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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen
Autoren: Ursula Sternberg
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und liebäugelte mit dem Gedanken, einen Teich in dem kleinen Hinterhof-Garten anzulegen, passend zur Weide, die dort stand. Dann ging ich noch mal zurück und packte Schmetterlingsflieder, Rosmarin und Lavendel zu den übrigen Pflanzen.
    Bei den Gartenmöbeln blieb ich erneut stehen. Ich dachte an den hässlichen weißen Plastiktisch, den ich von meiner Vormieterin übernommen hatte. Vier einfache Klappstühle aus Holz hatte ich mir bereits vor einem Jahr gekauft. Aber sie waren unbequem, wenn man länger darauf saß, und taugten zwar zum Essen am Tisch, nicht aber zum gemütlichen Herumlungern im Garten. Also wanderte ich zwischen Bänken, Stühlen, Liegen und Tischen aus Massivholz herum, befühlte passende, farbenfrohe Auflagen und verglich die Bequemlichkeit. Als ich mich auf einer Liege ausstreckte und Beine und Einkaufswagen an mir vorbeiziehen sah, hatte ich plötzlich Loriot und seinen Bettenkauf-Sketch im Kopf. Grinsend schloss ich die Augen, wippte probeweise auf der Liege herum und ließ die Szene genüsslich Revue passieren.
    Ich entschied mich für eine wellenförmig geschwungene Teakholzliege, wie man sie auch in einer guten Sauna finden kann. Eine leicht bogenförmige Gartenbank hatte es mir ebenfalls angetan. Sie war lang genug, um sich darauf auszustrecken, und die abgerundeten Ecken passten sich ganz wunderbar dem Rücken an. Auch ein Tisch, den man mit mehreren Anbauelementen von klein auf groß umbauen konnte, lachte mich an. Der hässliche, große Plastikfuß für den Sonnenschirm tauchte vor meinem inneren Auge auf, ebenfalls ein Relikt meiner Vormieterin. Man musste ihn mit Wasser befüllen, und wenn man das nicht regelmäßig tat, flog einem der Schirm um die Ohren und trieb das Trumm lautstark über die Terrasse. Viel schöner waren doch diese riesigen Stoffschirme mit dem geschwungenen, stabilen Holzarm und einem massiven Granitfuß. Gelb? Oder orangerot? Ich entschied mich für den leuchtend roten. Auf den Preis achtete ich schon gar nicht mehr.
    Den Markt verließ ich schließlich voll bepackt und mit einer stattlichen Rechnung von weit mehr als einem Monatseinkommen in der Hand, bei der ich vor einem Jahr noch dankend abgewinkt hätte. Jetzt war es mir egal. Ich hatte die Probezeit überstanden und wieder ein regelmäßiges Einkommen, zwar nicht mehr ganz so üppig wie früher, dafür jedoch war meine jetzige Wohnung Tür an Tür mit Max preiswerter als mein ehemaliges Domizil am Isenbergplatz. Auch Max’ Selbstständigkeit trug mittlerweile erstaunlich gute Früchte und stabilisierte in den letzten Monaten unsere bis dahin eher bescheidene finanzielle Situation. Geldsorgen hatte ich also keine. Aber ich hatte Frust.
    Ich machte einen Liefertermin für die kommende Woche aus und freute mich darauf, mit einem bepelzten Hausfreund zur Linken und einem zur Rechten auf meiner neuen Bank zu sitzen, während Max es sich auf der wellenförmigen Saunaliege gemütlich machte. Falls er denn Zeit dazu finden würde.
    Es dämmerte bereits, als ich endlich nach Hause kam. Die Pflanzaktion verschob ich auf den kommenden Tag, wärmte mir die Reste des Spitzkohls auf und machte es mir mit einem Glas Rioja, ein paar mundgerechten Stückchen alten Goudas und dem Psychothriller auf meinem roten Sofa bequem.
    Aber Kurti geisterte nach wie vor durch meine Gedanken und gab einfach keine Ruhe. Als sich dann auch noch ein novemberregenverhangener Blick in die spannende Geschichte einmischte, gab ich es auf.
    * * *
    Schließlich rief ich doch an. »Hallo, Ines, ich habe gerade in Duisburg zu tun und …«
    »Sollen wir uns treffen?«, fragte sie schnell. Begierig fast.
    Ich war froh, dass sie es war, die fragte. Denn ich hätte nicht so recht gewusst, wie ich es ihr hätte vorschlagen sollen. Diese merkwürdige Beklemmung, die mich mit der Erinnerung an die letzten Jahre meiner Schulzeit befallen hatte, war schon seltsam. »Gern, wenn du Zeit hast«, antwortete ich langsam.
    Wir trafen uns am späten Nachmittag am Duisburger Innenhafen in einem der neuen, schicken In-Läden. Ines hatte einen Platz direkt hinter der gläsernen Fensterfront ergattert.
    »Hat sich ganz schön verändert hier«, stellte ich fest. Nicht, weil mir die Entwicklung neu war – schließlich arbeitete ich seit einem Dreivierteljahr nur einen knappen Kilometer von der Gastronomie-Meile am Innenhafen entfernt in dem neuen Gebäude der LZPD – sondern eher, um überhaupt etwas zu sagen.
    »Ja, nicht war?«, sagte Ines stolz. Sie hatte
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