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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Knipser.« Der Mann stellte das Stativ mit der Kamera an die von Gabi gewünschte Stelle.
    »Ach, hallo, Walde, komm’ ruhig näher, die Spurensicherung ist hier schon fertig«, empfing Gabi ihren Kollegen.
    Walde ging im Bogen um den Körper herum, drückte dem Gerichtspathologen Dr. Hoffmann die wie erwartet eiskalte Hand und nickte seinem Kollegen mit der Kamera zu.
    »Was ist das?« Walde deutete auf die Flüssigkeit, die sich unter der Toten angesammelt hatte und an den Rändern bereits eingetrocknet war.
    »Ich hab’s noch nicht probiert, tippe mal auf Urin.« Walter Hoffmann nahm eine Banane aus seinem Parka und begann sie sorgfältig zu schälen.
    Auf der Spüle stand benutztes Geschirr: Besteck, zwei Teller und zwei Weingläser. Walde strich mit der Hand über die kühle, schwarz glänzende Oberfläche der Arbeitsplatte und das Holz der Schränke.
    »Kirschbaum«, bemerkte Gabi, »schwarzer Marmor, Küche von Boffi. Der Rest der Wohnung ist auch nicht übel. Vier Zimmer, 100 Quadratmeter. Ganz beachtlich für eine Studentenbude.«
    »Ich bin soweit.« Der Fotograf schraubte die Kamera vom Stativ.
    »Okay, dann können wir.« Gabi zog die Hosenbeine ihres Papieroveralls hoch und hockte sich in Höhe der Schultern neben die Tote. Ihre sehnigen Waden spannten sich über den hochhackigen Pumps. Hoffmann ging in Hüfthöhe des Opfers in die Knie, wobei er seinen rechten Schuh in den Urin stellte. Ungerührt biss er noch einmal ab, schob die halb gegessene Banane in die linke Hand und packte mit der rechten zu.
    »Ich zähle bis drei, Gabi. Eins, zwo, drrrei.« Hoffmann und Gabi rollten den Körper auf den Rücken. Keines der Glieder veränderte seine Position. Der vorher nicht zu sehende Arm und das angewinkelte Bein blieben in ihrer Position, als sei die Frau in einer ungewöhnlichen Gymnastik erstarrt.
    »Keine sechzig Kilo«, Hoffmann betrachtete den Körper und schob sich den Rest der Banane in den Mund. Dann verharrte er einen Moment unschlüssig mit der Schale in der Hand und steckte sie in die Jackentasche. Aus einer weiteren Tasche beförderte er Handschuhe und ein Diktiergerät.
    »Könnte ich mehr Licht auf diese Seite haben?«, sagte er zu dem Fotografen, streifte sich die Handschuhe über und sprach in das Gerät.
    »20. November, 15 Uhr 20, Auffindungsort, Harras …« Er schaltete das Gerät ab und fragte: »Wie war der Vorname?«
    »Hanna.«
    »Hanna Harras …«, fuhr der Pathologe fort.
    »22 Jahre«, ergänzte Gabi.
    »22 Jahre«, wiederholte Hoffmann in das Diktiergerät. Er hielt sich schützend eine Hand über die Augen, als der Fotograf die Lampen neu ausrichtete. »Rektaltemperatur folgt.« Hoffmann stand auf, ging um die Tote herum und kniete sich auf den trockenen Fußboden auf der anderen Seite. Er packte das Kinn, der ganze Kopf folgte dem Zug seiner Hand. Er berührte die Finger und dann den Ellenbogen.
    »Leichenstarre in vollständiger Ausbildung«, fuhr er fort. Er schob das T-Shirt hoch und drückte auf einen kirschroten Fleck zwischen den Brüsten. »Totenflecke voll ausgebildet, noch wegdrückbar.«
    Hoffmann betastete den Arm: »Verdacht auf komplette Fraktur des linken Unterarms, Hämatome und Stranguliermale an den Handgelenken. Hämatome im Bereich der unteren Wirbelsäule; Schnittwunde unter der Fingerbeere D5 links.« Er tastete den Oberkörper bis zum Kopf ab: »Verdacht auf Rippenserienfraktur im Bereich des oberen Rippenbogens; Hämatome und Stranguliermale im zentralen Halsbereich; Prellmarke an der rechten Schläfe.« Dann befühlte er den Nacken, schloss die Augen und wiederholte die Untersuchung: »Verdacht auf Fraktur Halswirbelkörper fünf bis sieben.« Er schaltete das Gerät ab und steckte es in seine Jackentasche.
    Dr. Hoffmann erhob sich umständlich und bog mit schmerzverzerrtem Gesicht den Rücken ins Hohlkreuz, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Woran ist sie gestorben?«, fragte Gabi.
    »Möglicherweise an den gebrochenen Halswirbeln, weiteres wird die Obduktion bringen. Der Todeszeitpunkt liegt etwa 15 Stunden und mehr zurück, das kann ich dir sagen, wenn die genaue Rektaltemperatur vorliegt. Todesursache …«, Hoffmann schmunzelte, »da ist die Kripo gefragt. That’s your turn.«
    »Schöne Scheiße«, murmelte Gabi.
    »Apropos schön, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, das Mädchen muss gestern noch sehr gut ausgesehen haben. Ich hab’ da einen Blick für, egal, wie sie jetzt zugerichtet ist.«
    Der Fotograf schoss weitere Fotos,
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