«, nuschelte ich in typischer Ruhrgebietsmanier.
    »Ich mein ja nur … Komm, mach weiter.«
    »Neubauten gegenüber. Keine Ahnung, was das für Gebäude sind. Unten sind Restaurants drin, oder Cafés. Oder beides. Das Ding hier vorne scheint noch nicht bezogen zu sein. Komisches Teil, sieht aus wie eine Schlange oder ein Drache. Einer aus Glas. Nur, dass der Kopf ein Turm ist.«
    »Stimmt«, sagte Volker. »Etwas unproportioniert irgendwie.«
    »Wirkt alles ziemlich grau und trist in diesem trüben Märzlicht, wenig imposant«, assoziierte ich weiter. »Vor allem, weil sich in unmittelbarer Nähe noch diese Einöde befindet.« Ich wies auf eine brachliegende Fläche am Ende des Hafenbeckens, die sich bis unter die auf uncharmante Betonstelzen hochgelegte A 52 zog. Sie wurde offenbar als Parkplatz genutzt, denn ein paar Autos standen unter der Autobahn. Nieselregen setzte ein.
    »Willst du etwa noch auf die andere Seite?«, fragte ich misstrauisch.
    »Ja klar. Deswegen sind wir doch hier, oder?« Volker zog einen Knirps aus der Innentasche seiner Jacke und klappte ihn auf. »Komm, hak dich bei mir ein, dann wirst du nicht so
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